Fundsache, Nr. 891 Das Parfüm der Königin von Saba
02.09.2010, 15:48 UhrDie Königin von Saba schenkte es König Salomon, Kleopatra trug es selbst und Herodes finanzierte seine Bauten in Judäa damit: Die Rede ist von dem biblischen Parfüm "Afarsemon". Israelische Forscher wollen nun die Pflanze gefunden haben, aus der es gemacht wurde. Und siehe da: Mit heutigen Billig-Parfüms kann es nicht mithalten.
Israelische Forscher haben eines der bestgehüteten Geheimnisse aus biblischer Zeit gelüfetet. Sie züchteten jene Pflanze, aus der das biblische Parfum "Afarsemon" hergestellt wurde. Das Ergebnis ihrer Forschungen präsentierten Zohar Amar und David Iluz von der Bar Ilan Universität bei einem Archäologenkongress in Jerusalem.
Laut Bibel brachte die Königin von Saba die Pflanze dem König Salomon mit. Das daraus gewonnene Parfum betörte auch die ägyptische Pharaonin Kleopatra und wurde in winzigen Mengen nur nahe dem Toten Meer in Jericho und in Ein Geddi am Toten Meer produziert. Die Zucht wurde vom Königshaus in Jerusalem kontrolliert, also von König Herodes, einem der größten Bauherrn des Heiligen Landes, das damals noch Judäa hieß und erst über hundert Jahre später vom römischen Kaiser Hadrian in "Palästina" umbenannt wurde.
Nur wenige kannten das Geheimnis, die Wildpflanze Commiphora gileadensis künstlich anzubauen und aus ihren Zweigen winzige Mengen eines duftenden Harzes zu gewinnen. Deshalb wurde es zu märchenhaften Preisen in der ganzen römischen Welt verkauft und galt als größte Einnahmequelle des Königs Herodes. Der finanzierte damit den Neubau des Tempels in Jerusalem, die Errichtung vieler Paläste in Massada und anderswo sowie den Bau des größten Hafens im römischen Reich in Caesarea.
Professor Amar erzählt auf Anfrage, dass Afarsemon dutzende Male in der Bibel, im Talmud sowie in griechischen wie römischen Schriften erwähnt und beschrieben wurde, darunter bei Plinius dem Älteren und Josefus Flavius. Amar gelang es, in arabischen und anderen Schriften Beschreibungen der Pflanze bis ins 18. Jahrhundert zu verfolgen. So konnte er sie als wildes Kraut identifizieren, das bis heute im "Land der Königin von Saba" wächst, also in Ostafrika, Jemen und Saudi-Arabien. Weil Israelis dort keinen Zugang haben, hätten deutsche und andere Freunde ein paar Samen und Zweige aus jenen Ländern mitgebracht und nach Israel geschmuggelt. Dort bauten Amar und Iluz auf alten Terrassen im botanischen Garten von Ein Geddi das mutmaßliche Afarsemon an. "Wir waren erstaunt, dass die Pflanze in Ein Geddi sofort wucherte, als wäre sie heimgekommen." Amar ist sich sicher, in Commiphora gileadensis, auch Opobalsemon und Kataf genannt, dem biblischen Afarsemon auf die Spur gekommen zu sein.
"Geruch ist eine Frage des Geschmacks"
Die Afarsemon-Industrie hatte im Altertum derart große wirtschaftliche Bedeutung, dass in Rom, beim Siegeszug nach der Zerstörung Jerusalems und des Tempels nicht nur – wie auf dem Titusbogen dargestellt – die Tempelgeräte, darunter der siebenarmige Leuchter, durch die Straßen getragen wurden, sondern auch einige Zweige der Afarsemon-Pflanze. Die Römer demonstrierten so, die Juden auch wirtschaftlich besiegt zu haben. Doch ihre Freude währte nicht lange. Jüdische Kämpfer rissen während des Bar-Kochba-Aufstandes um das Jahr 130 alle Afarsemon-Pflanzen aus und rückten das Geheimnis der Parfumherstellung nicht heraus.
"Wir stießen auf erhebliche technische Probleme, aus den Zweigen das Harz zu gewinnen. Es verflüchtigt sich sofort. Das macht es sehr schwer, das Harz in ausreichenden Mengen zu sammeln und mit Öl zu vermischen, um es als Parfum benutzen zu können." Am Ende ist den Forschern das Kunststück doch gelungen. Riecht es wirklich so herrlich, wie in der Bibel berichtet? "Geruch ist eine Frage des Geschmacks und der Kultur", erwidert Amar und rümpft ein wenig die Nase. "Es kann nicht mit Chanel und den heutigen chemisch hergestellten Billig-Parfums konkurrieren. Aber auch die bekannten biblischen Gerüche von Mor und Levona entsprechen nicht mehr unseren heutigen Vorstellungen von Wohlgeruch." Amar hofft, dass sich moderne Parfumhersteller und die pharmazeutische Industrie jetzt der biblischen Parfumpflanze annehmen. Denn das Harz wurde nicht nur hergestellt, um Kleopatra zu erfreuen. Es wurde dem Weihrauch im Tempel beigemischt und als Wundermedizin zur Bekämpfung aggressiver Bakterien verwendet. "Afarsemon hat nicht nur eine lange Geschichte, sondern auch eine Zukunft", schwärmt Amar.
Quelle: ntv.de