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Dem Erreger auf der Spur Forscher lösen Rätsel der Pest

Sie brachte im Mittelalter millionenfach den Tod: Die Pest. Mainzer Anthropologen ist es jetzt gelungen, aus Skeletten zwei bislang unbekannte Varianten des Erregers zu isolieren. Damit wird deutlich, welchen Weg der Schwarze Tod vermutlich genommen hat.

Der "Sensenmann" ist eine aus dem Mittelalter stammende personifizierte Allegorie des Todes.

Der "Sensenmann" ist eine aus dem Mittelalter stammende personifizierte Allegorie des Todes.

(Foto: picture alliance / dpa)

Anthropologen der Mainzer Universität sind dem Erreger der großen mittelalterlichen Pestepidemie in Europa genauer auf die Spur gekommen. Nach jüngsten Forschungsergebnissen haben auch zwei bisher unbekannte Varianten des Bakteriums Yersinia pestis Millionen von Menschen den Schwarzen Tod gebracht, wie das Institut für Anthropologie der Johannes Gutenberg-Universität mitteilte. Der Ursprung der Epidemie sei bisher rätselhaft gewesen, es sei immer wieder über andere Erreger als mögliche Ursache spekuliert worden, teilte die Anthropologin Barbara Bramanti mit. Sie hatte mit ihrem internationalen Team die Erbsubstanz und Proteine an Pestskeletten untersucht.

Demnach ist Yersinia pestis eindeutig für den Schwarzen Tod im 14. Jahrhundert und die Epidemien in den folgenden 400 Jahren auf dem europäischen Kontinent verantwortlich. Die Proben stammten von 76 menschlichen Skeletten aus mutmaßlichen Pestgruben in England, Frankreich, Deutschland, Italien und den Niederlanden. "Unsere Befunde lassen vermuten, dass die Pest über mindestens zwei Kanäle nach Europa eingeschleppt wurde und dann jeweils eine individuelle Route genommen hat", erklärte Bramanti. Die Arbeiten wurden in dem Wissenschaftsjournal "PLoS Pathogens" veröffentlicht.

Rekonstruktion der Infektionsroute

Die beiden neuen Varianten des Bakteriums unterscheiden sich von modernen Erregern in Afrika, Amerika, dem Nahen Osten und dem Gebiet der früheren Sowjetunion, wie Bramanti mitteilte. Eine dieser beiden Formen, die vermutlich wesentlich zu dem katastrophalen Verlauf der Seuche im 14. Jahrhundert beigetragen haben, sei mit großer Wahrscheinlichkeit ausgestorben. Die andere habe vermutlich Ähnlichkeiten mit Formen, die vor kurzem in Asien isoliert wurden.

Nach einer Rekonstruktion der Anthropologen hat sich die Seuche im November 1347 aus Asien nach Marseille über Westfrankreich nach England ausgebreitet. Weil in Gräbern im niederländischen Bergen op Zoom ein anderer Typ von Yersinia pestis gefunden wurde, gehen die Wissenschaftlerinnen davon aus, dass es noch eine andere Infektionsroute gab, die aus Norwegen kam.

Bei der ersten und größten Pestpandemie im Mittelalter kamen etwa 25 Millionen Menschen um. Weitere schwere Epidemien gab es 1665/66 in London und 1678/79 in Wien. Die letzte Pandemie begann 1896 in Asien und kostete während der folgenden 50 Jahre weltweit rund 12 Millionen Menschenleben.

Quelle: ntv.de, dpa

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