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Körpereigene Abwehrmechanismen Protein kontrolliert HI-Virus

Modell des HI-Virus, das die Immunschwäche Aids auslöst.

Modell des HI-Virus, das die Immunschwäche Aids auslöst.

Es gibt HIV-Infizierte, bei denen die Krankheit niemals ausbricht. Ihr Immunsystem kann sich besser gegen den aggressiven Virus wehren. Der Grund dafür ist eine größere Menge eines bestimmten Proteins. P21 gilt außerdem als sogenannter Tumor-Unterdrücker. Forscher versuchen nun zu klären, wie auch andere HIV-Patienten von diesem Effekt profitieren könnten.

Etwa einer von 300 mit HIV infizierten Patienten steht unter dem besonderen Schutz seines Immunsystems. Dem Körper dieser sogenannten "elite controller" gelingt es, die Zahl der Viren im Blut so niedrig zu halten, dass sich die Erreger der Immunschwäche Aids kaum nachweisen lassen. Solche Fälle sind seit langem ein Hoffnungsschimmer, bergen sie doch Hinweise darauf, wie sich das Virus eines Tages vielleicht besser in Schach halten lässt. Nun zeigt sich, dass diese besonderen Menschen in ihren Immunzellen einen sehr hohen Gehalt eines Proteins namens p21 haben. Dieses ist bislang vor allem durch seine Rolle in der körpereigenen Krebskontrolle bekannt.

Wie viele andere Erreger wird auch das Humane Immunschwächevirus (HIV) vom Immunsystem erkannt. Einige seiner Zellen verschlingen das Virus, zerlegen es in kleine Bruchstücke und präsentieren diese Trümmer schließlich auf ihrer Oberfläche. Das ist das Signal für weitere Immunzellen, "Bekanntschaft" mit den Viren-Bruchstücken zu machen. Nach diesem Training spüren solche Immunzellen weitere infizierte Zellen auf, um sie zu attackieren.

Mutation verhindert Erkennung

Selbst im Blut der sogenannten "elite controller" sind kaum HI-Viren nachzuweisen.

Selbst im Blut der sogenannten "elite controller" sind kaum HI-Viren nachzuweisen.

(Foto: dpa)

Bei HIV läuft der Mechanismus aber meist ins Leere. Das Virus mutiert so rasch, dass der Erkennungsmechanismus die immer neuen Varianten nicht schnell genug verarbeitet. Dann können sich die Viren ausbreiten und menschliche Zellen vom Typ CD4 zerstören, die eine wichtige Koordinationsstelle fürs Immunsystem sind. Der Körper hat anderen Infektionen in der Folge nur noch wenig entgegenzusetzen – das Krankheitsbild Aids bricht aus.

Bei der kleinen Gruppe der "elite controller" ist das anders. Ihre Immunzellen werden von HIV weniger attackiert, sie haben weniger Viren im Blut, bei ihnen kommt Aids nicht zum Ausbruch und sie stecken andere Menschen nicht so leicht an.

Mehr p21-Proteine schützen

Ein Team um Mathias Lichterfeld vom Massachusetts General Hospital in Boston berichtet nun im "Journal of Clinical Investigation", dass die Patienten dieser kleinen Gruppe der "elite controller" 10 bis 20 Mal mehr p21 in ihren CD4-Zellen haben. Zudem fanden sich mehr genetische Bauanleitungen (mRNA) für dieses Protein. In einem anschließenden Zellkultur-Experiment schalteten die Forscher p21 aus. Die Folge: HIV vermehrte sich in den CD4-Zellen weitaus besser als zuvor. p21 bremst also die Vermehrung von HIV.

HIV-Infizierte müssen täglich ein breites Spektrum an Arzneimitteln einnehmen.

HIV-Infizierte müssen täglich ein breites Spektrum an Arzneimitteln einnehmen.

(Foto: REUTERS)

"Wir haben herausgefunden, dass p21 mindestens zwei Stadien des Vermehrungszyklus von HIV in den CD4-Zellen beeinflusst", erklärte Lichterfeld. Einerseits bremst p21 einen Vorgang, bei dem die Erbinformation von HIV von ihrer viralen Form in die menschliche umgesetzt wird. Diese sogenannte reverse Transkription findet in einem sehr frühen Stadium der HIV-Infektion statt. Zudem drosselt p21 die Produktion neuer Erbgut-Abschnitte, die als Bauanleitung für weitere Viren dienen.

Ursachensuche für vermehrte Proteinproduktion

Die nächste Herausforderung sei es zu erkennen, warum p21 in der Gruppe der "elite controller" so stark produziert werde, ergänzte Lichterfeld. Wenn dies gelinge, könnte die Produktion vielleicht auch in anderen Patientengruppen verstärkt werden. p21 ist ein sogenannter Tumor-Unterdrücker ("Suppressor"). Das Protein ist an der Kontrolle der Zellteilung beteiligt.

Erst im vergangenen November hatten Forscher des Teams im Journal "Science" berichtet, dass sich die "elite controller" noch auf andere Weise von den übrigen Infizierten unterscheiden. Das Team fand fünf schützende Veränderungen im Genom. Diese tragen dazu bei, die HIV-Brüchstücke effektiver, länger oder deutlicher zu präsentieren. Viele Forscher gehen davon aus, dass sich HIV am ehesten bekämpfen lässt, indem das Immunsystem gestärkt wird, damit der Körper den Erreger besser erkennt.

Quelle: ntv.de, dpa

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