Leben

Aus der Schmoll-Ecke "Armin der Außerirdische" will auf Tournee

Ein Träumerle mit unstillbarer Sehnsucht nach Jamaika: Armin Laschet.

Ein Träumerle mit unstillbarer Sehnsucht nach Jamaika: Armin Laschet.

(Foto: AP)

Im Mikrokosmos Berlin werden gerade neue Bands gegründet. Ein Fremdling möchte mitspielen. Aber er darf nicht. Obwohl er offenbar überirdische Kräfte hat und Dinge sieht, die anderen verborgen bleiben. Und Schlüsse zieht, die sich sonst niemand traut. Denn er lebt in einem Paralleluniversum.

Vorhang auf, das Spiel beginnt. Wir müssen endlich aufwachen. Handeln. Etwas tun. Bevor es zu spät ist. Denn es ist fünf vor zwölf. Fast Mitternacht. Aber ich gehe jetzt erst einmal schlafen. Jede Nacht trete ich in den Hungerstreik fürs Klima. Gegen die Erderwärmung. Ich hungere für die Abschaffung aller SUVs in Tübingen. Ich hungere gegen heutige und künftige Verbote. Ich hungere für den Weltfrieden. Ich hungere wegen meines Gewichts. Ich hungere gegen den Hunger. Ja, so bin ich. Ein wahrer Sehr-Gutmensch. Was Zynismus nicht ausschließt. Böses schafft Gutes.

Wache ich früh auf, beende ich den Hungerstreik, natürlich ohne Erfolg gehabt zu haben. Das Klima ist noch da, der Hunger, mein Bauch, die Verbote und die SUVs in Tübingen - alles existiert weiter, als würde es mich und meinen Protest nicht geben. Was fehlt sind die Ampel und der Weltfrieden. Dafür gibt es ein Gruppenbild mit Dame. Es sind "Die Galaktischen Vier", eine neu gegründete Band, die ein grün-gelb Band unter roter Beteiligung knüpfen will, um im Mikrokosmos Berlin demnächst mächtig aufzuspielen. Das putzmuntere Quartett hat verstanden: Wir müssen aufwachen. Handeln. Etwas tun. Bevor es zu spät ist. Denn es ist fünf vor zwölf. Schon nach Weihnachten soll es auf Tournee gehen.

Man sondert sich ab

"Deutschland, hallo, schlaft ihr noch?!", hatte Robert, ein Mitglied der "Galaktischen Vier", kurz vor der Gründung der Band gesagt und dabei in die Kamera gewunken. Er erklärte, warum er sich auf die Gruppe eingelassen hat, die Fans liebevoll "Gala4" nennen, und das Gruppenbild mit Dame ins Universum postete: "Ist doch eigentlich ne coole Situation", erklärte Robert. Aber vor einer vierjährigen Deutschland-Tournee muss man erst einmal in den Proberaum. Streng geheim und ohne Publikum. Wobei man im Mikrokosmos Berlin nicht probt, sondern sondiert. Das heißt nicht etwa, dass Sonderlinge am Werk sind, sondern: Man sondert sich ab.

Kevin darf nicht mitspielen. Noch nicht. Das hat nichts damit zu tun, dass er einen doofen Vornamen hat. Er gehört zu "Den Anderen", der Band um Saskia, einer lieblichen Gitarrenspielerin, die bekannt ist für Wein, Gesang und gute Laune. Ihr Lachen ist ansteckend. Sie ist noch recht neu im Mikrokosmos Berlin. Kevin muss bisher draußen bleiben, weil er Christian, ein Mitglied der Gala4, einen "Luftikus" genannt hat, was nicht klug ist, weil die Gala4 Saskias besten Freund Olaf zum Manager aller Bands im Mikrokosmos Berlin wählen sollen. Aber Kevin hat inzwischen versichert, dass er niemanden "als Mensch angreifen" wollte, sondern als … keine Ahnung. Kevin denkt nicht vom Ende her, wie mir scheint. Er hat sein Studium abgebrochen.

Der zugereiste Frontmann

Die Union ist eine uralte Band, die nur noch wenige hören wollen. Vor gar nicht so langer Zeit hat sich bei ihr ein Mann aus Nordrhein-Westfalen erfolgreich als Frontmann beworben und sich dadurch Zugang zum Mikrokosmos Berlin verschafft. Er kann virtuos mit einer Blechmarke spielen. Doch leider beherrscht er keine Instrumente. Er hat nur seine Stimme. Die mochten aber noch nie besonders viele Leute, jetzt erst recht nicht mehr. Seine Fanbase ist dünn.

Ich nehme an, der Zugereiste darf - im Gegensatz zu Kevin - bald gar nicht mehr auf großer Bühne spielen, nirgendwo, weil er für mieses Klima sorgt statt für Klimaschutz. Machen Sie sich keine Sorgen um ihn. Er ist reich, er hat viel Kohle, sie reicht bis 2038. Das hilft ihm gerade wenig. Viele glauben, dass er den Mikrokosmos Berlin bald wieder verlassen muss. Für immer. Ich widerspreche. Denn ich vermute: Er gehört gar nicht zu ihm. Er ist nie darin angekommen, nie heimisch geworden, kennt die Spielregeln nicht. Und macht deshalb seine eigenen.

Das Benehmen des Fremdlings lässt darauf schließen, dass er in einer anderen Welt, einem Paralleluniversum lebt, fernab vom Mikrokosmos Berlin. Deshalb nenne ich ihn "Armin den Außerirdischen". Er hat offenbar überirdische Kräfte, sieht Dinge, die anderen verborgen bleiben, zieht Schlüsse, die sich sonst niemand traut. "Armin der Außerirdische" ist ein Träumerle mit unstillbarer Sehnsucht nach Jamaika, dem Land von Ska und Reggae. Er sagt Sätze wie: "Zukunftsteams sind Zukunftsteams." Das ist wohl wahr.

Die Punk-Band und der Marathon

"Armin der Außerirdische" glaubt, von seinen wenigen Fans "einen klaren Auftrag erhalten" zu haben, die nächsten vier Jahre mit den "Galaktischen Vier" das Land rocken zu müssen - als Bandleader. Denn er hat "im Schlussspurt" vor der großen Abstimmung vergangenen Sonntag über die neuen Koordinaten im Mikrokosmos Berlin eine Deutschland-Tournee von Rot-Rot-Grün "verhindert", eine umstrittene Punk-Band, die das Chaos liebt. Neulich hat sie es fertig gebracht, ein fast ausverkauftes Konzert zu geben, obwohl zeitgleich ein Marathon lief.

"Armin der Außerirdische" schafft es, sich innerhalb einer Minute zu widersprechen. Er ist der Überzeugung, dass nach dem Beifall zu seiner Performance der vergangenen Monate eine Tour mit den Gala4 "unter Führung der Union das Beste ist für unser Land". Ach ja, Bandleader "kann auch nur der werden, dem es gelingt, Gegensätze zu verbinden und ein gutes gemeinsames Projekt für die nächsten vier Jahre zu entwickeln". Das gilt aber auch nur für die, die "den Willen haben und auch die Lust haben, etwas Positives für das Land zu gestalten und nicht ständig den Eindruck vermitteln, dass man eigentlich gar nicht" auf Tournee "will und dass das alles freudlos ist".

Ich kann mir gut vorstellen, dass man mit "Armin dem Außerirdischen" immer was zu lachen hat auf Tournee, selbst bei einem Gastspiel im Tal der Tränen, wenn der Bundespräsident gerade einen Witz erzählt: "Kommt ein Kanzlerkandidat ins Hochwasser und sagt: Mir schwimmen gerade alle Felle davon." Das ist taktlos. Aber ohne Takt keine Musik. Und ohne Musik keine Band. Und ohne Band keine Tournee. Vorhang zu, das Spiel ist aus.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen