Leben

Wer liebt, kann verlieren Ist Untreue das Todesurteil für die Beziehung?

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Manchmal kommt der besondere Moment.

(Foto: imago/Michael Eichhammer)

In monogamen Beziehungen ist man normalerweise exklusiv. Trotzdem gehen viele Menschen fremd, manche immer wieder. Eine Paartherapeutin erklärt, warum Menschen überhaupt fremdgehen und warum das auch eine Chance sein kann.

Fast jeder vierte Mann und mehr als jede vierte Frau sind schon einmal fremdgegangen. Das ergab eine Umfrage des Magazins "Playboy" im November. "Viele Menschen erleben, dass sie im Laufe des Lebens Lust auf verschiedene Partner verspüren", erklärt Beziehungscoach Aino Simon die Problematik. "Da dies in unserer Vorstellung von Liebe und Sex aber nicht vorgesehen ist, trauen sie sich nicht, in ihrer Beziehung darüber zu sprechen." Dann gibt es zwei Möglichkeiten: "Entweder diese Menschen flüchten sich von Anfang an in die Heimlichkeit. Sie betrügen und spielen in gewisser Hinsicht Theater, mit mehr oder weniger schlechtem Gewissen. Oder sie versuchen ihre Bedürfnisse an dieser Stelle zu unterdrücken."

Treu zu bleiben, könne über einen langen Zeitraum gelingen, "allerdings oft auf Kosten der Lebendigkeit". In vielen Fällen käme irgendwann "der eine besondere Moment", in dem sich eine "unwirkliche und betörende Möglichkeit" biete, sagt die Expertin. "Da ist plötzlich ein Mensch, der einen magisch anzieht, und es öffnet sich ein Raum, der scheinbar losgelöst von der alltäglichen Realität ist. Niemand wird es erfahren, so scheint es. Viele Menschen, die in solchen 'magischen Momenten' fremdgehen, berichten, dass sie in diesem Augenblick das Gefühl hatten, ihr Leben würde an ihnen vorbeiziehen."

Oft sei es die Sehnsucht nach Lebendigkeit, die die Menschen in den Betrug treibe. Dadurch machen sie die Erfahrung, sich noch einmal lebendig und begehrenswert zu fühlen. "Das ist wie eine Glücksdroge, und es ist aus meiner Sicht absolut nachvollziehbar, dass Menschen diese Art von Erlebnissen haben wollen." Allerdings gibt Simon auch zu bedenken: "Schade ist, dass sie die Möglichkeiten für einen einvernehmlichen 'Drogenrausch' bislang nicht nutzen konnten und somit sehr viel Schmerz auslösen, wenn die Sache dann doch irgendwann auffliegt."

Liebe kann man verlieren

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Jeder habe Verletzungen im Laufe des Lebens erfahren, "die uns immer wieder daran erinnern, dass das Leben gefährdet ist und wir aufpassen müssen". Wer liebt, müsse auch fürchten, seine Liebe zu verlieren. An dieser Stelle kommt die Eifersucht ins Spiel. Sie ist nicht zwangsweise etwas Negatives, stellt die Paartherapeutin klar: "Eifersucht in einem gesunden Maße kann durchaus dazu anregen, dass wir wachsam und beweglich bleiben. Dass wir immer wieder mal reflektieren: Wie geht es mir in meiner Beziehung gerade? Wie geht es dem anderen? Machen wir alles richtig oder könnten wir mal neue Verhaltensweisen ausprobieren?"

Eifersucht kann verschiedene Ursachen haben. Zum einen eine reale, etwa die Angst, der Partner könne jemand anderen interessanter finden. Zum anderen kann die Ursache in der Vergangenheit liegen. Solche Gedanken könnten sein: "Ich habe Angst, dass du mich verlässt, weil ich früher schon einmal verlassen wurde, und weil ich im Grunde glaube, dass ich nicht gut genug bin." In beiden Fällen sei Eifersucht "ein Anlass für Selbstreflexion und Kommunikation", appelliert Simon.

"Wer eifersüchtig ist, braucht Zuwendung und Zuspruch vom anderen. Wer Eifersucht als normalen Bestandteil des Lebens annimmt, sich Unterstützung holt und auf die Suche nach Veränderung und innerer Reife macht, der kann die transformative Kraft der Eifersucht für die Erfüllung der eigenen Lebensträume nutzen." Wer jedoch versuche, Eifersucht bei sich und beim anderen loszuwerden oder unsensibel darüber hinweggehe, "der verkennt die wahre Natur der Eifersucht und lässt sich Entwicklungschancen entgehen".

Nicht gleich das Ende

Entwicklungschancen stecken auch im Seitensprung, wenn man sich fragt, wie es weitergehen soll. Was passiert jetzt? Ist der Seitensprung das Aus? "Es kommt auf den Zustand einer Beziehung an, wenn der Betrug auffliegt", sagt die Expertin. Eine ohnehin desolate Beziehung werde einen Betrug nicht überleben, "und das ist dann auch gut so". Denn nicht jede Beziehung sei es wert, gerettet zu werden.

"Aber es gibt doch auch sehr viele Beziehungen, die eigentlich gut intakt sind, die eine gute Basis haben und die an einem Betrug nicht scheitern müssen. Wenn beide Beteiligten die innere Einstellung und Bereitschaft haben, dass sie um das Fortbestehen der Beziehung kämpfen möchten, kann der Betrug ein echter Wendepunkt sein, der schließlich viel Gutes in der Beziehung bewirkt", erklärt Simon. So einfach getan wie gesagt ist das allerdings nicht. Die Verarbeitung eines solchen Ereignisses sei "ein langer Prozess, bei dem beide Seiten eigene Fehler erkennen und neue Verhaltensweisen lernen müssen".

Ein Punkt ist Simon außerdem wichtig zu betonen: "Eine Trennung muss kein Scheitern sein." Letztlich gehe es darum, "die eigenen Lebensträume zu erkennen - den eigenen Werten entsprechend zu leben und sich mit Menschen zu verbinden, die ähnliches wollen und fühlen". Darum könne es "das Gegenteil von Scheitern sein, sich aus einer ungesunden Beziehung zu lösen und sich für neue Verbindungen zu öffnen".

Quelle: ntv.de, sba/spot

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