Hamburger Beruf mit Tradition Schwanenvater kümmert sich um mehr als Schwäne
24.07.2023, 18:02 Uhr Artikel anhören
Im April werden die Schwäne aus ihrem Winterquartier auf die Alster entlassen.
(Foto: picture alliance /)
In Hamburg ist es eine jahrhundertelange Tradition: Seit 27 Jahren ist Schwanenvater Olaf Nieß für die majestätischen Tiere auf der Außenalster zuständig. Zu seinem Revier gehören aber noch weitere Tiere - zum Beispiel verirrte Heuler.
Wenn im Frühjahr die Schwäne wieder auf die Außenalster dürfen, dann wissen die Menschen in Hamburg: Der Frühling ist da! Genauso verhält es sich umgekehrt am Jahresende: Müssen die majestätischen Tiere zurück in ihr Winterquartier am Eppendorfer Mühlenteich, dann ist klar: Der Winter steht vor der Tür. Immer dabei, wenn die Schwäne umziehen müssen, ist Schwanenvater Olaf Nieß. Seit 1996 kümmert sich der 56-Jährige um Hamburgs lebendige Wahrzeichen. Denn eine Legende besagt: Solange es den Schwänen auf der Alster gut geht, so lange geht es auch der Stadt Hamburg gut.
"Das Tolle an meinem Beruf: Er wird nie langweilig. Jeder Tag ist anders", sagt Olaf Nieß, während er mit seinem Dienstboot über die Außenalster fährt. In den geschützten Uferbereichen brüten zahlreiche Wasservögel: Blässhühner, Stockenten, Haubentaucher und eine Schwanenfamilie mit ihren vier Küken. "Die Schwanenpaare bleiben sich ein Leben lang treu und kehren jedes Jahr zu ihren angestammten Nestern zurück", erklärt der Schwanenvater.
Schwäne als Unabhängigkeitssymbol
Seine offizielle Berufsbezeichnung lautet Revierjagdmeister. Denn auch wenn die Bezeichnung "Schwanenvater" den Eindruck erweckt, als sei Nieß allein für die Schwäne zuständig, ist sein Aufgabenbereich weitaus größer: Alle Wildtiere gehören dazu, auch Rehe, Füchse, Dachse und die kleinen Heuler, die sich manchmal in die Elbe verirren. Einer seiner kuriosesten Einsätze war sicherlich 2012. "Da wurden wir zum ehemaligen amerikanischen Konsulat an der Alster gerufen, um eine Horde Wildschweine einzufangen, die sich verlaufen hatte", erinnert sich der 56-Jährige.

Der Schwanenvater kümmert sich auch um verirrte Heuler. Dieses kleine Tier war Mitte Juli am Elbstrand gefunden worden.
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Das Hamburger Schwanenwesen, das beim Bezirksamt Hamburg-Nord angegliedert ist, hat eine jahrhundertelange Tradition. Als die Hansestadt um 1400 freie Reichsstadt wird, wollten die Bürger ihre Unabhängigkeit dokumentieren und nahmen sich etwas heraus, was sonst nur Königen und Fürsten erlaubt war: das Halten von Schwänen. Bereits seit 1664 steht es unter Strafe, einen Alsterschwan anzugreifen, Hunde auf ihn zu hetzen oder ihn auch nur zu beleidigen.
Aktuell 80 statt 120 Schwäne
Das Amt des Schwanenvaters gibt es seit 1674. Nieß hat das Amt von seinem Vater Harald übernommen. Seit 1986 ist er in der Abteilung Schwanenwesen tätig, seit 27 Jahren deren Leiter. "Die Alsterschwäne sind ein Wahrzeichen von Hamburg-Nord und unserer ganzen Stadt. Ich freue mich sehr, dass wir diese Tradition weiter hochhalten und sich Olaf Nieß und das Schwanenwesen mit großem Einsatz genau darum kümmern", sagte Bezirksamtsleiter Michael Werner-Boelz.
In diesem Sommer freut sich Nieß besonders über die Schwanenküken auf der Alster. Denn im Winter grassierte die Vogelgrippe und 27 Tiere mussten eingeschläfert werden. "Das hat uns alle sehr mitgenommen, dabei sind auch Tränen geflossen", sagt Nieß. Hinzu kam eine Reihe von Schwänen, die an Botulismus starben, einer Vergiftung ausgelöst durch ein Bakterium.
Mittlerweile sind wieder rund 70 bis 80 Tiere auf der Alster und den Nebengewässern unterwegs, normalerweise sind es rund 120. "Die aktuelle Brut sieht gut aus, aber erst am Ende des Jahres wissen wir genau Bescheid, wie viele Schwäne wir haben", sagt Nieß.
Sorgen bereitet dem Schwanenvater das rücksichtslose Freizeitverhalten einiger Menschen. "So etwas wie zu Corona-Zeiten möchte ich nicht noch mal erleben", sagte der 56-Jährige. Damals verlagerten zahlreiche Freizeitsportler ihre Aktivitäten aufs Wasser - ob im Schlauchboot, im Tretboot oder auf dem Stand-up-Board. Teilweise habe man trockenen Fußes über die Kanäle gehen können. "Das macht den Tieren natürlich wahnsinnig zu schaffen", sagte Nieß.
Manche Wasservögel hätten sich nur noch nachts auf die Alster getraut. Auch die Uferböschung werde zerstört, wenn Boote übers Schilf fahren oder am Ufer an Bäume gekettet werden. "Unser Ziel ist es, alle Nutzerinteressen unter einen Hut zu bringen", so Nieß. "Das schaffen wir nur mit gegenseitiger Rücksichtnahme."
Quelle: ntv.de, kse/dpa