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Der Superjet 100, eine zweistrahlige Passagiermaschine des Herstellers Suchoi, ist der ganze Stolz des russischen Flugzeugbaus.
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Erst nach jahrelangen Verzögerungen ist die Maschine endlich bereit für den Export.
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Um den Absatz anzukurbeln, schickt Suchoi den Superjet in Südostasien auf Werbetour. Alle Beteiligten wissen: Der erste Eindruck ist von entscheidender Bedeutung: ...
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... Es geht um nicht weniger als um den wirtschaftlichen Erfolg des derzeit spektakulärsten und wichtigsten industriepolitischen Großprojekts der russischen Wirtschaft.
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Doch dann kommt es zur Katastrophe: Bei einem Demonstrationsflug in Indonesien verschwindet eine Vorführmaschine südlich der Hauptstadt Jakarta mit bis zu 50 Menschen an Bord vom Radarschirm.
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Der letzte Funkkontakt wirft Rätsel auf: Die Crew bittet den Tower um die Genehmigung, die zugewiesene Flughöhe verlassen und auf 1800 Meter sinken zu dürfen. Warum, bleibt zunächst unklar.
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Spekulationen machen die Runde: Hat die Technik versagt? Suchtrupps schwärmen aus. Erst einen Tag nach ihrem Verschwinden entdecken Rettungskräfte die Überreste der Maschine.
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Die Absturzstelle liegt in einer unzugänglichen, oft nebelverhangenen Bergregion.
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Ein erster Blick aus der Luft lässt die Hoffnung auf Überlebende schwinden.
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Die Crew und ihre Passagiere - Botschaftsangehörige, Journalisten und Vertreter indonesischer Airlines - haben keine Chance.
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Der Leiter der Rettungsaktion, Maschall Daryatmo bestätigt: Es gibt keine Überlebenden.
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Es wird Monate dauern, die genaue Absturzursache zu ermitteln. Doch schon jetzt ist klar: Die Katastrophe droht Moskaus hochfliegende Pläne empfindlich zurückzuwerfen. Warum?
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Ohnehin schon leidet die russische Luftfahrt schwer unter einer aufsehenerregenden Unfallserie: Experten sprechen teils von Wartungsmängeln, teils von unzureichenden Sicherheitsstandards und in einigen Fällen von einer veralteten Flugzeug-Flotte.
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Dabei ist die Erneuerung des russischen Flugzeugbaus eigentlich längst Chefsache. Für Moskau geht es dabei nicht nur um Arbeitsplätze, Prestige und den Aufbau eines international wettbewerbsfähigen Industriezweigs.
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Im russischen Verkehrskonzept spielen Regionaljets eine bedeutende Rolle. Es geht um den Ausbau der Infrastruktur. Abgesehen davon sollen Flugzeuge "made in Russia" für das technische Know-how des modernen Russlands werben.
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Flugzeuge sind die erste Wahl: Die russischen Weiten sind sprichwörtlich. Die Entfernungen sind gewaltig.
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Mehr als 140 Millionen Einwohner verteilen sich über eine Fläche von annähernd 17 Millionen Quadratkilometern.
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Statistisch gesehen kommen in Russland auf einen Quadratkilometer etwa 8,3 Einwohner.
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Für die Zugfahrt von St. Petersburg nach Moskau - den beiden wichtigsten Ballungszentren im europäischen Teil des Landes - ...
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... müssen Bahnreisende zwischen viereinhalb und acht Stunden einplanen.
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Von Moskau bis zur fernen Hafenstadt Wladiwostok in Russlands Osten braucht der Zug sogar volle sechs Tage.
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Die Strecke hat mehr als hundert Jahre auf dem Buckel. Dennoch gilt die transsibirische Eisenbahn nach wie vor als Russlands "stählerne Lebensader". So heißt es zumindest in schwärmerischen Reiseberichten.
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Wer in Russland schnell von A nach B kommen will, dem bleiben außer tagelangen Fahrten über das teils nur dürftig ausgebaute Straßen- und Schienennetz wenig Möglichkeiten.
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Die natürliche Alternative heißt daher: Fliegen.
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Die russische Industriepolitik setzt auf den heimischen Flugzeugbau. Moskau versucht, mehrere Probleme auf ein Mal zu lösen: Arbeitsplätze, Exporterfolge - und die Anbindung entfernter Regionen.
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"Wir wollen in den Flugzeugbau investieren", kündigt Wladimir Putin auf der Luftfahrtausstellung MAKS bei Moskau an.
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Im September 2007 enthüllt Suchoi den lang erwarteten Prototyp: Der Hoffnungsträger der russischen Luftfahrtindustrie heißt Superjet 100 (SSJ-100).
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Der Hersteller Suchoi gehört zur staatlichen Holding UAC.
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Die Maschine ist der ganze Stolz des russischen Flugzeugbauers (im Bild der damalige Generaldirektor Michail Pogosjan).
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Mit seinen bisher auf Militärjets spezialisierten Flugzeugwerken will Russland auf dem internationalen Markt konkurrenzfähig werden.
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Dazu benötigt das Land Flugzeuge, die sowohl den Anforderungen der russischen Regionalfliegerei genügen als auch den weltweit gültigen Sicherheitsstandards.
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Der Suchoi Superjet 100 ist nach Angaben des Herstellers das erste Modell einer neuen "Aircraft Family".
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Die im militärischen Bereich bereits auch international erfolgreiche Firma Suchoi hatte eigens eine Zivilsparte für die Produktion des Jets gegründet.
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Know-how kommt von Boeing aus den USA, Teile der Elektronik liefert Finmeccania aus Italien.
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Konzipiert wurde der zweistrahlige Jet als Regionalflieger.
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Das heißt, die Maschine verfügt über einen kurzen Rumpf ...
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... mit einer vergleichsweise geräumigen Kabine.
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Der erfolgreiche Erstflug findet im Mai 2008 statt.
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Im Jahr darauf präsentiert Suchoi den Superjet auf der Moskauer Luftfahrtmesse im Formationsflug mit einer Suchoi SU-35 (M.) und einer MIG-29 (unten).
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Der Superjet 100 ist der erste in Russland entwickelte Passagierjet seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion.
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An Bord finden 75 bis 95 Passagiere Platz finden - abhängig vom Sitzabstand.
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Eine Erste Klasse wird es nicht geben.
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"Jeder Passagier erhält im Komfort das gleiche Niveau", betont der Hersteller.
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Mit dem Superjet drängt Russland in ein weltweit heiß umkämpftes Marktsegment.
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In der Stadt Komsomolsk am Amur, rund 7000 Kilometer östlich von Moskau, will Suchoi pro Jahr bis zu 70 Maschinen des Typs Superjet 100 produzieren.
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An der Entwicklung des Mittelstreckenflugzeugs sind neben dem US-Konzern Boeing und Finmeccania auch Alenia aus Italien und Thales aus Frankreich beteiligt.
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Mit dem Superjet will Suchoi in direkte Konkurrenz zu Schwergewichten wie Boeing und EADS treten.
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Bislang herrschen im Regionalflugzeug-Segment vor allem die Spezialisten Bombardier aus Kanada und ...
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... Embraer aus Brasilien.
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Zunächst muss der russische Flugzeugbauer mit seinem Prestigeprojekt jedoch die branchentypischen Phase der Kinderkrankheiten überstehen.
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Die ursprünglich geplante Auslieferung zum Jahresende 2009 wird verschoben.
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Suchoi spricht von "Problemen mit der Ausrüstung".
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Schwierigkeiten, so heißt es, gibt es vor allem mit den Triebwerken. Nach und nach überwindet Suchoi Schwierigkeiten - und geht schließlich mit jahrelanger Verzögerung an den Start.
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Für den Erfolg am Markt braucht der Flieger jetzt viele positive Schlagzeilen: Denn Bestellungen liegen anfangs nur von der staatlich-russischen Fluglinie Aeroflot vor.
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Sogar die unter Moskaus Anleitung neu gebildete Fluggesellschaft Rosavia holt sich zunächst lieber Angebote für Kurzstreckenflieger bei Airbus und Boeing ein.
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Die Stadt Moskau hält 49 Prozent am Aeroflot-Konkurrenten Rosavia. Der Rest liegt in Staatshand.
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Bis 2017 soll Rosavia eigentlich über eine Flotte von 120 Flugzeugen verfügen und jährlich 120 Millionen Passagiere befördern.
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Im April 2011 ist es dann so weit: Der Superjet 100 ist reif für den Export.
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Als erster Auslandskunde bekommt die armenische Fluggesellschaft Armaavia eine nagelneue SSJ-100. In Eriwan wird das gebührend gefeiert.
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Technisch hält die Maschine selbst penibelsten Prüfungen stand: Anfang 2012 bekommt Suchoi von der Europäischen Luftsicherheitsbehörde EASA die begehrte Zulassung für den europäischen Luftraum.
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Für den Hersteller Suchoi sind das wichtige Meilensteine auf dem Weg zum Erfolg. Der Druck ist groß: Suchoi steht unter der Kontrolle der russischen Staatsholding UAC.
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Die Entscheidung zur Förderung des russischen Flugzeugbaus liegt damit ...
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... letztendlich in der Hand von Wladimir Putin (hier am Knüppel des Copiloten eines Löschflugzeugs).
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In Jakarta bleibt es die traurige Aufgabe des indonesischen Präsidenten Susilo Bambang Yudhoyono, den Rettungskräften für ihre Bemühungen zu danken und den Angehörigen sein Beileid auszusprechen.
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(Stand: Mai 2012 / Text: Martin Morcinek)
Hochfliegende Hoffnungen Moskaus Superjet 100
Russland drängt in den zivilen Flugzeugbau: Der Superjet 100 soll die russische Luftfahrtindustrie eigentlich in ein neues Zeitalter tragen. Der Absturz einer Maschine in Indonesien ist eine menschliche Tragödie - und ein schwerer Rückschlag für die russische Wirtschaft.
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