Viele Einsätze wegen Dauerregen An der Saar droht ein Jahrhunderthochwasser
17.05.2024, 20:21 Uhr Artikel anhören
Besonders an der Saar herrscht akute Hochwassergefahr.
(Foto: IMAGO/BeckerBredel)
Regen, Regen und noch mehr Regen - an der Saar steigen die Pegelstände in historische Sphären. Auch in anderen Bundesländern besteht weiterhin Hochwassergefahr.
Nach stundenlangem, teils starkem Regen herrscht im Saarland nach Angaben des Hochwassermeldezentrums derzeit eine extreme Hochwassergefahr. Das Zentrum geht inzwischen von einem Hochwasser aus, wie es nur alle 50 bis 100 Jahre vorkommt. Es könne zur Überflutung bebauter Gebiete in größerem Umfang sowie zur Flutung von land- und forstwirtschaftlichen Flächen kommen.
Betroffen seien vor allem der Kreis Neunkirchen, der Saarpfalz-Kreis und der Regionalverband Saarbrücken, teilte der Sprecher des Ministeriums am Abend mit. Von Verletzten war zunächst nichts bekannt. Bei den Städten sei die Lage angespannt in der Landeshauptstadt Saarbrücken, in Eppelborn, Neunkirchen, St. Wendel, Saarlouis und Merzig. Mancherorts mussten Bewohner aus Wohnungen in vereinzelten Straßenzügen evakuiert werden. Vereinzelt seien auch Altenheime betroffen gewesen, etwa eines in Marpingen. In Saarbrücken-Russhütte sei die Lage "brenzelig" gewesen, weil die Strömungsgeschwindigkeit so hoch war, dass die Feuerwehr abbrechen musste und Strömungsretter des Deutschen Roten Kreuzes angefordert wurden.
Bisher seien glücklicherweise keine Menschen zu Schaden gekommen, sagte der Sprecher des Innenministeriums. 50.000 Sandsäcke aus der Landesreserve seien freigegeben. Es werde geprüft, ob man Hilfe aus umliegenden Bundesländern anfordern solle.
Auch das Landespolizeipräsidium Saarbrücken erklärte am Abend, es könne keine Entwarnung gegeben werden. Die Zahl der Einsätze wegen überfluteter Straßen, vollgelaufener Keller und umgestürzter Bäume werde nicht mehr gezählt. "Wir haben nach 300 aufgehört", sagte ein Sprecher. Zum Glück gebe es bisher keine Verletzten oder Vermissten. Wetterbedingt wurden zahlreiche Straßen im Saarland abgesperrt. Auch im Zug- und Busverkehr kam es zu starken Einschränkungen.
Scholz reist ins Krisengebiet
Der Dauerregen hatte am Freitag vor allem im Westen und Südwesten Deutschlands für steigende Wasserstände in Flüssen und zahlreiche Feuerwehreinsätze gesorgt. Auch auf der französischen Seite der Grenze liefen Keller voll und wurden Straßen gesperrt. Der Deutsche Wetterdienst hat bis in die Nacht zum Samstag vor allem in den Gebieten westlich des Rheins ergiebigen Dauerregen angekündigt. Danach soll der Regen langsam nachlassen.
In Rheinland-Pfalz meldete die Hochwasservorhersagezentrale am Freitag im südlichen Teil des Landes stark ansteigende Wasserstände. An einzelnen Pegeln seien dort Wasserstände möglich, wie sie statistisch alle 100 Jahre vorkommen, hieß es weiter. Am Rhein sollen derweil keine Meldehöhen überschritten worden sein. Ab Samstagnachmittag sollen die Wasserstände voraussichtlich wieder sinken, hieß es.
Auch in Baden-Württemberg gab es örtlich Dauerregen und teils kräftige Gewitter. Das befürchtete Wetterchaos blieb in der Nacht zum Freitag aber aus. Es wurden zwar etwas mehr Verkehrsunfälle gezählt, wie ein Sprecher der Polizei sagte. Es sei aber niemand ernsthaft verletzt worden oder gar ums Leben gekommen.
Die Hochwasservorhersagezentrale Baden-Württemberg warnte vor deutlich steigenden Wasserständen in einigen Flüssen, vor allem den Oberrheinzuflüssen sowie Gewässern im Einzugsgebiet des Neckars. Es könnten sich kleinere Hochwasser ausbilden, hieß es. Im Einzelfall könne auch die Kanalisation überlastet sein. Straßen, Keller, Unterführungen und Tiefgaragen könnten unter Wasser gesetzt werden.
Wegen des starken Hochwassers sagte Bundeskanzler Olaf Scholz einen für Samstag geplanten Wahlkampfauftritt ab. Stattdessen will er sich im Saarland gemeinsam mit Ministerpräsidentin Anke Rehlinger ein Bild von der Lage vor Ort machen.
Hunderte Einsätze auch in Frankreich
In der französischen Grenzregion zu Deutschland traten gerade kleine Flussläufe nach heftigen Regenfällen binnen kurzer Zeit über die Ufer. Einzelne Autos wurden vom Wasser weggetrieben. Einige Straßen wurden gesperrt, darunter die Autobahn 320 in Fahrtrichtung Saarbrücken in einem Abschnitt. Menschen kamen durch die Wassermassen am Donnerstagabend und Freitag in Lothringen und im Elsass aber nach ersten Informationen nicht zu Schaden.
Wie die Feuerwehr in Metz am Freitag mitteilte, gab es in der Region Moselle mehr als 300 Einsätze in rund 70 Gemeinden. 270 Feuerwehrleute rückten mit rund 200 Fahrzeugen aus. Besonders betroffen war die an das Saarland angrenzende Region um Saint-Avold (Sankt Avold) und Sarreguemines (Saargemünd). Frankreichs Innenminister Gérald Darmanin rief die Bewohner zu großer Vorsicht auf, für die Region sei die Warnstufe Rot verhängt worden.
Am Pfingstwochenende steht Deutschland nach Einschätzung des ntv-Meteorologen Björn Alexander ein Mix aus teils regnerischem und teils sonnigem Wetter bevor. Die kurzfristigen Wetterereignisse können von "durchaus heftiger Natur - vor allem durch Stark- und Dauerregen" sein. Binnen kurzer Zeit seien Regenmengen von 20 bis 40 Litern pro Quadratmeter möglich. "Punktuell sind auch intensivere Gewitterregen mit 60 bis 100 Litern je Quadratmeter nicht auszuschließen. Außerdem droht Gefahr durch Blitzeinschläge und kleine bis mittlere Hagelkörner sowie Sturmböen, die an den stark belaubten Bäumen zu Windbruch führen können."
In weiten Teilen des Südens und Südostens sowie im küstennahen Binnenland können sich die Menschen der Vorhersage zufolge am Samstag auf heiteres und trockenes Wetter einstellen. Die Höchsttemperaturen liegen bei 20 bis 24 Grad, in der Mitte Deutschlands bei Regen um die 18 Grad.
Quelle: ntv.de, mba/dpa