Panorama

Verwirrung um Astrazeneca-Mittel Aussage zu Impfwirkung beruhte wohl auf Irrtum

Die EU-Zulassung des sogenannten Oxford-Impfstoffs wird noch diese Woche erwartet.

Die EU-Zulassung des sogenannten Oxford-Impfstoffs wird noch diese Woche erwartet.

(Foto: picture alliance/dpa/AP)

In Großbritannien wird der Impfstoff von Astrazeneca bereits seit Wochen vor allem bei Senioren eingesetzt. Aber wirkt er bei dieser Gruppe fast gar nicht? Das berichteten deutsche Zeitungen - offenbar irrtümlich. Bei der britischen Regierung sorgt das für Ärger.

Berichte über eine mangelnde Wirksamkeit des Astrazeneca-Impfstoffs bei älteren Menschen beruhen möglicherweise auf der Verwechselung von Studiendaten. Unter Berufung auf Regierungskreise hatte das "Handelsblatt" geschrieben, dass der in einigen Ländern bereits zugelassene Impfstoff, den Astrazeneca gemeinsam mit der Universität Oxford entwickelt hatte, bei Über-65-Jährigen eine Wirksamkeit von nur acht Prozent aufweise. Ähnlich hatte die "Bild"-Zeitung berichtet. Der Hersteller wies das umgehend als "völlig falsch" zurück. Aus dem Bundesgesundheitsministerium hieß es, man könne die Berichte nicht bestätigen.

Auf ntv-Anfrage äußerte ein Sprecher die Vermutung, dass jemand den Anteil älterer Studienteilnehmer mit der Wirksamkeit verwechselt habe. "Rund acht Prozent der Probanden der Astrazeneca Wirksamkeitsstudie waren zwischen 56 und 69 Jahren, nur 3 bis 4 Prozent über 70 Jahre", so der Sprecher. "Daraus lässt sich aber nicht eine Wirksamkeit von nur acht Prozent bei Älteren ableiten." Wem diese Verwechslung möglicherweise unterlief, den Quellen in der Bundesregierung oder den Zeitungen, bleibt unklar.

In den Berichten von "Bild"-Zeitung und "Handelsblatt" hatte es weiter geheißen, die Bundesregierung erwarte, dass die EU-Arzneimittelbehörde EMA den Impfstoff nur für Menschen unter 65 zulassen werde. Dies würde einen schweren Rückschlag für die deutsche Impfstrategie bedeuten. Nach Informationen der "Bild"-Zeitung hatten Bund und Länder bislang geplant, den Astrazeneca-Impfstoff für ältere Menschen einzusetzen, die zu Hause leben und aus Alters- oder Krankheitsgründen die Impfzentren nicht aufsuchen können. Das Vakzin ist einfacher zu transportieren als etwa der Impfstoff der Mainzer Firma Biontech und ihres US-Partners Pfizer. Für den Impfplan der Regierung ergebe sich möglicherweise die Folge, dass in der Altersgruppe der 65- bis 75-Jährigen mehrere Millionen eingeplante Dosen fehlen könnten, schrieb das "Handelsblatt".

Wie russische Propaganda

Der Ministeriumssprecher teilte dazu mit, es sei bereits seit Herbst bekannt, dass "in den ersten eingereichten Studien von Astrazeneca weniger Ältere beteiligt waren als bei den Studien anderer Hersteller". Mit der Entscheidung der EMA über die Zulassung wird am Freitag gerechnet.

In Großbritannien lösten die deutschen Medienberichte Ärger aus. Dort wurden seit Jahresbeginn zahlreiche Menschen mit dem Astrazeneca-Präparat geimpft, vor allem Ältere. "Keine Ahnung, wo die Zahl herkommt", zitierte das Online-Portal "Politico" aus Regierungskreisen in London. Möglicherweise sei die Zahl vertauscht worden. Ein anderer ranghoher Mitarbeiter der Regierung nannte die Berichte demnach "unbegründet und falsch", eine dritte Quelle betonte, solche Angaben seien eher von der russischen Propaganda erwartet worden als von deutschen Medien.

Quelle: ntv.de, mbo/dpa

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