Panorama

Sieben Menschen sterben im Sturm Bahn warnt vor anhaltendem "Xavier"-Chaos

Umfangreiche Aufräumarbeiten nach dem Sturm: Umstürzende Bäume blockierten vielerorts Gleise oder beschädigten Oberleitungen.

Umfangreiche Aufräumarbeiten nach dem Sturm: Umstürzende Bäume blockierten vielerorts Gleise oder beschädigten Oberleitungen.

(Foto: dpa)

Im deutschen Schienenverkehr müssen sich Pendler und Reisende weiter auf wetterbedingt gesperrte Strecken einstellen: Sturmtief "Xavier" hinterlässt schwere Schäden. Die Bahn rechnet bundesweit mit anhaltenden Behinderungen.

Der schwere Herbststurm "Xavier" hat im deutschen Schienennetz ein Chaos hinterlassen, das sich auch auf den Reiseverkehr zum anstehenden Wochenende auswirken dürfte. Reisende müssen bis auf Weiteres weiter mit vielen Zugausfällen und erheblichen Beeinträchtigungen im Fernverkehr rechnen.

"Die Auswirkungen des Sturms auf die Infrastruktur der Deutschen Bahn werden sich teilweise bis zum Sonntag hinziehen", teilte die Deutsche Bahn mit. "Kurzfristige Streckenfreigaben" seien im Laufe des Tages zu erwarten.

Der Sturm hatte an vielen Stellen Bäume auf Oberleitungen und Gleise stürzen lassen. Die Bahntrassen würden derzeit mit Hubschraubern abgeflogen, um festzustellen, wo der Sturm Schäden angerichtet hat, erklärte eine Sprecherin der Bahn. Außerdem seien überall fahrbare Hebebühnen unterwegs, um heruntergerissene Oberleitungen wieder instand zu setzen. Frühestens am Nachmittag könne die Bahn eine Prognose abgeben, wie es mit dem Zugverkehr weitergehe. Es stünden jedoch keine Züge mehr mit Fahrgästen auf offener Strecke, teilte sie mit.

Strecken, die bereits am Vorabend nicht mehr befahren werden konnten, dürften auch am Tag nach dem Sturm "gar nicht oder nur sehr eingeschränkt befahren können", hatte ein Bahnsprecher bereits am Morgen erklärt. Für die Reisenden im Norden und Nordosten werde es im Fernverkehr am Freitag "größtenteils" keine Züge geben, heißt es.

Informationen für Reisende

Die Deutsche Bahn ruft Reisende deutschlandweit dazu auf, sich rechtzeitig über Streckensperrungen, Zugausfälle und Verspätungen zu informieren.

Fahrplaninformationen erhalten Bahnkunden im Internet, telefonisch oder per App:

  • Bahn-Sturm-Hotline: 0 8000 99 66 33 (kostenlos)
  • Im Internet: www.bahn.de/aktuell
  • Per Smartphone mit dem "DB Navigator" oder dem "Verspätungs-Alarm"

Weiterhin komplett gesperrt sind derzeit nach Angaben der Bahn folgende Fernverkehrsverbindungen:

  • Berlin - Hannover
  • Hamburg - Berlin
  • Hamburg - Hannover
  • Berlin - Leipzig
  • Berlin - Dresden
  • Leer (Ostfriesland) - Oldenburg - Bremen
  • Bremen - Hannover
  • Osnabrück - Hamburg
  • Hannover - Magdeburg -Berlin
  • Hamburg - Kiel
  • Hamburg - Westerland (Sylt)

Nicht bedient werden zudem alle Verbindungen, die aus dem Süden in die vom Sturm betroffenen Regionen führen. "Züge der Linie 11/12 (Basel SBB/München - Mannheim - Kassel-Wilhelmshöhe - Berlin) wenden bereits in Kassel-Wilhelmshöhe", heißt es bei der Bahn. Ähnlich verhält es sich für Züge der Linie 20 (Basel - Hamburg). Züge der Linie 55 von Köln nach Dresden enden vorerst in Magdeburg. Die Linie 88 von Amsterdam nach Berlin muss in Hannover umdrehen. Die Linie 30 von Basel nach Hamburg und die Linie 31 von Nürnberg nach Hamburg fahren bis auf Weiteres nur bis Dortmund.

Die Streckensperrungen im Norden wirken sich auf den Fernverkehr im gesamten deutschen Schienennetz aus. "Es kann zu Beeinträchtigungen im ganzen Netz kommen", betonte ein Bahn-Sprecher. "Die Auswirkungen können auch auf Regionen abstrahlen, die mit dem Unwetter gar nichts zu tun haben." Es sei zudem noch immer ungewiss, ob die Arbeiten und Beeinträchtigungen vor dem Wochenende abgeschlossen werden können. Sturmbedingt ungenutzte Zugtickets vom Donnerstag bleiben vorerst auch am heutigen Freitag gültig, teilte die Bahn mit.

Einsatzkräfte der Bahn waren die ganze Nacht im Einsatz, um den Zustand der Strecken zu überprüfen, umgestürzte Bäume aus dem Weg zu räumen und beschädigte Leitungen zu reparieren. Auf manchen Abschnitten sei dies aber ohne Tageslicht nicht oder nur schlecht möglich, erklärte der Sprecher.

Gar kein Licht mehr hatten einige Menschen in Mecklenburg-Vorpommern: Am Freitagmorgen waren in Westmecklenburg noch immer 10.000 Kunden ohne Strom. Der Energieversorger sei mit allen verfügbaren Kräften im Einsatz, um die Störungen so schnell wie möglich zu beseitigen und die Versorgung wieder herzustellen, teilte das Unternehmen Wemag mit. Am Donnerstag waren zeitweise sogar 35.000 Menschen vom Stromausfall betroffen.

Die Bahn hatte am Vortag wegen des Sturms den Zugverkehr in mehreren Regionen eingestellt. Besonders betroffen waren Hamburg, Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt.

Notquartier in Hotelzügen

Die Auswirkungen des Sturms zwangen Reisende in ganz Deutschland dazu, sich alternative Verbindungen oder gar Ausweichquartiere für die Nacht zu suchen. Die Bahn stellte an einzelnen Schwerpunkten Schlafwagen bereit, um gestrandeten Reisenden einen Platz zum Liegen anbieten zu können. Andere Reisende konnten mit Taxi-Gutscheinen der Bahn doch noch an ihr Ziel gelangen oder verbrachten die Nacht im Hotel.

Etwa 20 Züge, in denen Gestrandete übernachten konnten, wurden in der Nacht zum Freitag zur Verfügung gestellt, teilte die Deutsche Bahn mit. So standen zum Beispiel drei Übernachtungszüge in Kassel-Wilhelmshöhe, außerdem gab es sogenannte Hotelzüge auch in Berlin am Hauptbahnhof und an den Stationen Spandau und Südkreuz sowie an den Hauptbahnhöfen in Köln, Dortmund, Bielefeld, Düsseldorf, Leipzig, Hamburg und Hannover.

Die Züge seien unterschiedlich genutzt worden, betonte ein Sprecher. Während in einem ICE in Dortmund nur 30 Menschen übernachteten, sei ein Zug am Berliner Hauptbahnhof sehr gut gefüllt gewesen. Vor allem die großen Bahnhöfe in der Hauptstadt und in Hamburg waren von der Einstellung des Bahnverkehrs stark betroffen. Es gelte, "diese Strecken schnell wieder flott zu bekommen", sagte der Sprecher.

In Minden mussten rund 470 gestrandete Fahrgäste die Nacht sturmbedingt am Bahnhof verbringen. Nach Angaben der Feuerwehr saßen etwa 370 Personen ab dem Abend in zwei ICEs fest. Für 100 weitere Fahrgäste einer Westfalenbahn war zunächst ebenfalls Endstation. Sie wurden für die Dauer des Aufenthaltes versorgt. Nach gut acht Stunden konnten die betroffenen Strecken am Freitagmorgen gegen 5 Uhr wieder freigegeben werde.

Bahn-Chaos in der Hauptstadt

In Berlin musste zeitweise auch der gesamte S-Bahn-Verkehr im Stadtgebiet eingestellt werden. Auch auf den überirdisch verlaufenden Streckenabschnitten des U-Bahn-Netzes ging aufgrund umstürzender Bäume zeitweise nichts mehr. An Haltestellen und Bahnhöfen drängelten sich Passagiere.

Während Deutschland noch mit den Nachwirkungen von "Xavier" kämpft, zog das Sturmtief inzwischen weiter Richtung Westrussland. Wie ntv Meteorologe Björn Alexander berichtet, brachte "Xavier" zum Teil bis ins Flachland die erwarteten Orkanböen. Auf dem Brocken wurden Windgeschwindigkeiten von bis zu 178 km/h gemessen. In Berlin-Wannsee erreichten Böen noch eine Stärke von 137 km/h. Am Flughafen in Braunschweig blies "Xavier" noch mit Geschwindigkeiten von bis zu 122 Kilometern in der Stunde.

Nach dem Sturm kommt die Kälte

Windig bleibt es in weiten Teilen Deutschlands auch am Freitag noch, warnt der ntv Wetterexperte. Allerdings wird es bei weitem nicht mehr ganz so stürmisch. "Oft weht der West- bis Nordwestwind mäßig bis frisch und kann besonders an der See und auf den Bergen stellenweise schon mal Sturmstärke erreichen", sagt Björn Alexander.

"Der Tag bringt immer wieder Schauer und örtliche Gewitter. Später sinkt die Schneefallgrenze in den Alpen auf 1200 Meter. Über mehr Sonne können sich am Nachmittag derweil der Norden und der Nordosten freuen. Dabei ist es ziemlich kühl, denn neben dem teilweise lebhaften Wind, ist Luft aus polaren Breiten bei uns eingeflossen. Am kühlsten wird es dort, wo es gestern bei bis zu 25 Grad am wärmsten war. Nämlich am Alpenrand bei nur noch 8 Grad. Und während der Süden somit einen enormen Temperatursturz erfährt, ändert sich im übrigen Land nur wenig bei sowieso mageren 9 bis 16 Grad.

Quelle: ntv.de, mmo/dpa

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