Panorama

Spendenbox und SchweigeminuteDisco "Grey" öffnet nach Schüssen wieder

05.08.2017, 07:54 Uhr
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Vor der Disco erinnern Blumen an das Opfer. (Foto: dpa)

Seit den tödlichen Schüssen auf einen Türsteher ist die Diskothek "Grey" in Konstanz geschlossen. Doch nun soll langsam wieder Normalität einkehren. Ist das zu früh?

Wenige Tage sind seit den tödlichen Schüssen an einer Konstanzer Diskothek vergangen - an den dabei getöteten Türsteher erinnern vor allem zahlreiche Kerzen und Blumen neben der Treppe am Haupteingang. Das Gebäude selbst trägt keine sichtbaren Spuren der Tat mehr: Die Einschusslöcher sind verschwunden. Nur wer genau hinsieht, kann auf dem Boden noch Markierungen der Polizei entdecken, an der die Beamten Beweisstücke wie zum Beispiel Patronenhülsen gefunden haben. Rein äußerlich kann es also normal weitergehen - aber ist es in Ordnung, so kurz nach einer solchen Tat wieder zu eröffnen? Auf der sozialen Plattform Facebook etwa wurde das in den vergangenen Tagen heftig diskutiert.

Der Geschäftsführer des Clubs, Christian Sieve, winkt bei der Frage ab. "Wenn wir in zwei oder drei Wochen wieder aufgemacht hätten, hätte es trotzdem Kritik gegeben", sagt er und betont, dass das Geld, das die Disco durch den Eintritt einnimmt, an die Familie des Opfers gespendet werden soll. Auch eine Gedenkminute sei geplant. Aus Respekt vor dem bei der Schießerei getöteten Türsteher und den Verletzten und "im Gedenken an das Geschehen, werden wir im laufenden Geschäftsbetrieb am Wochenende jeweils in den Morgenstunden um 04.27 Uhr inne halten und den Musikbetrieb herunterfahren".

Doch die Bluttat schockt auch Tage danach noch Viele. Er könne noch nicht feiern, sagt beispielsweise Andreas, der an diesem Abend mit einem Freund zum "Grey" gekommen ist. "Die Idee mit der Spende an die Familie ist eigentlich gut, aber die Party ist viel zu früh", so der junge Mann. "Ich war gestern auf der Beerdigung des Türstehers, da kann ich jetzt nicht Party machen." Sie hätten aber darüber nachgedacht, das Eintrittsgeld zu zahlen, damit es der Familie des Mannes zu Gute komme, und dann wieder zu gehen.

Tat rekonstruiert

Der Türsteher war im Eingangsbereich des Clubs getötet worden, als ein 34-Jähriger in der Nacht zum Sonntag mehr als 20 Schüsse mit einem US-Sturmgewehr abgegeben hatte. Die Polizei hat in den vergangenen Tagen das Geschehen an der Disco "Grey" rekonstruiert: Demnach ist der Todesschütze zunächst mit den Security-Mitarbeitern in Streit geraten. Er hatte zuvor in dem Club randaliert und durfte ihn deswegen nicht mehr betreten. Der Mann lässt sich mit einem Taxi heimfahren, bewaffnet sich und zwingt den Fahrer, ihn erneut zur Diskothek zu bringen. Dort schießt er schon auf dem Parkplatz los, geht anschließend durch einen Vorraum und den Kassenbereich in das dahinter liegende Foyer sowie in den größten Tanzsaal, wo er zwei Schüsse Richtung Decke abfeuert.

Die furchtbare Bilanz der Bluttat: Der Türsteher wird getötet, ein weiterer Sicherheitsmitarbeiter, zwei Gäste sowie ein Polizist schwer verletzt. Der Todesschütze selbst stirbt ebenfalls - nach einem Schusswechsel mit den Beamten. Mindestens acht Personen werden laut Polizei bei der panikartigen Flucht leicht verletzt oder erleiden einen Schock.

Quelle: Kathrin Drinkuth, dpa

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