Panorama

Etliche Dörfer in Italien zerstörtErdbeben fordert mehr als Hundert Opfer

24.08.2016, 19:07 Uhr
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Ein Mann wird aus den Trümmern in Amatrice geborgen. (Foto: AP)

Völlig zerstörte Häuser, viele Tote. Immer wieder muss der italienische Zivilschutz die Zahl der Todesopfer und Verletzten nach oben korrigieren. Am Mittwochabend sprechen die Bergungstrupps bereits von 159 Toten.

Eines der schwersten Erdbeben in Italien der vergangenen Jahrzehnte hat mehreren Orten Tod und Verwüstung gebracht. Dutzende Menschen starben, zahlreiche wurden verletzt. Das Erdbeben ereignete sich in der Nacht zu Mittwoch in der Provinz Rieti und war in ganz Mittelitalien bis nach Rom zu spüren.

Sieben Jahre nach dem verheerenden Erdbeben in dem 30 Kilometer Luftlinie entfernten L'Aquila machten die Erdstöße in der Apennin-Gebirgsregion ganze Dörfer teils dem Erdboden gleich. Viele Kinder sind unter den Opfern.

Das Deutsche Geoforschungszentrum in Potsdam gab das Hauptbeben mit der Stärke 6,2 an. Die Erdstöße rissen die Menschen in der Nacht auf Mittwoch aus dem Schlaf. Um 3.35 Uhr schwankten im Dreieck der Regionen Umbrien, Latium und den Marken die Wände, Häuser stürzten in sich zusammen. Auch im etwa 100 Kilometer Luftlinie entfernten Rom wackelte der Boden. Experten wollen das Kolosseum - Italiens meistbesuchtes Monument - auf Schäden untersuchen.

Amatrice und Accumoli besonders betroffen

Die Zahl der Opfer des verheerenden Erdbebens ist am späten Mittwochabend auf 159 gestiegen. Dies teilte der Zivilschutz mit. Zuletzt hatten Rettungskräfte in dem Ort Arquata del Tronto weitere Leichen aus den Trümmern geborgen, berichtete die Nachrichtenagentur Ansa. Viele Menschen würden aber noch vermisst, so etwa unter den Resten eines zusammengestürzten Hotels in Amatrice. Helfer suchten auch in der Dunkelheit mit Hilfe von Hunden und Taschenlampen weiter nach Überlebenden. Die Zahl der Verletzten war bis zum Abend nicht klar. Die Rede war von mehreren Hundert.

Auch tagsüber kam die Erde nicht zur Ruhe, rund 200 Nachbeben versetzten die Menschen in der Region nordöstlich der Hauptstadt Rom immer wieder in Angst und Schrecken. Viele haben alles verloren. Regierungschef Matteo Renzi sagte der Region jegliche Unterstützung zu: "Wir lassen niemanden alleine."

Betroffen sind mehrere kleine Orte in der Nähe des Nationalparks Gran Sasso und Monti della Laga. "Hier gibt es nichts mehr. Nur Trümmer. Es gleicht einer Bombardierung", sagte die italienische Parlamentspräsidentin Laura Boldrini bei einem Besuch in dem vom Erdbeben zerstörten Ort Pescara del Tronto in den Marken. Straßen waren blockiert, vielerorts fiel der Strom aus.

Besonders stark sind die Verwüstungen auch in der 2600-Einwohner-Gemeinde Amatrice in der Region Latium. "Die Hälfte des Ortes gibt es nicht mehr", sagte Bürgermeister Sergio Pirozzi nach dem Beben dem Sender RaiNews24. Auch die Grundschule stürzte zur Hälfte ein. Ein Einwohner des Ortes sagte: "Alles ist kaputt." Der Ort hatte den Ruf als eines der schönsten Dörfer in Italien.

Helfer suchten teils mit bloßen Händen nach Verschütteten in den völlig zerstörten Häusern. Immer wieder fanden sie Überlebende - und immer wieder auch Tote. Einige Kinder konnten aus den Trümmern gezogen werden, erlagen dann aber später ihren Verletzungen.

Hunderte Menschen sind obdachlos

Für Hunderte Menschen ohne Dach über dem Kopf wurden Zelte aufgebaut, am frühen Abend stand eine erste Zeltstadt für gut 200 Obdachlose in Accumoli. Hunderte Menschen sollen zudem in Sporthallen unterkommen. Im Sportzentrum von Amatrice wurden Liegen aufgestellt. Unter den Menschen, die keine Unterkunft haben, sind auch Feriengäste. Der Bürgermeister des Ortes Accumoli, Stefano Petrucci, hatte zunächst sogar von 2500 Menschen ohne Dach über dem Kopf gesprochen, unter ihnen etwa 2000 Menschen, die in dem Ort Urlaub machen oder dort den Sommer verbringen. Es sei kein einziges Haus mehr bewohnbar, sagte Petrucci. Zelte seien dringend nötig. "Obwohl August ist, herrschen hier nachts zehn Grad." In den Marken mussten in zwei Orten auch eine Behinderteneinrichtung sowie ein Altenheim geräumt werden.

Italien wird aufgrund seiner geografischen Lage immer wieder von Erdbeben erschüttert. 2009 hatte ein Beben die mittelitalienische Stadt L'Aquila unweit der jetzigen Erdbebenregion verwüstet, mehr als 300 Menschen starben. Die Häuser in der Region sind teils jahrhundertealt; bei einem solchen Beben fallen sie rasch in sich zusammen.

Die Bundesregierung bot Italien die Hilfe von Experten des Technischen Hilfswerks (THW) an. Nun müsse die italienische Regierung entscheiden, ob sie das Angebot annehme, teilte Innenminister Thomas de Maizière mit. Beim bayerischen Innenministerium hieß es, Italien habe keine internationale Hilfe angefordert. Helfer wären in diesem Fall vorzugsweise von Bayern geschickt worden, da von hier der Weg am kürzesten ist.

Kanzlerin Angela Merkel drückte in einem Kondolenztelegramm ihr Mitgefühl aus, auch aus anderen Ländern kamen Hilfsangebote und Beileidsbekundungen. Papst Franziskus zeigte sich ebenfalls tief betroffen. Er finde kaum Worte, seinen großen Schmerz auszudrücken, sagte er zu Beginn der wöchentlichen Generalaudienz auf dem Petersplatz in Rom. "Den Bürgermeister von Amatrice sagen zu hören, dass der ganze Ort nicht mehr existiert, und zu wissen, dass unter den Opfern Kinder sind, hat mich sehr berührt."

Quelle: ntv.de, kpi/cri/dpa/AFP

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