"Keinerlei Informationen" Flugmediziner geraten unter Druck
05.04.2015, 07:55 Uhr
Zu den fortlaufenden Checks gehören Flugsimulatortests und medizinische Untersuchungen.
(Foto: picture alliance / dpa)
Die Katastrophe in den Alpen könnte eklatante Lücken in der medizinisch-psychologischen Prüfung von Piloten aufdecken. Einem Zeitungsbericht zufolge blieben Informationen über den Seelenzustand des Unglückspiloten aus bislang ungeklärten Gründen hängen.
Das Schreiben aus der Aufsichtsbehörde kommt einem schweren Vorwurf gleich: Der medizinische Dienst der Lufthansa hat das Luftfahrtbundesamt einem Zeitungsbericht zufolge nicht über eine überstandene schwere Depression des Copiloten der in Frankreich abgestürzten Germanwings-Maschine informiert.
Wie die "Welt am Sonntag" unter Berufung auf eine schriftliche Stellungnahme des Luftfahrtbundesamtes berichtet, hatte die Braunschweiger Behörde bis zur Akteneinsicht beim Aeromedical Center der Lufthansa in Frankfurt in Main am 27. März "keinerlei Informationen über die medizinischen Hintergründe".
Der Copilot Andreas L. hatte den Germanwings-Airbus den bisherigen Ermittlungsergebnissen zufolge am 24. März auf dem Weg von Barcelona nach Düsseldorf bewusst in einen Berg in den französischen Alpen gesteuert, um sich das Leben zu nehmen. Bei dem Absturz der Maschine starben insgesamt 150 Menschen. Wenige Tage nach der Katastrophe wurde bekannt, dass der 27-jährige bereits wegen schwerer psychischer Probleme mit Suizidgefahr behandelt worden war.
Pflicht zur Information
Laut der "Wams" hätten die Lufthansa-Ärzte, die den Piloten in den Jahren von 2009 bis 2014 untersuchten, das Luftfahrtbundesamt darüber informieren müssen. Ein Flugmediziner müsse seit April 2013 bei schweren Krankheiten wie einer Depression den Fall an die Aufsichtsbehörde verweisen. Seitdem habe es bei dem fraglichen Copiloten noch zwei Tauglichkeitsprüfungen gegeben, und zwar im Sommer 2013 und 2014.
Dem Bericht zufolge gab es in der Lizenz des Copiloten zudem einen sogenannten SIC-Vermerk, der unter anderem vorschreibt, dass der untersuchende Arzt die lizenzvergebende Behörde kontaktieren muss. Das war aber nicht geschehen, wie das Luftfahrtbundesamt auf Anfrage der "WamS" bestätigte. Die Lufthansa wollte sich zu dem Fall nicht äußern und verwies auf staatsanwaltschaftliche Ermittlungen. Die Fluggesellschaft betonte, die Arbeit der Behörden in vollem Umfang zu unterstützen.
Seit 2009 hätten die Lufthansa-Ärzte in den unternehmenseigenen Aeromedical Centern in Frankfurt am Main und München insgesamt sechs Mal die Tauglichkeit von Andreas L. bestätigt, heißt es in dem Bericht der "Wams". 2009 sei zusätzlich zum gewöhnlichen Test auch ein psychiatrisches Gutachten erstellt worden. Weitere derartige Gutachten seien aber nicht eingeholt worden.
Quelle: ntv.de, mmo/AFP