Tomatenpüree schlecht bewertet Frau in Nigeria droht Gefängnis wegen Online-Rezension
28.03.2024, 16:37 Uhr Artikel anhören
Ihr im Internet bekundetes Urteil über eine Dose Tomatenpüree könnten eine 39-jährige Nigerianerin ins Gefängnis bringen.
(Foto: IMAGO/Panthermedia)
Einer Nigerianerin schmeckt eine Dose pürierte Tomaten nicht, auf Facebook macht sie ihrem Ärger über den Hersteller Luft. Kurz darauf nimmt die Polizei sie fest. Die Frau könnte sogar für mehrere Jahre im Gefängnis landen. Trotz Protesten gibt das Unternehmen nicht klein bei.
Einer Frau aus Nigeria droht eine Haftstrafe, weil sie im Internet eine negative Rezension über eine Dose pürierte Tomaten geschrieben hat. Der Hersteller beschuldigt die 39-jährige Chioma Okoli, eine "böswillige Behauptung" aufgestellt zu haben, die dem Geschäft schaden würde. Das berichtet der US-Sender CNN.
Okoli, eine Unternehmerin aus Lagos, soll im September vergangenen Jahres ihren rund 18.000 Followern auf Facebook mitgeteilt haben, unzufrieden mit einem Produkt des nigerianischen Herstellers Erisco Foods Limited zu sein. Sie habe ein Foto einer geöffneten Dose "Nagiko Tomato Mix" gepostet und unter anderem dazu geschrieben, es sei "der reinste Zucker", sagt sie CNN. Ferner habe sie dem Hersteller geraten, aufzuhören, Menschen "mit ihrem Produkt zu töten".
Eine Woche später sei die mit ihrem vierten Kind schwangere Okoli von Zivilpolizisten festgenommen worden, als sie gerade auf dem Weg in die Kirche gewesen sei, sagt sie CNN. Die Beamten hätten sie in eine Zelle mit einem undichten Dach gesteckt. "Es gab keine Sitzplätze, also stand ich bis zum nächsten Tag. Meine Beine waren im Wasser", so Okoli. "Ich dachte an meine Kinder, die zu Hause waren. Ich sprach mit mir selbst."
Am nächsten Tag habe man die Frau in die nigerianische Hauptstadt Abuja geflogen, wo man sie nach einem weiteren Tag in Gefangenschaft schließlich auf Kaution freigelassen habe. Im Dezember soll die Polizei erfolglos versucht haben, sie entgegen einem Gerichtsbeschluss ein weiteres Mal festzunehmen. "Wir werden uns zu dem Fall äußern, wenn das Gericht entschieden hat", sagte ein Polizeisprecher CNN.
Vorwurf der "Cyberkriminalität"
In einer von dem US-Sender eingesehenen Polizeiakte heißt es, Okoli habe ihren Facebook-Account genutzt "mit der Absicht, Menschen gegen Erisco Foods aufzuhetzen". Die Ermittlungen hätten laut einer Erklärung aus dem März "zwingende Beweise" zutage gebracht. Die Frau muss sich nach Angaben der Polizei nun vor einem Zivilgericht wegen "Cyberkriminalität" verantworten. Im Fall einer Verurteilung drohen ihr laut CNN bis zu drei Jahre Gefängnis oder eine Geldstrafe von umgerechnet 5000 US-Dollar, möglicherweise sogar beides.
Doch das ist nicht alles. Wegen Aufhetzung gegen den Tomatenpüree-Hersteller sei Okoli dem Bericht zufolge in einem gesonderten Verfahren angeklagt, bei dem sie sogar bis zu sieben Jahre ins Gefängnis kommen könnte. Zudem gehe Erisco auch zivilrechtlich gegen die 39-Jährige vor, weil ihr Facebook-Beitrag dazu geführt hätte, dass Lieferanten abgesprungen wären.
Das in Lagos ansässige Unternehmen hat nach eigenen Angaben "einen Verlust mehrerer Kreditlinien" erlitten und fordere mehr als drei Millionen US-Dollar Schadenersatz, sagte Okolis Anwalt Inibehe Effiong zu CNN. Die Firma selbst habe sich mit Verweis auf die laufenden Ermittlungen nicht äußern wollen. Der Fall soll am 20. Mai verhandelt werden.
"David gegen Goliath"
Okolis Anwaltsteam bereite sich derzeit auf die Gerichtsverfahren vor. "In diesem Fall glauben wir, dass David im Recht und Goliath im Unrecht ist", sagte Anwalt Effiong. Die Verteidigung sehe das verfassungsmäßige Recht auf freie Meinungsäußerung verletzt und habe Gegenklage eingereicht.
In Nigeria schlägt der Fall hohe Wellen. Anfang des Monats wurde eine Crowdfunding-Kampagne ins Leben gerufen, um die Angeklagte bei den Anwaltskosten zu unterstützen. Es fanden auch Proteste vor dem Firmensitz von Erisco in Lagos statt. In den sozialen Medien riefen Menschen dazu auf, Produkte des Unternehmens zu boykottieren. "Die Belästigung und Einschüchterung von Chioma Okoli muss jetzt ein Ende haben", erklärte Amnesty International Nigeria Anfang des Monats.
Der Gründer von Erisco, Eric Umeofia, weigert sich ungeachtet des öffentlichen Drucks jedoch, die Klage zurückzuziehen. Er würde lieber sterben, "als zuzulassen, dass jemand mein Image befleckt, an dem ich 40 Jahre lang gearbeitet habe", sagte er in einer Dokumentation eines lokalen Fernsehsenders.
Quelle: ntv.de, mdi