Ein Hostel mitten im Nirgendwo Gastwirt soll eine Million für Internet zahlen
16.05.2017, 16:15 Uhr
Schön ist es in "The Cabin". Schön abgeschieden.
(Foto: picture alliance / Timo Zacher/T)
Wer nicht an das Breitbandnetz der Telekom angeschlossen ist, kann sich dafür ein Angebot unterbreiten lassen. Der Harzer Hotelier Timo Zacher muss jedoch gewaltig schlucken, als er die Kalkulation des Unternehmens zu sehen bekommt.
Die Berghütte von Gastwirt Timo Zacher liegt idyllisch im Harz - in aller Abgeschiedenheit. Dem 32-jährigen Unternehmer fehlt jedoch etwas Wichtiges, um sein Haus zu betreiben: schnelles Internet. Und das ist hier, im abgelegenen Oderbrück im Oberharz, utopisch. Denn Zacher müsste für ein Glasfaserkabel zu seinem einsam gelegenen Hostel gut eine Million Euro zahlen.

Timo Zacher wird sich den Internetanschluss dann wohl klemmen müssen.
(Foto: picture alliance / Gil Bartz/Tim)
Auf diese Summe beläuft sich nämlich das Angebot, das ihm die Telekom unterbreitet habe, sagt Zacher. Die Fertigstellung der Leitung nach Oderbrück, das 800 Meter über dem Meeresspiegel und kilometerweit von der nächsten Siedlung entfernt liegt, werde etwa sechs Monate dauern, heißt es in dem Schreiben, über das zuerst die "Goslarsche Zeitung" berichtet hatte.
Stefanie Halle von der Telekom verteidigt die Höhe der Forderung so: Der Breitband-Ausbau im ländlichen Raum sei - anders als in dicht bewohnten Gebieten - grundsätzlich relativ aufwendig und teuer. Der Fall in Oderbrück sei wegen der außergewöhnlichen Lage aber ein extremes Beispiel. "Es müssten nicht nur rund acht Kilometer Glasfaserkabel verlegt werden." Es sei auch die Einrichtung eines Hauptverteilers und anderer technischer Vorrichtungen erforderlich. Und dies sei teuer. "Wir verlangen aber nur, was definitiv an Kosten entstehen würde", sagt Halle.
Auf Hilfe von Behörden kann Zacher nicht hoffen
Ein paar tausend Euro würde er für einen schnellen Internet-Anschluss ja gerne zahlen, sagt Zacher, der das im Nationalpark Harz gelegene kleine Hostel Anfang dieses Jahres eröffnet hat. Es sei nämlich nicht leicht, den Betrieb ohne direkten Internet-Zugang aufrecht zu erhalten. Dies betreffe Zimmer-Buchungen und Waren-Bestellungen, aber auch die eigentlich vorgeschriebenen online-Meldungen zum Kurbeitrag an die Gemeinde oder zur Übernachtungsstatistik an die zuständigen Behörden. "Eine Million Euro ist aber utopisch", sagt Zacher.
Das Internet über Mobilfunk sei wegen des schlechten Empfangs in Oderbrück keine Alternative, sagt Zacher. Das sieht auch Nationalpark-Sprecher Friedhart Knolle so. In vielen Teilen des Nationalparks Harz gebe es nach wie vor keinen Empfang. Auch der Internet-Anschluss über Satellit funktioniere allenfalls quälend langsam, sagt Zacher. Die Homepage seines Hostels "The Cabin" könne er jedenfalls nur auf Umwegen nutzen. Sie läuft über einen Verwandten in Braunschweig. "Und bei Bedarf, etwa bei Buchungen, müssen wir dann telefonieren."
Die Behörden machen dem jungen Gastwirt wenig Hoffnung auf Besserung. Der Landkreis Goslar strebe zwar eine bestmögliche Versorgung des Kreisgebietes mit schnellem Internet an, sagt Sprecher Maximilian Strache. Schnelles Internet sei schließlich ein wichtiger Standortfaktor. Doch wenn alle abgelegenen Einzelhäuser in die Versorgung einbezogen würden, gäbe es eine Kosten-Explosion.
Die niedersächsische Landesregierung habe sich zwar eine möglichst flächendeckende Internetversorgung zum Ziel gesetzt, erläutert Stefan Wittke, der Sprecher des Wirtschaftsministeriums. Es gebe allerdings keine gesetzliche Verpflichtung zum Legen einer Leitung. So könne es sein, dass einzelne Gebäude unversorgt blieben, wenn die Kosten zu hoch seien. Und im Fall des Hostels von Timo Zacher liegt der Fall wohl ziemlich klar.
Quelle: ntv.de, Matthias Brunnert, dpa