LKA übernimmt Ermittlungen Geiselnehmer von Ulm soll Afghanistan-Veteran sein
27.01.2024, 16:16 Uhr
Die Polizei hatte wegen des Einsatzes den zentralen Münsterplatz in Ulm und die Zugänge dorthin gesperrt.
(Foto: picture alliance/dpa)
Noch liegen die Hintergründe im Dunkeln. Was wollte der Mann, der in Ulm sechs Menschen als Geisel genommen hat? Aus Sicherheitskreisen heißt es: Der 44-Jährige soll bei der Bundeswehr gewesen sein. Außerdem habe er mehrfach zuvor Suizid-Absichten geäußert.
Mit täuschend echten Soft-Air-Waffen hat ein Mann in einem Lokal am Ulmer Münsterplatz sechs Geiseln in seine Gewalt gebracht - am Freitagabend beendete die Polizei die Geiselnahme mit Schüssen auf den Mann. Alle Geiseln blieben unverletzt. Der 44-jährige deutsche Tatverdächtige wurde schwer verletzt in ein Krankenhaus eingeliefert und operiert. Die Hintergründe der Tat liegen noch im Dunkeln. Nach Angaben von Polizei und Staatsanwaltschaft hatte der Geiselnehmer in einer Tasche und im Wagen noch weitere Waffen wie Messer, Äxte sowie eine Machete.
"Die Ermittlungsbehörden prüfen derzeit mit den behandelnden Ärzten, ob der Beschuldigte vernehmungsfähig ist, damit er dem zuständigen Haftrichter vorgeführt werden kann", hieß es in einer Mitteilung. Der Mann hatte am Freitagabend gegen 18.45 Uhr mit den scheinbar echten Waffen ein Lokal am Ulmer Münsterplatz betreten, in dem zu dem Zeitpunkt etwa 13 Menschen waren.
Noch bevor die Polizei kam, konnte ein Teil der Gäste das Lokal verlassen. Sechs Menschen brachte der Geiselnehmer unter Vorhalt der täuschend echt aussehenden Waffen in seine Gewalt. Fünf davon ließ er später gehen, mit einer Geisel blieb er zunächst im Lokal.
Täter soll bei Bundeswehr gewesen sein
Um 20.20 Uhr kam der Tatverdächtige laut Polizei dann unerwartet mit der Geisel heraus und bedrohte diese mit einer Waffe. Die Polizei ging von echten Waffen und von einer erheblichen Gefahr aus. "Im weiteren Einsatzgeschehen konnte der 44-Jährige durch eine gezielte polizeiliche Schussabgaben handlungsunfähig gemacht werden", hieß es in der Mitteilung. Er wurde schwer verletzt in ein Krankenhaus gebracht, Lebensgefahr bestehe nicht.
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Der mutmaßliche Täter soll wohl bei der Bundeswehr gewesen sein, wie es aus Sicherheitskreisen hieß. Bei ihm soll es sich um einen Afghanistan-Veteranen handeln. Nach dpa-Informationen äußerte der 44-Jährige in der Vergangenheit mehrfach Suizidabsichten. Aufgrund der bundesweiten Fahndung und Hinweisen der Ex-Frau des Soldaten hätten sich am Freitagabend Hinweise auf den Aufenthalt des Mannes in Ulm ergeben. Sicherheitskreise berichteten, der Mann habe wohl während der Geiselnahme angegeben, sich vom Spezialeinsatzkommando (SEK) erschießen lassen zu wollen. Das baden-württembergische Landeskriminalamt übernahm die Ermittlungen.
Die Polizei hatte wegen des Einsatzes den zentralen Münsterplatz in Ulm und die Zugänge dorthin gesperrt. Eine Passantin berichtete, sie habe drei Schüsse gehört. "Mein Herz hat gepumpert." In dem Moment habe sie überhaupt nichts mehr gedacht, sondern sei einfach weggerannt. Die Geiseln wurden von Notfallseelsorgern psychologisch betreut. Der Ulmer Oberbürgermeister Gunter Czisch sagte, er hoffe, alle könnten das dramatische Ereignis schnell verarbeiten. Er sei erleichtert, dass keine Geisel körperlich verletzt worden sei.
Der Münsterplatz liegt im Herzen der 130.000-Einwohner-Stadt an der Donau, an der Grenze zwischen Baden-Württemberg und Bayern. Das Münster, das mit 161,53 Metern den höchsten Kirchturm der Welt hat, ist das Wahrzeichen der Stadt. Am Samstag war die Innenstadt wieder voller Menschen, es war Markt. Bei strahlendem Sonnenschein lief eine Demo über den Platz. Dass es am Freitag hier eine Geiselnahme gab, davon zeugte nur noch das geschlossene Lokal.
Quelle: ntv.de, jki/dpa