Wie früher, nur mit mehr Alkohol Gesundheitsforscher warnt vor neuer Form der Alkopops
06.09.2025, 11:52 Uhr Artikel anhören
Fertig gemixter Aperol Spritz aus dem Supermarkt hat einen Alkoholgehalt von 10,5 Prozent. Zufall?
(Foto: picture alliance / CHROMORANGE)
In Supermärkten buhlen seit einiger Zeit ebenso bunte wie süße und alkoholhaltige Fertigmixgetränke um die Aufmerksamkeit der jungen Kundschaft. Ein Gesundheitsforscher fühlt sich an den Boom der Alkopops in den Nullerjahren erinnert. Er warnt: Durch eine Gesetzeslücke ist die Situation gefährlicher als früher.
Gesundheitsforscher schlagen Alarm wegen des wachsenden Erfolgs alkoholischer Fertigmixgetränke in Deutschland. Laut der "Süddeutschen Zeitung" fühlen sich die Experten an den Alkopops-Boom der 2000er Jahre erinnert: In den vergangenen zwölf Monaten hat die Branche mit den Spirituosen-Mixgetränken einen Umsatz von mehr als 715 Millionen Euro erzielt. Damit sei der Umsatz binnen zwei Jahren um 20 Prozent gestiegen, heißt es. Im Sommer 2023 lag er den Angaben zufolge bei 595 Millionen Euro.
Tobias Effertz forscht an der Universität Hamburg zu den volkswirtschaftlichen Kosten des Alkoholkonsums. "Das ist das gleiche Problem wie in den Nullerjahren", sagt er in der Zeitung. "Starke Süße wird mit Alkohol kombiniert. Das macht es Jugendlichen leichter, das zu konsumieren. Die Situation ist sogar gefährlicher geworden, der Alkoholgehalt ist jetzt höher."
Marktforscher Andreas Heim von Nielsen IQ bezeichnet die Spirituosen-Mischgetränke in dem Bericht als wachsende Kategorie der Alkoholindustrie. Die konsumfertigen Dosen sprechen demzufolge "vor allem jüngere Zielgruppen" an.
Lücke im Alkopopgesetz?
Alkoholforscher Effertz vermutet, dass die Hersteller eine Lücke im Alkopopsteuergesetz von 2004 ausnutzen. Ihm zufolge ist auffällig, dass die neuen Mixgetränke stets einen Alkoholgehalt von mindestens zehn Prozent aufweisen. Die damalige rot-grüne Bundesregierung hatte Alkopops mit einer Strafsteuer belegt, die bis zu einem Alkoholgehalt von zehn Prozent greift. Die neuen Mischgetränke sind damit nicht von der Strafsteuer betroffen.
Effertz setzt sich für eine Reform der Alkopopsteuer ein. "Man muss den Steuertarif gleitend gestalten: Die Steuer steigt, wenn mehr Alkohol enthalten ist", sagt er in dem Bericht. Würden die Deutschen weniger Alkohol trinken, könnten Milliarden im Gesundheitssystem eingespart werden.
Das Bundesgesundheitsministerium wollte sich dem Bericht zufolge nicht zu einer möglichen Reform äußern. Eine Sprecherin verwies lediglich auf Aufklärungs- und Informationsarbeit als Instrument der Alkoholprävention. Die Spirituosenbranche weist die Kritik zurück. Sie verweist darauf, dass ihre Produkte gegenüber Bier und Wein wegen der Alkoholsteuer bereits steuerlich benachteiligt werden.
Quelle: ntv.de, chr