Catch and Release Heikles Anglerritual entzweit die Gemüter
06.09.2025, 14:17 Uhr Artikel anhören
Wer einen Fisch fängt, soll ihn eigentlich auch essen.
(Foto: picture alliance / SZ Photo)
Hinter Fangfotos von imposanten Fischen im Internet steckt auch ein Streit um eine unter Anglern umstrittene Praxis: Catch and Release. Kritiker sprechen von Tierquälerei, Befürworter von Tradition.
Die Meldungen häufen sich: In Gewässern werden rekordverdächtig große Fische gefangen. Anfang August meldeten etwa Mitglieder des Angelsportvereins Langenargen am Bodensee den Fang eines 85-Kilo-Wels' mit einer Länge von 2,43 Metern. Der Wels wurde getötet, gemessen und gewogen, das Fleisch zu Filets verarbeitet und unter den Angelsportfreunden aufgeteilt. Das Exemplar war so groß, dass die Angler den Stolz über den Fang teilen wollten - ist das harmlose Prahlerei oder schon gesetzeswidriges Vorgehen?
Fische dürfen mit dem Ziel des Fischfleischverzehrs geangelt werden, so die Gesetzeslage - die Langenarger Sportangler handelten also legal. Die Alternative dazu wäre die auch unter Anglern umstrittene Methode Catch and Release (zu Deutsch: Fangen und Freilassen). Was hat es damit auf sich?
Fische für die Follower
Der Angler zieht einen (imposanten) Fisch aus dem Wasser, hakt ihn ab, misst und wiegt ihn und lässt sich von einem Begleiter fotografieren. Meist posten die Hobbyangler ein Video oder Foto im Internet.
Laut der Tierschutzorganisation Peta ist Catch and Release die Jagd auf Fische mit dem Vorsatz, sie "in eine Falle zu locken". Sie würden als Spielzeug oder Trophäe angesehen, schreibt Peta-Sprecherin Tanja Breining. Nach dem "Aufspießen, Wiegen, Messen und Posieren vor der Kamera" werden sie wieder zurück ins Wasser entlassen. Tatsächlich gibt es viele Videos in den sozialen Netzwerken, die dies dokumentieren.
Peta betont, dass die vermeintlich tierfreundliche Praxis des "Freilassens" nicht dem Tierwohl entspreche: Das Herausnehmen des Fisches setze diesen einem enormen Stress aus. Wenn er nach Abhaken, Messen und Fotografieren wieder ins Wasser gelassen werde, sei er unter Umständen verletzt und leichte Beute für Fressfeinde.
Experte: Fisch für Verzehr angeln, nicht aber zum Spaß
Dem stimmt der Landesfischereiverband Baden-Württemberg (LFVBW) zu: "Manche Angler kennen ihre Karpfen sogar mit Namen", sagt Ingo Kramer, Fischereibiologe und Geschäftsführer beim LFVBW. Einige hätten eine Abhakmatte und lösten den Haken mit einem Spezialwerkzeug. "Auch wenn alles sachgerecht geschieht, stellt es einen Verstoß gegen das Fischereirecht dar. Man darf einen Fisch für den eigenen Verzehr angeln, nicht aber zum Spaß", bestätigt Kramer.
Es liege zwar im Ermessen des Anglers, einen Fisch auch mal ins Wasser zurückzusetzen, etwa, weil er zu klein sei. Daraus ein Ritual zu machen, sei jedoch gesetzeswidrig.
Catch and Release beschäftigt auch Gerichte
Es gibt inzwischen auch Prozesse zu diesem Vorgehen. Im Februar 2023 stand ein Angler vor dem Amtsgericht der Bodensee-Stadt Lindau, weil er einen Hecht gefangen, fotografiert und ins Wasser gelassen hatte. Es seien drei Minuten vergangen, bis der Fisch wieder frei gewesen sei, so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft.
Das Verfahren wurde allerdings eingestellt, weil ein Nachweis über die Dauer des Festhaltens nicht gelang. Der Angler musste laut einem Bericht der "Schwäbischen Zeitung" 1000 Euro ans Lindauer Tierheim zahlen.
Verhinderbar seien Fälle von Catch and Release kaum, sagt Kramer vom LFVBW. Der Verband versuche, seine Mitgliedsvereine über die tierschutzwidrige Praxis aufzuklären. Einen Rekordfang zu veröffentlichen, sei eine uralte Praxis: "Ein Angler, der einen riesigen Fisch fängt, ist stolz wie Bolle und wird dies auch mitteilen", so der Experte.
Dass die Meldungen über geangelte Riesen-Welse sich häufen, hat einen anderen Grund: Der Wels ist als wärmeresistenter Fisch ein Profiteur des Klimawandels, daher gibt es immer mehr große Exemplare.
Quelle: ntv.de, Claudia Wagner, dpa