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Mysteriöse Vorfälle häufen sich Hunderte Schülerinnen im Iran vergiftet

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Seit November wurden Hunderte Fälle von Atemnot bei Schülerinnen in mindestens drei Städten gemeldet (Archivbild).

(Foto: picture alliance / photothek)

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Seit mehreren Monaten kommt es im Iran immer wieder zu Vergiftungen von Schulmädchen. Viele von ihnen müssen mit Atemnot ins Krankenhaus eingeliefert werden. Die mysteriösen Ereignisse haben im November begonnen, als die Demonstrationen gegen die Führung in Teheran in vollem Gange waren.

Mehr als fünf Monate nach Beginn der regierungskritischen Proteste im Iran sind Dutzende Schülerinnen in der Stadt Pardis nahe Teheran aufgrund mutmaßlicher Vergiftungen ins Krankenhaus eingeliefert worden. Es seien "etliche Schülerinnen in der Chajjam-Mädchenschule in der Stadt Pardis in der Provinz Teheran vergiftet" worden, meldete die Nachrichtenagentur Tasnim. 35 Mädchen wurden demnach im Krankenhaus versorgt. In den vergangenen drei Monaten hatte es Medienberichten zufolge immer wieder ähnliche Fälle gegeben.

Die ersten Vorfälle wurden demnach bereits im November gemeldet - als die landesweiten Proteste gegen die Führung in Teheran in vollem Gange waren. Die Proteste waren durch den Tod der 22-jährigen iranischen Kurdin Mahsa Amini ausgelöst worden, die am 16. September starb, nachdem die Sittenpolizei sie in Teheran wegen eines Verstoßes gegen die strikte Kleiderordnung festgenommen hatte.

Seit November wurden Hunderte Fälle von Atemnot bei Schülerinnen in mindestens zwei anderen Städten gemeldet, darunter in der Stadt Ghom. Zuletzt waren Schülerinnen einer Mädchenschule in Borudscherd nach einem weiteren rätselhaften Vergiftungsvorfall am Sonntag ins Krankenhaus eingeliefert worden - dem vierten in der westiranischen Stadt innerhalb einer Woche.

"Frauenfeindlichen Fanatikern ein Ende setzen"

Am Dienstag beriet das Parlament in einer Sitzung über die Vergiftungsfälle. Daran nahm laut der Nachrichtenagentur Irna auch der iranische Gesundheitsminister Bahram Ejnollahi teil. Irna zitierte den Parlamentspräsidenten Mohammad Bagher Ghalibaf mit den Worten, sowohl in Ghom als auch in Borudscherd habe man es mit "Vergiftungen von Schülerinnen zu tun".

Vizepräsidentin Massumeh Ebtekar bedauerte die "Wiederholung des Verbrechens der Vergiftung von Mädchen". Sie forderte die Behörden auf, "den frauenfeindlichen Fanatikern ein für alle Mal ein Ende zu setzen".

Die mutmaßlichen Vergiftungen würden untersucht, sagte der iranische Polizeichef Ahmed-Resa Radan der Nachrichtenagentur Tasnim. Es sei die Priorität der Polizei, den Ursachen auf den Grund zu gehen, sagte er. "Bis dahin werden wir nicht beurteilen, ob es sich um eine vorsätzliche Tat handelt oder nicht." Bislang sei niemand verhaftet worden, es würden aber Verdächtige identifiziert.

Extremisten wollen Bildungsverbot für Frauen

Ein Regierungsvertreter hatte zuvor gesagt, dass mit den mutmaßlich vorsätzlichen Angriffen vermutlich die Schließung von Mädchenschulen erzwungen werden solle. Der stellvertretende Gesundheitsminister Junes Panahi sagte laut Irna, nach den Vergiftungsfällen in Ghom sei festgestellt worden, "dass einige Leute wollten, dass alle Schulen, insbesondere die Mädchenschulen, geschlossen werden".

Eltern und Aktivisten reagierten empört auf die Vergiftungen. Aktivisten verglichen die dafür Verantwortlichen mit den radikalislamischen Taliban in Afghanistan und der Dschihadistenmiliz Boko Haram in Nigeria, die Bildung für Mädchen grundsätzlich ablehnen.

Mitte Februar hatten Eltern laut Medienberichten bei einer Demonstration vor dem Gouverneursamt in Ghom eine Erklärung von den Behörden gefordert. Daraufhin erklärte Regierungssprecher Ali Bahadori Dschahromi, der Geheimdienst und das Bildungsministerium seien dabei, die Ursachen für die Vergiftungen zu ermitteln. Vergangene Woche ordnete dann Generalstaatsanwalt Mohammed Dschafar Montaseri eine gerichtliche Untersuchung an.

Quelle: ntv.de, lve/AFP

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