Mehr Aufklärung via TVImpfwerbung vor der "Tagesschau" gefordert

Das nachlassende Tempo bei der Corona-Impfkampagne bereitet der Bundesregierung Sorgen. Das Thema könnte allerdings auch noch stärker beworben werden, findet die Ärztekammer. Dabei sollen nicht nur die Öffentlich-Rechtlichen helfen, sondern auch Vereine und Glaubensstrukturen.
Der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, lehnt die Einschränkung von Freiheitsrechten für Ungeimpfte ab und fordert eine Intensivierung der Impfkampagne vonseiten der Politik. Es gehe darum, durch konsequente Aufklärung die noch Unentschiedenen zu erreichen, sagte Reinhardt der Düsseldorfer "Rheinischen Post". Gebraucht werde eine Impfkampagne, die alle erreiche: "Ich vermisse den TV-Spot zum Impfen vor der 'Tagesschau'."
Außerdem müsse direkt vor Ort informiert werden "und zwar genau da, wo die Impfbereitschaft bisher gering ist", sagte Reinhardt weiter. "Wir müssen nicht nur Sportvereine, wir müssen Kulturvereine und Glaubenseinrichtungen für die Impfkampagne mit ins Boot holen", betonte der Ärztepräsident und fügte hinzu: "Statt zu verordnen, müssen wir vor Ort sein." Jeder Erwachsene stehe "in der Verantwortung, durch seine Impfung dazu beizutragen, das Infektionsgeschehen niedrig zu halten - auch zum Schutz der Kinder." Sie seien bisher die großen Verlierer der Pandemie. "Ich warne vor einer erneuten sozialen Isolierung von Kindern und Jugendlichen, das wäre unverantwortlich", so Reinhardt.
Reinhardt warnt vor indirekter Impfpflicht
Reinhardt wandte sich zugleich gegen die Einschränkung von Freiheitsrechten für Ungeimpfte. Das käme einer indirekten Impfpflicht gleich. "Das halte ich für falsch", sagte Reinhardt. "Nicht jeder Impfwillige hat bisher ein Impfangebot wahrnehmen können. Das liegt auch an der Urlaubszeit." Er verwies zudem auf die Menschen, für die es kein Impfangebot gebe: "Kinder unter zwölf Jahren, Schwangere, Menschen mit bestimmten Erkrankungen. Diese Menschen darf man nicht vom gesellschaftlichen Leben ausschließen."
Er gehe davon aus, dass die Infektionszahlen angesichts der Lockerungen und der Verbreitung der Delta-Variante steigen werden. "Die Frage, inwieweit die erhöhten Inzidenzwerte zu einer Belastung des Gesundheitssystems führen werden, hängt aber maßgeblich von der Impfquote ab", sagte der Ärztepräsident. "Zum jetzigen Zeitpunkt ist in Anbetracht der noch nicht ausreichenden Durchimpfungsrate eine gewisse Vorsicht unverändert angemessen", betonte er.
Minister Spahn hatte sich zuletzt besorgt gezeigt über das nachlassende Tempo bei der Corona-Impfkampagne. Bis Montag hatten laut Spahn rund 35,8 Millionen Bürgerinnen und Bürger den vollen Impfschutz - dies entspricht 43 Prozent der Bevölkerung. Mindestens einmal geimpft waren 48,8 Millionen oder 58,7 Prozent. "Egal, ob auf dem Markt- oder Sportplatz, vor Kirchen, Moscheen oder im Drive-in: Wichtig sind jetzt kreative Impfaktionen vor Ort, um Unentschlossene zu erreichen", appellierte Spahn auf Twitter.