Panorama

Dürfen Kinder so aufwachsen?Italien streitet über Leben einer fünfköpfigen Waldfamilie

20.12.2025, 17:10 Uhr
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Als Landschaft sind die Abruzzen wunderschön. Zum Aufwachsen in der Wildnis auch? (Foto: picture alliance / imageBROKER)

Dürfen Kinder ohne Strom und fließendes Wasser aufwachsen? Das Schicksal einer fünfköpfigen Waldfamilie bewegt Italien. Die Behörden sind besorgt und entziehen den Eltern das Sorgerecht. Für Vize-Ministerpräsident Salvini ist das nichts anderes als eine Schande.

Das Schicksal einer fünfköpfigen Familie, die in den Abruzzen in einem abgelegenen Haus im Wald lebte, bewegt vor Weihnachten Italien. Die sogenannte Waldfamilie kann Weihnachten voraussichtlich nicht zusammen feiern: Ein Jugendgericht hat den Eltern das Sorgerecht für die Kinder entzogen. Noch scheint das letzte Wort jedoch nicht gesprochen. Anwälte der Familie sagen, das Jugendgericht sei erneut am Zug. Das berichten unter anderem der Sender Rai News und der "Corriere della Sera".

Über die Familie wird in Italien seit Wochen debattiert. Die Behörden hatten dem britisch-australischen Elternpaar angesichts der abgeschiedenen Lebensumstände im Wald im November das Sorgerecht für die drei Kinder entzogen und das achtjährige Mädchen und zwei sechsjährige Zwillingsgeschwister vorläufig in einem Heim untergebracht. Vor einem Berufungsgericht scheiterten die Eltern mit ihrem Einspruch gegen den Beschluss des Jugendgerichts von L'Aquila.

"Nur ein Wort: Schande"

Die Entscheidung des Berufungsgerichts verschärfte die Debatte erneut. "Für diese Richter gibt es nur ein Wort: Schande", schrieb etwa der Vize-Ministerpräsident und Chef der rechten Regierungspartei Lega, Matteo Salvini, auf X. "Kinder sind kein Eigentum des Staates, sie müssen mit der Liebe ihrer Mutter und ihres Vaters leben und aufwachsen können."

Sozialdienste hatten die Situation im Wald als ungeeignet für das Aufwachsen der Kinder beurteilt. Ein Argument waren die hygienieschen Umstände. Sie attestierten diesen auch eine soziale Isolation: Die Kinder gehen nicht zur Schule.

Die Kinder hatten Medien zufolge in der Betreuungseinrichtung erstmals elektrische Lichtschalter und eine Dusche gesehen. Die Eltern hatten sich bewusst für ein Leben jenseits der Konsumgesellschaft entschieden. Sie lebten in einfachsten Verhältnissen in einem Steinhaus im Wald ohne fließend Wasser und Strom. Die Mutter sieht die Kinder Medien zufolge täglich, der Vater darf sie regelmäßig besuchen.

Hoffen auf baldige Wiedervereinigung

Die Anwälte der Familie sind zuversichtlich, dass die Familie bald wieder vereint werden könnte, da die Eltern Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit Behörden und Sozialdiensten signalisierten. Das Jugendgericht müsse erneut entscheiden und die schon erzielten Veränderungen berücksichtigen.

Ein Unternehmer, der den Vater in seinem Haus aufgenommen hat, sagte der Zeitung "Repubblica", der Mann sei sehr niedergeschlagen. Er scheine über den bisherigen Lebensstil ins Nachdenken gekommen zu sein: "Ich glaube, er hat ihn in dem Moment überdacht, als er mein Haus mit eigenem Bad und allem Komfort, wenn auch umweltfreundlich, angenommen hat", sagte der Unternehmer der Zeitung.

Der Fall war ins Rollen gekommen, als die Kinder vor etwa einem Jahr mit Pilzvergiftung ins Krankenhaus kamen. Damals nahm das Jugendamt die Familie ins Visier.

Quelle: ntv.de, chr/dpa

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