Nur ein kurzlebiger Trend? Jany Tempel rechnet mit #MeToo ab
30.05.2019, 18:41 Uhr
Jany Tempel im Jahr 1995.
(Foto: imago/teutopress)
Es sind auch ihre Anschuldigungen gegen den Regisseur Dieter Wedel, die 2018 die deutsche #MeToo-Bewegung ins Rollen bringen. Nun veröffentlicht die ehemalige Schauspielerin Jany Tempel einen offenen Brief, in dem sie das Desinteresse der Medien an den Opfern hart kritisiert.
Die ehemalige Schauspielerin Jany Tempel hat sich kritisch zur #MeToo-Debatte geäußert. Eineinhalb Jahre nachdem sie im Artikel "Im Zwielicht" des "Zeit Magazins" schwere Anschuldigungen gegen den Regisseur Dieter Wedel erhoben hat, kritisiert sie den Umgang mit dem Thema in einem offenen Brief auf ihrer Website.
"Mutig habe ich damals meine zutiefst private und schmerzhafte Geschichte erzählt - und damit unzähligen Menschen aus der Seele gesprochen. Viele Betroffene meldeten sich und dankten mir. Viele Frauen schlossen sich mir an, hatten gleiche Erfahrungen mit Dieter Wedel gemacht", schreibt Tempel unter der Überschrift "512 Tage Schweigen". Inzwischen spreche so gut wie niemand mehr darüber. Auch die Vorreiterinnen in den USA, wie etwa #MeToo-Gründerin Tarana Burke und Schauspielerin Alyssa Milano, seien in Vergessenheit geraten. "Es wird über die Täter gesprochen. Weinstein, Wedel, und wie sie alle heißen", kritisiert Tempel.
"Der Metoo-Trend ist 'durch'"
Im Rahmen der Ermittlungen in ihrem Fall habe sie zu den Reaktionen, die ihre Enthüllung Anfang 2018 auslösten, geschwiegen. Tempel schildert das als Belastung: "Mir wurde einerseits Schweigen auferlegt, andererseits musste ich zermürbende Anhörungen bei der Kripo über mich ergehen lassen."
Tempel sieht auch die Medien in der Verantwortung und kritisiert den Umgang mit der Debatte: "Wir leben in einer Zeit der Trends. Der Metoo-Trend ist 'durch', sagt man mir. Was mir und den anderen geschehen ist, scheint schon wieder egal zu sein." Mit ihrem offenen Brief wolle sie "mein auferlegtes Schweigen" brechen: "Wie sollen wir Vertrauen gewinnen, einen Übergriff zu melden, wenn danach scheinbar nichts passiert?"
Dieter Wedel bestreitet bis heute alle Vorwürfe. Tempels Brief endet kämpferisch: Sie wolle weiter alle Details preisgeben, schreibt sie, und bittet um Unterstützung. Gewalt und Missbrauch, die hinter verschlossenen Türen stattfänden, dürften nicht länger verschwiegen und toleriert werden.
Quelle: ntv.de, fhe/spot