"Das ist zerstörerisch"Kardinal Müller empört mit Nazi-Vergleich

Immer wieder stellt sich Kardinal Müller gegen den Modernisierungsprozess der katholischen Kirche in Deutschland. Bei einem Treffen kritisiert er nun die Entscheidungsfindung des Synodalen Wegs - und vergleicht sie mit dem 1933 von den Nationalsozialisten erlassenen Ermächtigungsgesetz.
Der deutsche Kardinal Gerhard Ludwig Müller hat die Entscheidungsfindung beim Synodalen Weg der katholischen Kirche mit dem Ermächtigungsgesetz der Nationalsozialisten verglichen und damit Empörung ausgelöst. "Wer den Synodalen Weg mit dem Ermächtigungsgesetz der Nazis von 1933 vergleicht, hat entweder keine Ahnung von Geschichte oder handelt mutwillig jegliche Debatte vergiftend", schrieb der Jesuitenpater und langjährige Redaktionsleiter von Radio Vatikan in Rom, Bernd Hagenkord, in seinem Blog.
Müller hatte dem erzkonservativen Portal LifeSizeNews erklärt: In einem "selbstmörderischen Prozess" habe bei dem Reformvorhaben der Kirche in Deutschland die Mehrheit entschieden, dass ihre Entscheidungen gültig seien, "auch wenn sie der katholischen Doktrin widersprechen". "Dies ist vergleichbar mit der Situation, in der die Weimarer Verfassung durch das Ermächtigungsgesetz aufgehoben wurde. Eine selbsternannte Versammlung, die weder von Gott noch vom Volk autorisiert ist, das sie vertreten soll, hebt die Verfassung der Kirche göttlichen Rechts auf", so der ehemalige Präfekt der Glaubenskongregation des Vatikans.
"Das genaue Gegenteil von bewahren"
"Bei Nazi-Vergleichen von Christen gegen Christen hört es auf", schrieb Hagenkord, der beim Synodalen Weg geistlicher Begleiter ist. Müller sei "destruktiv". "Das ist nicht konservativ, bewahrend. Das ist zerstörerisch, und das ist das genaue Gegenteil von bewahren." Die katholische Kirche in Deutschland hat den Reformprozess als Konsequenz aus dem Missbrauchsskandal gestartet. Dabei geht es um heikle Themen wie Pflichtzölibat, Sexualmoral und die Rolle der Frauen.
Müller war bis Sommer 2017 Chef der mächtigen Glaubenskongregation im Vatikan, bis Papst Franziskus seinen Vertrag überraschend nicht verlängerte. Seitdem fällt der Deutsche immer wieder mit Kritik an Franziskus und jeder Modernisierung der Kirche auf. Das Ermächtigungsgesetz war ein wesentlicher Schritt zur Errichtung der Nazi-Diktatur. Der Reichstag übertrug Hitlers Regierung damit im März 1933 so wesentliche Vollmachten, dass sich die Republik damit gleichsam selbst abschaffte.
Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki, ebenfalls ein scharfer Kritiker des Synodalen Wegs, hatte kürzlich auch schon eine Parallele zur Nazizeit gezogen. In seiner Predigt am Dreikönigstag sagte er am 6. Januar im Kölner Dom, der Glaube berge eine "überzeitliche Wahrheit", die nicht dem Zeitgeist geopfert werden dürfe. Eine "gleichgeschaltete Kirche" nütze niemandem. Mit dem Begriff "Gleichschaltung" wird für gewöhnlich die Abschaffung der Meinungsfreiheit und des Pluralismus bei der Umwandlung der Weimarer Republik in die Nazi-Diktatur im Jahr 1933 bezeichnet.