Panorama

Ermittlungen im Mordfall LenaKlinik weist Kritik zurück

05.04.2012, 17:04 Uhr
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Die Suche nach der Tatwaffe im Emder Wallgraben war bisher erfolglos. Angeblich handelt es sich um ein Messer. (Foto: dpa)

Nach der Polizei steht auch die psychiatrische Klinik in der Kritik, in der sich der mutmaßliche Mörder von Lena behandeln ließ. Die Klinik weist das weit von sich: Gewaltpotential sei nicht zu erkennen gewesen. In Emden wird derweil debattiert, wie der falsche Verdächtige von vergangener Woche entschädigt werden kann.

Obwohl die pädophile Neigung des mutmaßlichen Mörders von Lena bekannt war, hat niemand das spätere Verbrechen verhindert. Der Chefarzt der Psychiatrie, in der der junge Mann vor der Tat behandelt wurde, wies eine Mitverantwortung zurück. Er sieht eine "Lücke im System".

Pannen im Fall Lena gravierendDer junge Mann hatte am vergangenen Wochenende zugegeben, die elfjährige Lena am 24. März getötet zu haben. Zur Todesursache macht die Polizei weiter keine Angaben "Das ist Täterwissen, deshalb äußern wir uns dazu nicht, auch nicht zu einer möglichen Tatwaffe", sagte eine Sprecherin. Der "Focus" berichtet, das Mädchen sei offenbar zuerst vergewaltigt und dann erwürgt worden. Der Täter habe erst auf Lena eingestochen, als sie bereits tot war.

"Kein Gewaltpotenzial zu erkennen"

Der 18-Jährige hatte sich im vergangenen Jahr freiwillig in Therapie begeben und anschließend im November wegen des Besitzes von kinderpornografischen Materials und des Anfertigens von Nacktfotos einer Siebenjährigen selbst bei der Polizei angezeigt.

Während seiner psychiatrischen Behandlung im vergangenen September und November soll sich der damals 17 Jahre alte Jugendliche unauffällig verhalten haben. "Es war kein Gewaltpotenzial zu erkennen. Sonst hätten wir ihn nicht entlassen", sagte der leitende Mediziner der Aschendorfer Kinder- und Jugendpsychiatrie, Filip Caby, der "Neuen Osnabrücker Zeitung". "Wir machen uns keine Vorwürfe." Die Therapie sei regulär beendet worden, sagte Caby. "Das Ziel war unter anderem, dass eine Selbstanzeige erfolgt."

Ermittlungen gegen Polizeibeamte

Bis zur Festnahme des Verdächtigen wegen des Mordes an Lena bearbeiteten die zuständigen Beamten den Fall aber nur schleppend. Gegen vier Polizeibeamte laufen inzwischen interne Ermittlungen. Die Eltern des 18-Jährigen hatten sich bereits 2010 bei Jugendamt und Polizei gemeldet, ohne nachhaltigen Erfolg. Die Staatsanwaltschaft leitete ein Ermittlungsverfahren gegen zwei Beamte wegen des Verdachts der Strafvereitelung im Amt ein.

Der Kriminologe Christian Pfeiffer nahm die Beamten in Schutz: Diese hätten schon "Röntgenaugen" haben müssen, um die Gefährlichkeit des Verdächtigen zu erkennen, sagte er der in Hannover erscheinenden "Neuen Presse". Auch eine rechtzeitige Hausdurchsuchung bei dem 18-Jährigen hätte den Mord wahrscheinlich nicht verhindert, denn dabei hätten die Beamten nur Beweise für das Sammeln von Kinderpornografie gesucht.

Entschädigung für falsch Verdächtigten?

Die Stadt Emden sucht unterdessen nach Wegen, um dem ursprünglich und zu Unrecht Verdächtigten zu helfen. 75 Euro Entschädigung für ihn hält der Berliner Anwaltverein für viel zu gering: Die dauerhafte Rufschädigung und der entstandene seelische Schaden ließen sich so nicht wiederherstellen. Aus Solidarität für den inzwischen 18-Jährigen hatten sich am Mittwochabend rund 200 Menschen vor dem Emder Bahnhof versammelt.

Quelle: ntv.de

Christian PfeifferKindstötung