Mehr als 600 Festnahmen Krawalle in Frankreich weiten sich aus
30.06.2023, 01:42 Uhr
Nicht nur in Nanterre brannten in der Nacht Autos und Barrikaden.
(Foto: REUTERS)
Nach dem Tod eines 17-Jährigen durch eine Polizeikugel erlebt Frankreich die dritte Krawallnacht in Folge. In Nanterre kommt es im Anschluss an einen Trauermarsch für den Jugendlichen zu Straßenschlachten, auch in anderen Städten versuchen Spezialeinheiten die Lage in den Griff zu bekommen.
Im Großraum Paris und weiteren französischen Städten versucht die Polizei in der Nacht mit einem massiven Aufgebot, erneute Krawalle nach dem Tod eines Jugendlichen bei einer Polizeikontrolle zu verhindern. Seit dem Abend fahren im Großraum Paris keine Busse und Straßenbahnen mehr, im acht Kilometer vom Pariser Stadtzentrum entfernten Clamart gilt eine nächtliche Ausgangssperre bis Montag. In etlichen Städten kommt es dennoch erneut zu Auseinandersetzungen. Wie Innenminister Gérald Darmanin mitteilte, seien bislang 667 Menschen festgenommen worden, 249 Beamte wurden bei den Krawallen verletzt . Landesweit sollen 40.000 Polizisten im Einsatz sein, es ist die dritte Krawallnacht in Folge.
In Nanterre bei Paris, wo der 17-Jährige am Dienstag ums Leben gekommen war, setzten Randalierer am Abend eine Bankfiliale in Brand, die Flammen griffen auf ein darübergelegenes Wohngebäude über. Die Feuerwehr löschte den Brand, ohne dass Menschen zu Schaden kamen.
Zuvor hatte es in Nanterre einen Trauermarsch für den erschossenen Jugendlichen gegeben, zu dem seine Mutter aufgerufen hatte, der Polizei zufolge nahmen 6200 Menschen daran teil. Sie hielten eine Schweigeminute ab. Später kam es zu Auseinandersetzungen zwischen Protestierenden und der Polizei. Die Beamten wurden mit Molotow-Cocktails beworfen, die Polizei überwachte die Lage mit Hubschraubern und zog Spezialkräfte zusammen.
In der Hafenstadt Marseille gerieten Hunderte Protestierende mit der Polizei aneinander, Geschäfte wurden geplündert und 14 Menschen festgenommen. In Lille, Lyon, Nantes, Rennes und in Bordeaux kamen Spezialeinheiten der Polizei zum Einsatz. In Grenoble wurde ein Bus mit Feuerwerkskörpern beschossen und die Beschäftigten der Verkehrsbetriebe legten daraufhin die Arbeit nieder.
Randale greifen auf Belgien über
Die Proteste griffen auch auf das benachbarte Belgien über. In der Hauptstadt Brüssel gab es Randale, die Polizei berichtete von zehn Festnahmen. Jugendliche hätten sich ein Katz-und-Maus-Spiel mit den Ordnungskräften geliefert und es habe mehrere Brände gegeben. Wie die Brüsseler Verkehrsgesellschaft auf Twitter mitteilte, wurde ein Teil des öffentlichen Personennahverkehrs eingestellt. Belgische Medien zeigten Bilder eines brennenden Autos und von Polizisten in Kampfmontur. Laut Polizei hatten Jugendliche in sozialen Netzwerken dazu aufgerufen, sich als Reaktion auf den Tod des 17-Jährigen in Frankreich zu versammeln.
Eine Motorradstreife hatte den 17-Jährigen am Dienstagmorgen in Nanterre am Steuer eines Autos gestoppt. Als der junge Mann plötzlich anfuhr, feuerte ein Polizist seine vorgehaltene Waffe aus nächster Nähe durch das Fahrerfenster ab. Gegen den Beamten wurde am ein förmliches Ermittlungsverfahren wegen Totschlags eingeleitet, er kam in Untersuchungshaft. Der Einsatz der Waffe bei der Kontrolle war nicht gerechtfertigt, hieß es von der Staatsanwaltschaft. Die Beamten hätten den Jugendlichen anhalten wollen, weil er jung ausgesehen habe und in einen Mercedes mit polnischem Kennzeichen auf einer Busspur unterwegs gewesen sei.
Quelle: ntv.de, ino/dpa