Fehlende Beweislast für TötungKuh "Verona" ist unschuldig

Der Prozess um den Tod einer Spaziergängerin im Jahr 2011 endet mit einem Freispruch. Das Skurrile an dem Fall: Die mutmaßliche Täterin "Verona" ist eine Kuh. Der neu aufgerollte Fall rettet nun ihre Halterin.
Der Prozess um einen mutmaßlichen tödlichen Kuh-Angriff ist ohne Verurteilung zu Ende gegangen. Das Amtsgericht Dillenburg war nicht davon überzeugt, dass das Tier im August 2011 im hessischen Greifenstein eine Spaziergängerin angegriffen und getötet hat. "Wir haben einige Indizien, die auf 'Verona' verweisen", sagte der Vorsitzende Richter Michael Heidrich. Doch aus Sicht des Gerichts blieben zu viele Ungereimtheiten, um die "Täterschaft" der Kuh zweifelsfrei festzustellen. Also sprachen die Richter deren Halterin vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung frei.
Die 57 Jahre alte Spaziergängerin war tot auf einer Wiese gefunden worden. Sie starb durch "stumpfe Gewalteinwirkung eines größeren Tieres, wahrscheinlich eines Rindes", fasste der Vorsitzende die Erkenntnisse der Gerichtsmediziner zusammen. Zwar gebe es Hinweise, dass "Verona" die Frau attackiert haben könnte. Die Kuh war zuvor ausgerissen und die Angeklagte soll nicht genug getan haben, um sie wieder einzufangen.
Zudem hatte "Verona" ein neu geborenes Kalb dabei und könnte - so die Sicht der Anklage - getrieben vom Mutterinstinkt die Spaziergängerin angegriffen haben. Möglicherweise fühlte sich "Verona" vom Hund der Frau bedroht. Allerdings: "Das ist keine zwingende Schlussfolgerung", betonte der Vorsitzende. Zumal nicht ausgeschlossen werden könne, dass andere Kühe oder auch Bullen für die Verletzungen verantwortlich seien.
Auch Staatsanwaltschaft fordert Freispruch
Das Gericht beschäftigte sich bereits zum zweiten Mal mit dem Fall. Im ersten Prozess im Jahr 2013 war die heute 63 Jahre alte Angeklagte - und damit quasi auch "Verona" - schuldig gesprochen worden. Damals gab es auch deshalb keine Zweifel, weil Gen-Spuren an der Kleidung der Toten allein der Kuh zugeordnet wurden. Hinweise auf ein anderes Rind gebe es nicht, meinte ein Gutachter damals. Wegen formaler Mängel ordnete das Oberlandesgericht Frankfurt dann jedoch ein neues Verfahren an.
Auf Initiative der Verteidigung wurden zudem die sichergestellten Spuren erneut und mit feineren Methoden untersucht - was zur Wende im neuerlichen Prozess beitrug. Denn neben "Veronas" DNS konnten Experten nun auch Spuren von mindestens zwei weiteren, bislang unbekannten Rindern sicher nachweisen. Auch für die Staatsanwaltschaft blieben Zweifel, weswegen sie ebenso wie die Verteidigung Freispruch für die Angeklagte forderte.
Nach Ansicht der Nebenklage sprach dagegen genug für einen Angriff "Veronas". Die angeklagte Landwirtin betonte, sie belaste der Fall und es tue ihr leid, dass die Spaziergängerin so tragisch gestorben sei. Sie sei sich aber zu "99 Prozent sicher, dass es meine Kuh nicht gewesen ist". Nach Informationen des Verteidigers soll "Verona" mittlerweile auf einem Gnadenhof leben.