Prozession und Kräuterbuschen Mariä Himmelfahrt - ein besonderer Tag in Bayern
15.08.2023, 10:30 Uhr Artikel anhören
Eine Marienfigur steht nahe der Wallfahrtskirche Maria Vesperbild hinter brennenden Kerzen.
(Foto: picture alliance/dpa)
Immer wieder hört man, Bayern habe so viele Feiertage mehr als die anderen Bundesländer, mindestens drei. Doch in Wahrheit sind es fast zehnmal so viele. Einer davon ist Mariä Himmelfahrt am 15. August. An diesem Tag steht traditionell eine besondere Prozession an und beginnt der "Frauendreißiger".
Wer an diesem Dienstag durch Bayern fährt, könnte sich wundern: Die meisten Geschäfte sind zu, kaum jemand arbeitet. In Österreich, Liechtenstein und Teilen der Schweiz das gleiche Bild. Denn der 15. August ist ein Feiertag, den viele Menschen in Deutschland nicht kennen: Mariä Himmelfahrt. Deswegen wird in 83 Prozent der bayerischen Dörfer und Städte am 15. August nicht gearbeitet, und zwar dort, wo mehr katholische als evangelische Christen leben. Kurios: Das gilt auch in München, wo nur ein Viertel der Bevölkerung der katholischen Kirche angehört. Aber noch weniger Menschen sind dort evangelisch. Auch im Saarland, dem deutschen Bundesland mit den meisten gesetzlichen Feiertagen, haben die Menschen an Mariä Himmelfahrt frei.

Mädchen in Tracht tragen an Mariä Himmelfahrt ihre Kräuterbuschen in die Kirche.
(Foto: picture alliance / dpa)
Christlicher Feiertag ist Mariä Himmelfahrt seit dem 5. Jahrhundert. Da beschloss Bischof Kyrill von Alexandrien, einen alten römischen Festtag für die christliche Kirche zu "kapern". Gefeiert wird an diesem Tag die leibliche Aufnahme in den Himmel von Maria, also der Mutter von Jesus Christus. Im neuen Testament wird dieses Ereignis zwar nicht erwähnt, dennoch gilt die Himmelfahrt Mariens seit 1950 in der katholischen Kirche als Dogma, also als unumstößliche Tatsache. Das legte damals Papst Pius XII. fest.
In Bayern ist der 15. August ein besonderer Tag. An diesem Tag beginnt der "Frauendreißiger". In vielen Kirchen treffen sich danach 30 Tage lang Gläubige zu Gebeten und anschließenden Prozessionen. Der 15. August gilt aber auch als Beginn der Erntezeit, und die steht unter besonderem Schutz der Jungfrau Maria. In den 30 Tagen nach dem 15. August haben früher die Frauen der Familie Heilkräuter gesammelt, die dann besonders viel Heilkräfte haben sollen, in manchen Dörfern gilt dieser Brauch noch heute. Vorher werden die Kräuter während des Gottesdienstes an Mariä Himmelfahrt gesegnet. Sie werden am Abend vor dem Fest gesammelt und zu Bündeln gebunden, die man "Kräuterbuschen" nennt. Die können je nach Landstrich bis zu 99 verschiedene Kräuter enthalten, die auf eine ganz besondere Art gebunden werden müssen. Nach der Segnung werden die Buschen im Haus aufbewahrt, früher durften sie ausschließlich im Herrgottswinkel hängen. In einigen Landstrichen werden einzelne Kräuter bei Gewitter ins Feuer geworfen, um vor Blitzschlag zu schützen.
Lichterprozession im Wallfahrtsort
Ein besonderes Ereignis gibt es an diesem Tag im bayerischen Regierungsbezirk Schwaben. Dort liegt der Wallfahrtsort Maria Vesperbild, der zur Gemeinde Ziemetshausen gehört, in der Nähe von Günzburg gelegen. Maria Vesperbild gilt als "Hauptstadt Mariens". Sie dürfte mit ihren 34 Einwohnern zu den kleinsten Hauptstädten der Welt gehören. Jedes Jahr pilgern rund 500.000 Menschen zu diesem Wallfahrtsort.
Bekannt ist Maria Vesperbild durch die Fatima-Grotte. Benannt wurde sie nach einer Stadt in Portugal, in der drei Hirtenkindern im Jahr 1917 eine weiße Dame erschienen sein soll, und zwar mehrere Male. Die katholische Kirche wertet das als Marienerscheinungen.
Ob man das nun glaubt oder nicht, darauf kommt es bei der Prozession nicht an. Sie beginnt am Abend um 19 Uhr mit einem Pontifikalamt, das diesmal der ehemalige Privatsekretär von Papst Benedikt XVI., Kurienbischof Georg Gänswein, feiert. Der Höhepunkt des Abends ist jedoch die Lichterprozession, an der jedes Jahr mehrere Tausend Menschen teilnehmen. Tausende von Kerzen erleuchten den Weg, der durch einen dunklen Fichtenwald führt. Unterwegs singen die Teilnehmer Lieder, manche beten. Man muss nicht religiös sein, um von dieser Prozession beeindruckt zu sein.
Bayern - Land der Feiertage
Auch wenn das Saarland in Wahrheit die meisten gesetzlichen Feiertage in Deutschland hat, so ist Bayern das Land mit den meisten Feiertagen überhaupt – nur dass die meisten auf einen Sonntag fallen. Das geht angeblich auf eine alte Regel aus der Zeit zurück, in der Bayern noch ein Königreich war. Das Land war damals landwirtschaftlich geprägt und die Mägde und Knechte auf den Bauernhöfen hatten eine Sieben-Tage-Woche. Es gab nur eine Ausnahme: An Feiertagen hatten sie frei, vor allem, um am Vormittag die Kirche zu besuchen. Damit sie das am Sonntag auch tun konnten, beschloss die katholische Kirche in Bayern, so viele Sonntage wie möglich zu kirchlichen Feiertagen zu erklären. Damit die Bauern als Arbeitgeber nicht ganz in die Röhre schauten, legte die Kirche in die Erntezeit ein paar Feiertage weniger.
Mittlerweile regeln die IG BAU und der Gesamtverband der deutschen land- und forstwirtschaftlichen Arbeitgeberverbände Lohn und Arbeitszeiten der Beschäftigten in der Landwirtschaft, die schon lange nicht mehr Mägde und Knechte genannt werden. Doch die kirchlichen Feiertage am Sonntag gibt es noch immer.
Quelle: ntv.de