Panorama

Sexy, kuschlig, nachhaltig Die Frau, die Mode nur auf Bestellung produziert

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Rosa - nicht immer im Angebot. Aber vielleicht im nächsten Jahr wieder.

Rosa - nicht immer im Angebot. Aber vielleicht im nächsten Jahr wieder.

(Foto: Beate Hansen)

Fragen Sie sich auch manchmal, wo die ganzen Klamotten hin verschwinden, die zu traurigen Ladenhütern werden? Oder einfach zu viel sind? Die Sehnsucht nach Nachhaltigkeit ist groß, doch wie umsetzen? Die Wahlschweizerin Sabine Parenti hat das schon vor längerer Zeit erkannt und produziert "on demand".

Diese Frau weiß, was sie will. Und die anderen Frauen wissen es auch: Wenn Sabine Parenti ihre neue Kollektion präsentiert, dann gibt es kein Halten mehr, dann stehen Frauen, und manchmal ein paar Männer, Schlange, um die zweimal im Jahr erscheinende Kollektion anzuprobieren. Das mit der Schlange stimmt nicht ganz, denn zu gut ist das alles organisiert, und zwar folgendermaßen: Frau geht in einen Pop-up-Store, sucht sich sehr ausgewählte Einzelteile, die sehr ordentlich auf den Bügeln hängen, aus, und bestellt das gute Stück, ganz nach ihren Vorstellungen. In vielen bunten Farben, aber auch ganz sleek in Weiß und Schwarz. Mal klassisch, mal trendy. Die Formen: Lang, kurz, V-Ausschnitt, Rundhals, U-Boot. Jacken, Kleider, in schmal, breit, mit Knöpfen, mit dicken Nähten, Fransen, schlicht, ohne, wie es euch gefällt.

Kaschmir für alle. Für immer. Wenn die Motten keinen Strich durch die Rechnung machen.

Kaschmir für alle. Für immer. Wenn die Motten keinen Strich durch die Rechnung machen.

(Foto: Beate Hansen)

"Ich hätte gern den kurzen Pulli mit Rollkragen in Creme, in Größe M, den mit den weiten Ärmeln." Nicht die engeren Ärmel? Nicht die kürzeren? "Nein, die weiteren." Kein Problem. "Und den Zitronengelben, den nehme ich für meine Tochter mit. In XS." Auch kein Problem - selbst, wenn es der einzige Pullover dieser Art in XS sein wird, der produziert werden muss.

"Wegwerfen ist schrecklich"

Sabine Parenti hat sich ein Verkaufsprinzip zu eigen gemacht, das luxuriös klingt (und es auch ist), dennoch aber nachhaltig ist wie nichts anderes, was an der Stange hängt: Sie lässt nur das produzieren, was bestellt wird. Kein Überfluss, kein Ausschuss. "Wegwerfen finde ich ganz schrecklich", sagt sie, die bei Helmut Lang und Joop ihr Handwerk gelernt hat. "Was nützt es, wenn ich zwar nachhaltig und in Bio-Qualität produziere, dann aber trotzdem Teile übrig bleiben? Das widerstrebt mir."

Und damit spricht sie den meisten Verbrauchern aus der Seele: Fashion ist nach den Lebensmitteln der Konsumbereich, in dem die meisten Menschen auf Nachhaltigkeit achten. In Umfragen geben 80 bis 90 Prozent der deutschen Konsumentinnen und Konsumenten an, es sei ihnen wichtig oder sogar sehr wichtig, dass die Kleidung, die sie kaufen, umweltfreundlich und fair hergestellt wurde.

Sabine Parenti findet, dass weniger manchmal einfach mehr ist.

Sabine Parenti findet, dass weniger manchmal einfach mehr ist.

(Foto: Agi Simoes)

Aber lohnt sich der Aufwand, dann das Risiko eingehen zu müssen, tatsächlich nur ein einziges Stück produzieren zu lassen? Die Antwort liegt auf der Hand und lautet "ja" - die Parentis-Kollektionen sind so erfolgreich, dass die Unternehmerin über Expansionen in weitere Städte, Länder und sogar Kontinente nachdenkt - Dubai, Istanbul und Kairo stehen auf dem Programm. "Ich bin ein zielgerichteter Typ, auch, wenn es manchmal schwieriger oder aufwendiger ist", erzählt die studierte Kunsthistorikerin, "aber am Ende zählen das Produkt und die Qualität."

Und die versucht, die in Düsseldorf geborene Wahl-Schweizerin auf jeden Fall zu halten. Das war in der Corona-Zeit nicht einfach, denn es wurde nun mal nicht produziert, Handelsketten waren unterbrochen, Besuche vor Ort an den Produktionsstätten waren nicht möglich, weniger eingekauft wurde auch, "es gab ja keine Showrooms", so Parenti. Inzwischen läuft aber alles wieder seinen gewohnten Gang.

"Lange glücklich, das ist das Ziel"

Hat sie also die Nachhaltigkeit erfunden? "Nein", lacht sie, "aber ich mache das jetzt so seit fast zwanzig Jahren, und damals haben die wenigsten das Wort überhaupt gekannt. Es hat sich bis zu einem gewissen Grad so ergeben." Es gibt die Kollektionen nur zweimal im Jahr, im Sommer und im Winter, 50 Teile. Angefangen hat sie mit fünf Modellen in drei Farben.

Sexy, kuschelig und nachhaltig gleichzeitig - wer kann das schon?

Sexy, kuschelig und nachhaltig gleichzeitig - wer kann das schon?

(Foto: Beate Hansen)

Gefertigt wird an drei Standorten in China mit zertifizierten Fäden aus der Mongolei. Bei den dickeren Qualitäten greift Parenti auf Garne aus Italien zurück, und die ganz "groben" guten Stücke mit Zopfmuster werden in Bayern von Hand gestrickt. Für die Seide ist sie nach Shanghai gefahren, "dort lasse ich in der Nähe produzieren", die Baumwolle stammt aus Portugal, und wenn Leder zum Einsatz kommt, dann ist es aus der Türkei.

In den Showrooms sind die Parentis-Repräsentantinnen dann für ein paar Tage die Ansprechpartnerinnen und beraten ihre Kundinnen. "Wir schwatzen niemandem etwas auf, wir wollen schließlich, dass die Leute in der nächsten Saison wiederkommen und lange glücklich sind mit ihrer Kleidung", sagt Sabine Parenti im Gespräch mit ntv.de.

Von Kopf bis Fuß in Seide - funktioniert fast zu jeder Jahreszeit.

Von Kopf bis Fuß in Seide - funktioniert fast zu jeder Jahreszeit.

(Foto: Beate Hansen)

"Das, was ich immer wollte"

Parenti achtet auf ihre Lieferanten, die Ketten, die Wege, es ist ihr einfach wichtig, dass fair produziert wird. Dieses Wort, "fair", kommt im Gespräch immer wieder vor. Ihr direkter Mitarbeitendenstab ist überschaubar, einen Laden oder ein großes Lager braucht sie nicht - deswegen sind die Preise, wenn auch nicht günstig, so doch im Vergleich erschwinglich. Fair eben. "Das ist das, was ich immer wollte", sagt die Mutter von erwachsenen Söhnen und Töchtern, "sich etwas Schönes zu leisten, ohne gleich bankrottzugehen". Aus der Idee "designen, produzieren, verkaufen" ist ein international erfolgreiches Unternehmen geworden. Die Agentinnen, die ihre Kreationen in den einzelnen Städten verkaufen, verfügen über ein großes Netzwerk - und das gewisse Gespür für ihre Kundinnen, die im besten Fall selbst Mundpropaganda betreiben.

Parenti, groß, schlank, blond, in der Schweiz zu Hause und vom Typ einer Jil Sander nicht unähnlich, lässt sich auch mal von einem Küchenhandtuch oder einer Gardine inspirieren. Und dann wird gemixt: Farben, Styles, Muster, Material. Seide blitzt oben und unten aus dem Pullover, schwere Schuhe komplettieren eine feine Hose, wer es klassisch mag, nimmt das übliche Blau, Schwarz und Grau; die anderen lassen sich von dem verführen, was in Sabine Parentis Kopf an Ideen stattgefunden hat. Und kombiniert das, was aus der letzten - und der vorletzten - Saison dazu passt.

Was wünscht sie sich für die Zukunft? "Dass die Töchter - und gern auch die Söhne - die Sachen aus dem Schrank ihrer Eltern stibitzen und ein Bewusstsein für Qualität aufbauen. Die jungen Leute sind oftmals bereits wählerischer und kaufen viel klüger - und auch weniger - als wir früher, das freut mich." Designen, aussuchen, produzieren - ein Prinzip, das noch viel mehr Schule machen sollte.

Quelle: ntv.de

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