"Es ist Wildwest" Preise für Schutzmaterial explodieren
30.03.2020, 05:04 Uhr
In China ist die Produktion von Schutzmasken wieder angelaufen. Bis sich das bemerkbar macht, dürfte es aber noch eine Weile dauern.
(Foto: imago images/ULMER Pressebildagentur)
Vor ein paar Wochen waren Schutzmasken noch Cent-Artikel. Jetzt werden zweistellige Euro-Beträge aufgerufen - pro Stück. Und wenn die Käufer Pech haben, sind die teuren Materialien gar nicht zu gebrauchen.
Der in der Corona-Krise drastisch gestiegene Bedarf an Schutzkleidung in den medizinischen Einrichtungen in Deutschland hat laut einem Medienbericht zu einer "Preisexplosion" geführt. So sei etwa der Einkaufswert für hochwertige sogenannte FFP2-Atemschutzmasken innerhalb weniger Tage um 3000 Prozent von 0,45 auf 13,52 Euro pro Stück gestiegen, gegeben, berichten NDR, WDR und "Süddeutsche Zeitung", die gemeinsam zu dem Thema recherchiert haben.
Auf dem Markt für medizinische Schutzkleidung herrschten demnach "Chaos" sowie zunehmend auch unseriöse Praktiken. "Es ist Wildwest. Jeder versucht jetzt, sich zu bereichern, die Not der Krankenhäuser auszunutzen", sagte Olaf Berse, Geschäftsführer von Clinicpartner, einer bundesweiten Einkaufsgemeinschaft für Krankenhäuser, Alten- und Pflegeeinrichtungen. Die Angebote seien zum Teil regelrecht kriminell. Filter seien nicht funktionsfähig, die Zertifikate gefälscht. Dies gefährde Patienten und Personal. Die Gewerbeaufsicht in Niedersachsen warnt den Berichten zufolge vor einem Fall von Betrug durch einen fiktiven Arzneimittelgroßhändler aus Bremen. Die Firma verschicke ein gefälschtes Zertifikat.
Der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach sieht den Staat in der Pflicht, bei der Versorgung mit medizinischer Schutzkleidung Abhilfe zu schaffen. "Das ist nichts, was der Markt auch nur im Ansatz lösen könnte", sagte Lauterbach dem Rechercheverbund. Er forderte die Schaffung einer Bundesagentur, die Firmen in Deutschland mit der Produktion beauftragt.
In China ist die Produktion inzwischen wieder angelaufen. Das ändere aber bislang nichts an der völlig unzureichenden Versorgungslage im deutschen Gesundheitssystem, schreibt der NDR. Manchen Kliniken gehe das Material schon jetzt aus, Arztpraxen und Pflegedienste fürchteten, ihre Patienten bald nicht mehr behandeln zu können. In vielen Einrichtungen nähe das Personal sich die Schutzmasken bereits selbst.
Quelle: ntv.de, ino/AFP