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Mystik oder Marotte?Räuchern in den Raunächten

29.12.2025, 12:38 Uhr dff697a9-ec36-4d60-a8dd-b9e0363450ecVon Sabine Oelmann
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Weg mit all dem Bösen und her mit neuen Ideen und Kraft: In den Raunächten soll vieles möglich sein. (Foto: dpa)

In Gärten, in der Küche, auf Instagram und Tiktok - überall sieht man kokelnde Menschen, was machen die denn da? Sie zelebrieren die Raunächte, die Tage zwischen Weihnacht und Dreikönig, denn die gelten seit jeher als mystische Zeit. In diesen Nächten sollen auch unheimliche Wesen unterwegs sein.

Nun gut, wenn man nachts in Berlin unterwegs ist, dann müsste demzufolge jede Nacht Raunacht sein, denn unheimliche Wesen gibt es zuhauf. Gemeint ist aber was anderes, wenn es um die Zeit "zwischen den Jahren" geht. Man kommt sich fast vor wie eine totale Ignorantin, wenn man nicht mindestens ein Foto auf Insta und Co. hochlädt, auf dem man geheimnisvoll in die Kamera schaut und mit einem Räucherstäbchen wedelt.

Nun, da Weihnachten erfolgreich hinter uns liegt, heißt es: Mythologie pur! Brauchtum ist angesagt, und in Zeiten wie diesen kann man nicht genug Geister beschwören oder aus dem Zuber zaubern, um das Böse zu vertreiben. Großmütter werden zitiert - und in der Nachbetrachtung gibt es wirklich kaum eine Großmutter, die nicht weise war - mit Tipps wie: "Bloß keine Wäsche in den Raunächten raushängen und das Wasser abdecken, damit sich keine bösen Geister darin verfangen!"

Denn wenn die Zeit in den Tagen und Nächten zwischen den Jahren scheinbar innehält, beginnt eine Phase voller Mythen. Die Nächte von Weihnachten bis zum Dreikönigsfest gelten seit Jahrhunderten als besondere Schwellenzeit – als Raunächte, in denen auch das Unheimliche seinen Platz hat.

Loslassen und Neubeginn

In den Raunächten, so erzählten sich früher die Menschen, seien böse Geister, ruhelose Seelen und wilde Gestalten in der Dunkelheit unterwegs. Und da es nunmal alle lieben zu kokeln, greifen wir zu einem Mittel, um uns gegen innere und äußere Kälte und böse Geister zu schützen - das schon in vorchristlicher Zeit praktizierte Räuchern: Die Menschen saßen damals in ihren Stuben ohne Heizung zusammen, erzählten sich Märchen und räucherten. Und entweder warfen sie die Räucherkräuter ins offene Feuer oder auf glühende Kohlenstücke, die sich in Schalen befanden. Auch die Ställe seien ausgeräuchert worden, um das Vieh zu schützen.

Je nach Überlieferung beginnen die Raunächte an Weihnachten oder zur Wintersonnenwende am 21. Dezember. Aber nicht nur in den Raunächten, sondern an allen wichtigen Festen im Jahreskreis räucherten Kelten und Germanen, um ihre Gottheiten milde zu stimmen. Dazu nahm man Beifuß, Salbei, Wacholder, Engelwurz oder Fichtenharz.

Jedes Kraut hat dabei laut Überlieferung seine eigene Wirkung: So löse Salbei belastende Gedanken und Gefühle auf, Beifuß erleichtere in Phasen der Veränderung das Loslassen und den Neubeginn. Wacholder stärke Konzentration und Willenskraft, Engelwurz wirke kräftigend und revitalisierend. Der Duft des Fichtenharzes sei wärmend und schützend und eine wichtige Zutat bei reinigenden Hausräucherungen. Also nichts wie ab ins Reformhaus oder in den Wald und Kräuter sammeln.

In den vergangenen Jahren hat der uralte Brauch an Beliebtheit gewonnen. Wer trübe Gedanken, schlechte Gewohnheiten weg- und Inspiration herbeiräuchern will, der nimmt einfach eine etwas größere Schale, füllt ein wenig Sand ein, legt darauf die Räucherkohle und dann das Räucherwerk. Es gibt natürlich auch spezielle Räucherpfannen oder -bündel.

Exotisches Räucherwerk wie Weihrauch oder Styrax sind nicht nötig, sagen die Räucher-Profis, heimische Kräuter sind mindestens genauso gut geeignet. Am Ende des Tages ist sicher ausschlaggebend, dass man daran glaubt.

Quelle: ntv.de, mit dpa

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