Panorama

"System von Machtmissbrauch" Recherche zu "Bild" bringt weitere MeToo-Vorwürfe

Julian Reichelt musste seinen Stuhl als "Bild"-Chefredakteur nach Löfflers Recherchen räumen.

Julian Reichelt musste seinen Stuhl als "Bild"-Chefredakteur nach Löfflers Recherchen räumen.

(Foto: imago images/Jörg Schüler)

Juliane Löffler, die mit ihren Recherchen Ex-"Bild"-Chef Reichelt zu Fall gebracht hat, erzählt in einem Interview von vielen Mails mit MeToo-Vorwürfen aus ganz Deutschland im Anschluss an ihre Veröffentlichungen. Bei der "Bild" gebe es weiterhin viel aufzuarbeiten.

Juliane Löffler hat mit ihren Recherchen für Ippen Investigativ maßgeblich dazu beigetragen, dass die Verfehlungen von Julian Reichelt an die Öffentlichkeit gekommen sind. Die Erzählung hinter dem ehemaligen "Bild"-Chef sei jedoch ungleich größer als der Fall selbst, sagt Löffler im Interview mit dem "Journalist": "Was bisher wenig gefragt wurde: Welche Personen haben bei Springer dieses System von Machtmissbrauch wissentlich übersehen, es zugelassen oder sogar unterstützt? Was ist es für eine Unternehmenskultur, in der derartige Missstände über Jahre möglich sind?"

Springer werde selbst entscheiden, wie "ernsthaft und nachhaltig" der Verlag den Fall aufarbeiten wolle, sagt Löffler im "Journalist"-Interview. Wichtige Fragen seien bisher zu wenig gestellt worden: "Welche Personen haben bei Springer dieses System von Machtmissbrauch wissentlich übersehen, es zugelassen oder sogar unterstützt? Was ist es für eine Unternehmenskultur, in der derartige Missstände über Jahre möglich sind? Welche Rolle spielt Angst, welche Rolle Sexismus, welche Rolle spielen andere mächtige Männer in dem Unternehmen?"

Missbrauch gegen Frauen weit verbreitet

Weiterhin sei es "erstaunlich", dass Mathias Döpfner, Vorstandsvorsitzender der Axel Springer SE, immer noch von "Hintermännern" spreche, die angeblich das Vorgehen organisierten. "Meine Quellen haben sich entschieden, mit der Presse zu sprechen, weil sie selbst wollten, dass die Missstände aufgeklärt werden." Die Betroffenen hätten nicht "heimlich Zettel in Briefkästen gesteckt", sondern offiziell mit der Kanzlei gesprochen, "die Springer zur Aufklärung der Vorwürfe gegen Julian Reichelt beauftragt hatte".

In der Woche nach der Veröffentlichung war Juliane Löffler schockiert darüber, wie viele Nachrichten sie erreichten. "Da wurde mir noch einmal ganz klar: Missbrauch - nicht immer, aber meist gegen Frauen - ist in der Medienbranche, aber auch in vielen anderen Branchen so weit verbreitet, davon haben wir nur ansatzweise eine Vorstellung." In Deutschland sei über viele #MeToo-Vorwürfe verschiedener Branchen noch gar nicht berichtet worden, so Löffler. "Das zu verändern, ist auch Aufgabe von Medien."

Dabei sei es die große Frage, "ob Medienhäuser Kapazitäten für Recherchen über jede Art von Machtmissbrauch und Ungerechtigkeiten bereitstellen und auch Journalist*innen dafür einstellen". Noch heute höre sie von Kolleginnen und Kollegen, dass ihre Recherchen zu Missbrauchsthemen in den Verlagen kein Gehör fänden.

Quelle: ntv.de, dbe/dpa

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