Panorama

Verschleppte Shani Louk Ricarda Louk: "Am schlimmsten ist es in der Nacht"

00:00
Diese Audioversion wurde künstlich generiert. Mehr Infos
Mutter_Shani_Louk.JPG

Samstagmorgen gehen die Bilder von Shani Louk um die Welt. Die 22-Jährige wird von Hamas-Terroristen entführt. Ob sie noch am Leben ist? Ricarda Louk, ihre Mutter, will den Glauben daran, dass ihre Tochter eines Tages zurückkehrt, nicht verlieren. Und wünscht sich mehr Hilfe von Deutschland.

"Am schlimmsten ist es in der Nacht, wenn man alleine ist und nachdenkt, was bei ihr vorgeht. Dann wird es schwierig." Mit klarer Stimme, die ihre Verzweiflung und Angst dennoch nicht zu verbergen vermag, erzählt Shani Louks Mutter, Ricarda Louk, von dem, was sie inzwischen über das Schicksal ihrer Tochter weiß. Nicht weiß. Glauben möchte. Zwischen ihren Worten bei "Stern TV" bleiben viele Leerstellen. Es ist die Ungewissheit und das Bangen, dass auch Zuschauerinnen und Zuschauer nach dem Interview mit einem sichtlich berührten Steffen Hallaschka mit einem Gefühl der Beklemmung zurücklässt.

Es ist die Nacht von Freitag auf Samstag. In der Negev-Wüste im Süden Israels, nahe dem Kibbuz Re'im feiert Shani Louk auf dem Nova-Festival. Das Gelände des Festivals liegt rund eine Autostunde südlich von Tel Aviv, aber nur wenige Minuten vom Gaza-Streifen entfernt. Gemeinsam mit vielen hundert Menschen tanzt die 22-jährige Deutsch-Israelin auf dem Rave bis in den Morgen hinein. Dann kommen die Terroristen der Hamas. Sie töten mindestens 260 Festival-Besucher. Dutzende werden verschleppt. Shani habe zunächst entkommen können, schildert Ricarda Louk. Augenzeugen, mit denen sie gesprochen habe, schilderten ihr die Szenen. Demnach konnte Shani noch zu ihrem Auto rennen und wegfahren. Doch auf der Straße vom Festival-Gelände sei sie abgefangen worden. Hamas-Terroristen attackieren und entführen Shani Louk - und filmen.

Das Video von Shani Louk, halbnackt auf der Ladefläche eines Pick-ups liegend, die Beine verdreht, mit blutendem Kopf, ist das erste, das am Samstag wenige Stunden nach den Angriffen in den sozialen Medien millionenfach gesehen wird. Es gibt eine Ahnung des zu diesem Zeitpunkt noch nicht öffentlich bekannten Terrors. Auch Ricarda Louk sieht das Video. Und erkennt ihre Tochter.

Sie sieht die auffälligen Haare, die Tätowierungen an den Beinen, sie vergleicht die Schuhe mit den letzten Instagram-Posts ihrer Tochter. Da weiß sie: Die Frau auf dem Video ist Shani Louk. "Wir waren alle fix und fertig in dem Moment. Das kann man sich gar nicht vorstellen." Ricarda Louk bricht die Stimme weg, es kommen ihr die Tränen. "Es ist so schrecklich, so barbarisch, wie man sieht, wie sie auf das Ding geschmissen ist. Und die Männer über ihr drüber, halb ausgezogen. Man kann sich das nicht vorstellen. Das ist schlimm. Wie brutal und barbarisch."

"Seitdem haben wir nichts mehr gehört"

Ricarda Louk will, dass ihre Tochter noch lebt. "Ich habe gesagt, okay, sie blutet am Kopf, aber der ganze Rücken war ohne Blut. Sie ist also nicht erschossen worden", sagt sie bei "Stern TV". Und fügt ganz leise "wahrscheinlich" hinzu. "Und der Fuß war ein bisschen krumm, aber sie ist gelenkig. Also, wir haben immer versucht, irgendetwas zu finden." Später hätten sie Kontakt zu einer Person im Gazastreifen gehabt, sagt Ricarda Louk. Die Kontaktperson habe berichtet, Shani befinde sich in einer Klinik. Sie sei schwer am Kopf verletzt, aber sie lebe. "Seitdem haben wir nichts mehr gehört. Es gibt uns noch Hoffnung. Es beruhigt mich ein bisschen, dass sie im Krankenhaus ist", sagt Ricarda Louk. "Ich hoffe, dass man sie am Leben erhalten kann."

Shanis Mutter Ricarda hat früher in Ravensburg gelebt. Sie hat einen Israeli geheiratet, ist zum Judentum übergetreten. Nun lebt sie mit ihrer Familie in Israel. Seit 96 Stunden hat sie keinen Kontakt mehr zu ihrer Tochter Shani.

Auf einmal spricht Ricarda Louk von ihrer Tochter in der Vergangenheit. Sie sagt nicht: Shani ist, sondern: Shani war ...: "Sie war immer sehr positiv und optimistisch. Shani war wie eine Fee. Sie war lebensfroh, offen und freundlich. Sie ist viel gereist. Und sie mochte Musik und Tanzen." Sie hoffe manchmal, sagt Ricarda Louk, dass ihre Tochter Shani besser gar nicht bei Bewusstsein ist. "Und wenn wir sie zurückkriegen, dann wacht sie auf und wird sich nicht an viel erinnern."

Mehr zum Thema

Vonseiten der Bundesregierung gebe es eine Kontaktperson, die sie rund um die Uhr erreichen könne, sagt Ricarda Louk zum Abschluss. "Sie sind sehr hilfsbereit." Sie habe allerdings von offizieller Seite noch nichts Neues zum Verbleib ihrer Tochter gehört, sagt Ricarda Louk. "Was passiert? Was ist der nächste Schritt? Was haben sie rausgefunden?", dazu habe man bisher keine Rückmeldung bekommen.

Ricarda Louk hat am Ende daher eine Bitte: "Man kann das nicht erlauben. Das ist so unmenschlich, so brutal und barbarisch. Das darf nicht so weitergehen. Und ich hoffe, dass der deutsche Staat mir hilft und dass Shani wieder rauskommt. Es wird immer gesagt, dass eigentlich Israel dafür zuständig ist. Aber Israel ist mitten im Kampf um den Gazastreifen. Jede Hilfe aus Deutschland ist darum erwünscht, um Shani als deutsche Staatsbürgerin wieder zurückzubekommen."

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen