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Als Beweismittel ungeeignet Richter in Guantánamo lehnt erstmals Folter-Geständnis ab

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Noch immer sind Menschen im Gefangenenlager Guantánamo inhaftiert, ohne dass es zuvor einen Prozess gegeben hat.

Noch immer sind Menschen im Gefangenenlager Guantánamo inhaftiert, ohne dass es zuvor einen Prozess gegeben hat.

(Foto: picture alliance/dpa)

Ein 58-jähriger Guantánamo-Häftling soll für mehrere Anschläge verantwortlich sein. Nach jahrelanger Misshandlung im Gefängnis gibt er ein Geständnis ab. Das erklärt ein Richter nun für ungültig. Der Fall, der mit einer Todesstrafe enden könnte, bleibt damit in der Vorverhandlungsphase.

Ein US-Militärrichter hat erstmals entschieden, dass das Geständnis eines mutmaßlichen Attentäters wegen des Zustandekommens unter Folter nicht als Beweismittel genutzt werden darf. "Der Ausschluss solcher Beweismittel ist nicht ohne gesellschaftliche Kosten", schrieb Richter Lanny Acosta vom Militärgericht in Guantánamo Bay auf Kuba. "Jedoch kann die Zulassung von Beweismaterial, das von derselben Regierung, die den Angeklagten verfolgen und hinrichten will, durch oder unter Folter erlangt wurde, noch größere gesellschaftliche Kosten haben."

Konkret geht es um ein Geständnis des 58-jährigen Abd al-Rahim al-Naschiri, einem Saudi-Araber jemenitischer Herkunft, der hinter dem Selbstmordanschlag auf das Kriegsschiff "USS Cole" im Jahr 2000 stecken soll, bei dem 17 Matrosen getötet wurden. Außerdem soll er an dem Angriff auf den französischen Öl-Tanker "Limburg" im Golf von Aden im Jahr 2002 beteiligt gewesen sein, bei dem ein Mensch starb.

Richter Acosta gab an, dass die Aussagen des Verdächtigen von jahrelanger Misshandlung durch den US-Geheimdienst CIA und die US-Bundespolizei belastet seien. Al-Naschiris Anwalt Anthony Natale erklärte, dass der Richter die wichtigsten Beweise verworfen habe, mit denen die Militärstaatsanwälte eine Verurteilung hatten erreichen wollen.

Der Fall könnte eine Vorlage schaffen

Damit bleibt der Fall, der in einem Todesurteil enden könnte, in der Vorverhandlungsphase stecken - ohne Anzeichen, wann ein richtiger Prozess beginnen könnte. Die Anwälte al-Naschiris sowie der fünf Beschuldigten der Anschläge der Terrorgruppe Al-Qaida vom 11. September 2001 kämpfen seit mehr als einem Jahrzehnt darum, unter Folter erlangte Beweismittel vor Gericht ausschließen zu lassen.

Die sechs mutmaßlichen Attentäter waren nach den Attentaten von 2001 getrennt voneinander festgenommen und durch geheime Gefängnisse des US-Geheimdienstes CIA in Länder wie Thailand und Polen geschleust worden. Dort wurden etwa Techniken wie Waterboarding angewendet, oder sie wurden geschlagen. Auch nach Ankunft in Guantánamo wurden manche Verdächtige wie al-Naschiri erneut misshandelt. Anwalt Natale betonte zwar, dass das Urteil sich nur auf al-Naschiris Fall beziehe und für die zuständigen Richter der anderen Fälle im Militärgericht in Guantánamo nicht bindend sei. Aber es schaffe "eine Vorlage, die andere nachzuahmen versuchen könnten".

Quelle: ntv.de, tkr/AFP

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