Eindrücke aus Orlando Schüsse auf die Drag Queen
12.06.2016, 20:09 Uhr
Als der Attentäter im Club "Pulse" das Feuer eröffnet, habe er das zunächst für einen Teil der Musik gehalten, berichtet ein Überlebender. Doch schnell wird klar, es handelt sich um die schlimmste Gewalttat in den USA seit 9/11.
Der Horror von Orlando erinnert an den im Pariser Bataclan. Wie im November in der französischen Hauptstadt drängt sich eine ausgelassene Menschenmenge in einem Club, als die Gewalt in ihrer Mitte ausbricht. Wie damals halten viele die plötzlichen lauten Knallgeräusche zuerst für einen Teil der Show. Dann bricht Panik aus, Menschen werfen sich zu Boden, drängen sich verzweifelt an den Ausgängen. Und wie in Paris hat auch der von einem mutmaßlichen Einzeltäter verübte Anschlag auf den Schwulenclub "Pulse" im US-Bundesstaat Florida wahrscheinlich einen islamistischen Hintergrund.
Es handelt sich um den schlimmsten Gewaltakt in den USA seit den Anschlägen vom 11. September 2001. 50 Menschen wurden getötet, weitere 53 verletzt. Die Bundespolizei FBI ermittelt wegen eines mutmaßlichen Terrorakts.
"Überall Blut"
Laut der Polizei war der Täter "gut vorbereitet". Er attackierte den in der Schwulenszene berühmten Club mit einem Sturmgewehr und einer Handfeuerwaffe, hatte eventuell auch einen Sprengsatz bei sich. Auch der Zeitpunkt des Angriffs war offenbar gezielt gewählt. Derzeit feiert die Homosexuellenszene in den USA mit landesweiten Paraden und anderen Events den "Gay Pride Month".
Im "Pulse" tanzen in dieser Nacht "Drag Queens" auf der Bühne, werden von der Menge mit Dollarscheinen beworfen. Im Internet veröffentlichte Videoaufnahmen zeigen die ausschweifende Party, bevor das Grauen losbricht. Ein Tänzer mit einem Haarlook wie Beyoncé lässt lasziv die Hüften kreisen. Lautes Gelächter ist zu hören, Flaschen werden in die Höhe gehoben.
Und dann die Schüsse. Christopher Hanson, der im "Pulse" feierte, berichtet im Sender CNN, er habe zunächst geglaubt, die lauten und rhythmischen Knallgeräusche gehörten zur Musik. Als ihm aufgegangen sei, dass es Schüsse waren, habe er sich auf den Boden geworfen und sei zur Tür gekrochen. Auf der Straße sei dann "überall Blut" gewesen. Er habe einem Verletzten geholfen, indem er sein Kopftuch in dessen Schusswunde im Rücken gestopft habe.
Anschlag hat Auswirkungen auf US-Wahlkampf
Der Täter hatte gegen 02.00 Uhr das Feuer eröffnet. Ein Polizist, der vor Ort war und rasch Hilfe von zwei Kollegen bekam, verwickelte ihn dann draußen vor der Tür des Clubs in ein Feuergefecht. Daraufhin stürzte der Mann den Polizeiangaben zufolge in das Innere des Gebäudes zurück und nahm die dort noch anwesenden Menschen als Geiseln. Die Polizei stürmte nach mehreren Stunden unter Einsatz von Sprengstoff das Gebäude. Ein gepanzertes Fahrzeug durchbrach eine Wand, der Täter starb im Kugelhagel.
Wie sich der fürchterlichste Angriff in den USA seit 9/11 auf die Psyche der Nation auswirkt, wird sich in den nächsten Tagen und Wochen zeigen. Den Wahlkampf wird er auf jeden Fall beeinflussen. Der voraussichtliche republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump hatte bereits den islamistisch motivierten Anschlag im Dezember im kalifornischen San Bernardino zum Wahlkampfthema gemacht, indem er danach ein generelles Einreiseverbot für Muslime forderte.
Quelle: ntv.de, Steve Mort, AFP