Panorama

"Tote Mädchen lügen nicht" Serie befeuert Google-Suchen nach "Suizid"

Kassetten mit brisanter Botschaft: US-Schauspielerin Katherine Langford in ihrer Rolle als Hannah Baker.

Kassetten mit brisanter Botschaft: US-Schauspielerin Katherine Langford in ihrer Rolle als Hannah Baker.

(Foto: AP)

US-Wissenschaftler schlagen nach dem Start der Netflix-Serie "Tote Mädchen lügen nicht" Alarm. Die Zahl der Online-Suchanfragen zu Suizid und Suizidmethoden sei drastisch gestiegen.

Seit die um das Thema Selbstmord gestrickte Serie "Tote Mädchen lügen nicht" am 31. März erstmals auf Netflix veröffentlicht wurde, steht sie im Kreuzfeuer der Kritik. Erst forderten Kinder- und Jugendärzte die sofortige Absetzung des Formats, nun warnen auch US-Wissenschaftler. Sie stellten einen starken Anstieg der Online-Suchanfragen zu Suizid und Suizidmethoden seit dem Serienstart fest. Bei Google Trends sei ein Anstieg der suizidbezogenen Suchanfragen um 19 Prozent verzeichnet worden, schrieben die Forscher in einem Beitrag für die Zeitschrift der American Medical Association.

Rat und Nothilfe
  • Bei Suizidgefahr: Notruf 112
  • Beratung in Krisensituationen: Telefonseelsorge (0800/111-0-111 oder 0800/111-0-222 oder 116-123, Anruf kostenfrei) oder Kinder- und Jugendtelefon (Tel.: 0800/111-0-333 oder 116-111; Mo-Sa von 14 bis 20 Uhr)
  • Auf den Seiten der Deutschen Depressionshilfe sind Listen mit regionalen Krisendiensten und Kliniken zu finden, zudem Tipps für Betroffene und Angehörige.
  • In der deutschen Depressionsliga engagieren sich Betroffene und Angehörige, um die Situation und die Versorgung Depressiver zu verbessern. Sie bieten Depressiven ein E-Mail-Beratung als Orientierungshilfe an.
  • Eine Übersicht über Selbsthilfegruppen zur Depression bieten die örtlichen Kontaktstellen (KISS).

Ob die Serie, in der es um die Selbsttötung einer Schülerin geht, tatsächlich zu Nachahmungstaten führte, wurde in der Studie allerdings nicht untersucht. Trotzdem zeigten sich die Autoren von den Befunden alarmiert. "Unsere Ergebnisse bestätigen die schlimmsten Befürchtungen der Kritiker der Serie", sagte der leitende Autor John Ayers von der San Diego State University. Menschen mit Suizidgedanken könnten durch die Serie dazu animiert werden, sich über Selbsttötungen zu informieren. Insgesamt habe es in den ersten 19 Tagen nach der Veröffentlichung der Serie 900.000 bis 1,5 Millionen suizidbezogene Suchanfragen mehr gegeben als zuvor, erklärte Informatikprofessor Mark Dredze, einer der Ko-Autoren der Studie.

Zuschauer suchen nach Anleitungen

Den größte Anstieg gab es demnach bei der Suchanfrage "Wie man Suizid begeht". Auch Phrasen wie "Suizid begehen" und "Wie man sich selbst tötet" wurden demnach häufiger in die Suchmaschine eingegeben. Anstiege wurden aber auch bei Anfragen zu "Suizid-Hotline" und "Suizid-Prävention" registriert.

In der Serie "Tote Mädchen lügen nicht" (Originaltitel: "13 Reasons Why") geht es um die Selbsttötung einer Schülerin. Ihr Freund erhält einen Karton mit Kassetten, auf denen seine Freundin die Gründe für ihren Schritt darlegt. Während Fans der Serie die ehrliche Schilderung von Teenager-Problemen loben, kritisieren Gegner die explizite Darstellung des Suizids in der letzten Folge und mangelnde Hinweise auf Hilfsangebote für suizidgefährdete Jugendliche.

Auch Kinder- und Jugendärzte fordern Absetzung

Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte hatte kürzlich bereits vor einer großen Gefahr "insbesondere für psychisch kranke und labile junge Mädchen" gewarnt. "Medial präsentierte Suizide ziehen häufig Nachahmertaten nach sich: der sogenannte Werther-Effekt. Deshalb gibt es internationale Richtlinien, wie über Suizide berichtet wird. Die Netflix-Serie missachtet diese Richtlinien. Sie zeigt den Suizid drastisch und detailliert", so die Erklärung von Dr. Josef Kahl, Sprecher des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte. "Jugendliche, die sich mit der Idee der Selbsttötung beschäftigen, werden durch die Serie möglicherweise in Richtung Tat beeinflusst." Erschwerend komme hinzu, dass die Serie zeige, wie ein Suizid gelingen könne.

"Wir fordern daher ein Verbot dieser Serie", so Kahl. Der deutsche Ärzteverband ist nicht der erste, der diese Forderung erhebt. Jugendschützer plädierten bereits zum Start der Serie für ein Verbot. Netflix veröffentlichte daraufhin ein 30 Minuten langes Featurette auf You Tube, in dem Schauspieler, Produzenten und der Autor Jay Asher ausführlich zu Wort kommen und die Vorkommnisse einordnen. Im Mai 2017 bestätigte Netflix trotz der zahlreichen Kritik die zweite Staffel. Diese soll 2018 sendebereit sein.

Quelle: ntv.de, sfr/AFP/spot

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