"Herbert war kein Schuft" Stieftochter und Frau: Greta Wehner ist tot
28.12.2017, 16:28 Uhr
Greta Wehner im November 2009 auf dem SPD-Parteitag in Dresden.
(Foto: dpa)
Erst war sie seine Stieftochter, später heiratete sie den Politiker Herbert Wehner. Nun ist Greta Wehner gestorben - fast drei Jahrzehnte nach der SPD-Legende.
Er war ihr Stiefvater und wurde später ihr Mann - sie überlebte Herbert Wehner um gut 27 Jahre: Einen Tag vor Heiligabend ist Greta Wehner in Dresden im Alter von 93 Jahren gestorben. In jener Stadt, in der die SPD-Legende Herbert Wehner geboren wurde.

Drei Ikonen der SPD: Helmut Schmidt, Herbert Wehner, Willy Brandt (von links nach rechts)
(Foto: picture-alliance / dpa)
Herbert Wehner, der 1990 starb, schaffte es nach der Wiedervereinigung nicht mehr, zu seinen Wurzeln zurückzukehren. Er war schon zu krank. Aber er wäre als gesunder Mann nicht eine Stunde länger am Rhein geblieben, sondern nach Dresden gezogen - da war sich seine Frau Greta ganz sicher. Sie selbst tat dann schließlich 1996 diesen Schritt: "Ich wollte etwas von Herbert zurückbringen, weil er selbst nicht mehr zurückkonnte."
Der Abschied von Bonn sei ihr nicht schwer gefallen, sagte Greta Wehner damals, obwohl sie zusammen 30 Jahre lang in Bonn lebten und dort im politischen Betrieb eine feste Größe waren. "Bonn war nur Arbeitsort, nicht mehr." Diese Distanz der beiden zur ehemaligen (provisorischen) Bundeshauptstadt erklärt sich wohl auch damit, dass Herbert Wehner, der die Bundesrepublik nach dem Krieg mit prägte, dort nicht nur Freunde hatte unter den Genossen und er noch heute für viele rätselhaft erscheint.
Der langjährige Fraktionschef war Zuchtmeister der SPD-Abgeordneten und als Meister der Zwischenrufe im Bundestag gefürchtet. Gern zitiert wird die Verunglimpfung des CDU-Abgeordneten Wohlrabe als "Übelkrähe". Misstrauen schlug dem konvertierten Kommunisten, der etliche Zeit im Moskauer Exil lebte, bis zum Schluss entgegen. Hinzu kam das angespannte Verhältnis zu Helmut Schmidt und Willy Brandt, der damaligen SPD-Troika. Und immer wieder die Frage: Hat er Brandts Sturz betrieben?
"Ich weiß, dass Herbert kein Schuft war"
Lange reagierte Greta Wehner auf Anschuldigungen dieser Art und Vorwürfe der Illoyalität gegen ihren Mann mit Zorn. "Es hat schon zu Lebzeiten keinen Wahlkampf gegeben, in dem sein Name nicht benutzt wurde", sagte sie einmal. Zuletzt konnte sie das aber nicht mehr erschüttern: "Ich weiß, dass Herbert kein Schuft war."
Das sagte eben diese Frau, die zuerst seine Stieftochter war und dann seine Ehefrau wurde. Herbert Wehner heiratete 1944 die Mutter von Greta. Nach dem Krieg war Greta zunächst Sozialfürsorgerin. Sie trat 1947 in die SPD ein. Herbert Wehner habe sie 1953 um Hilfe gebeten. Sie habe ihren Beruf aufgegeben, um sich in Bonn ganz um ihn und ihre kranke Mutter zu kümmern, erzählte Christoph Meyer, Vorsitzender der Herbert-und-Greta-Wehner-Stiftung, anlässlich ihres 90. Geburtstages. Mehr und mehr kümmerte sich Greta auch um den politischen Alltag von Herbert Wehner. Sie führte die Terminkalender, organisierte die Büros, schrieb Briefe und hielt Telefonate. "Am Ende 'einer langen gemeinsamen Strecke', die er ohne Greta gar nicht hätte schaffen können, hat Herbert sie geheiratet", schrieb Meyer. 1979 war Gretas Mutter gestorben.
1983, im Jahr seines Ausscheidens aus der Politik, heiratete er Greta. "Für beide war dies eine Bestätigung. Es folgten - bis zu Herberts Tod 1990 - Jahre der Pflege", so Meyer weiter. Greta Wehner gründete 2003 in Dresden die Herbert-und-Greta-Wehner-Stiftung, die demokratische und politische Bildung in Sachsen unterstützt. "Greta Wehner hat ein langes, mühevolles und erfülltes Leben gehabt. Sie war eine in besonderem Maße verantwortlich denkende und handelnde überzeugte demokratische Staatsbürgerin", erklärte Meyer jetzt zu ihrem Tod.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier kondolierte dem Vorsitzenden der Herbert-und-Greta-Wehner-Stiftung. "Mit Greta Wehner verlieren wir eine überzeugte Demokratin, die sich für Bürgerrechte, Zivilcourage und demokratische Kultur einsetzte", hieß es in einem Schreiben. Die Maxime Herbert Wehners, dass "Toleranz gegenüber Andersglaubenden und Andersdenkenden eine tragfähige Grundlage für das würdevolle und fruchtbare Zusammenleben bietet, hatte sie sich zu eigen gemacht", schrieb Steinmeier weiter.
Quelle: ntv.de, ghö/dpa