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"Großer Papst der Geschichte" Theologe: Franziskus wollte "verbeulte Kirche" nah bei den Menschen

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Eine "verbeulte Kirche" nah bei den Nöten der Menschen habe Franziskus einer sterilen Kirche, die um sich selbst kreise, vorgezogen, sagt Theologe Michael Seewald .

Eine "verbeulte Kirche" nah bei den Nöten der Menschen habe Franziskus einer sterilen Kirche, die um sich selbst kreise, vorgezogen, sagt Theologe Michael Seewald .

(Foto: picture alliance / ZUMAPRESS.com)

Nach dem Tod von Papst Franziskus ziehen Theologen Bilanz: Der Schweizer Moraltheologe Bogner sieht in ihm einen wichtigen Reformpapst, der die Kirche durch seinen einfachen Lebensstil nachhaltig geprägt hat. Dem Theologie-Professor Seewald aus Münster zufolge gelang es ihm, Verkrustungen aufzubrechen.

Der verstorbene Papst Franziskus hat die katholische Kirche nach Ansicht des Theologen Daniel Bogner dauerhaft verändert. "Papst Franziskus wird zweifellos als großer Papst in die Christentumsgeschichte eingehen", sagte Bogner, Professor für Moraltheologie und Ethik an der Schweizer Universität Fribourg. Unter anderem durch seinen einfachen Lebensstil habe er mehr bewirkt als andere vor ihm.

"Die bleibende Aussage seines Pontifikates ist es, dass die Kirche nicht für sich selbst da ist, sondern um in der Aussichtslosigkeit unserer Zeit von Hoffnung und einem besseren Leben Zeugnis zu geben", so der 52 Jahre alte Bogner. "Papst Franziskus könnte als derjenige Papst in die Geschichte eingehen, der die notwendigen ersten Schritte zu einer echten Reform der Kirche gewagt hat."

"Den Erwartungen entzogen"

Der Theologe Michael Seewald sagte, Franziskus sei ein "Reformpapst" gewesen, dies aber "auf seine eigene Weise". Er habe sich den Erwartungen kirchlicher Reformkräfte oft entzogen. "Es ist ihm jedoch gelungen, Verkrustungen aufzubrechen. Wie Franziskus zum Beispiel mit wiederverheirateten Geschiedenen oder gleichgeschlechtlichen Paaren umging, hat die Kultur des kirchlichen Miteinanders tiefgreifend verändert."

Eine "verbeulte Kirche" nah bei den Nöten der Menschen sei ihm dabei lieber gewesen als eine sterile Kirche, die um sich selbst kreise, sagte der Dogmatik-Professor aus Münster. "Seelsorgliches Handeln, das den Einzelnen jenseits dogmatischer Scheuklappen in den Blick nimmt, war ihm unglaublich wichtig." Der Synodale Prozess, den er angestoßen habe, sei "der größte Beratungsprozess in der Geschichte der katholischen Kirche".

"Papst der Herzen"

Das Konklave zur Wahl eines neuen Papstes könnte sich nach Bogners Erwartung länger hinziehen. Franziskus habe das Kardinalskollegium in seiner Amtszeit stark nach seinem eigenen Stil umgestaltet. "Da sein eigener Stil aber gerade Vielfalt und Unterschiedlichkeit beinhaltet, könnte es durchaus zu einem längeren Meinungsbildungsprozess kommen", sagte Bogner.

Die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, hat den verstorbenen Franziskus unterdessen als "Papst der Herzen" bezeichnet. "Wir verabschieden uns in Trauer und Zuneigung vom Papst der Herzen", sagte Stetter-Karp. Seine Amtszeit werde als "Zeit der Öffnung der Kirche" in Erinnerung bleiben. "Dass er als letzten Gruß mit schwacher Stimme den Ostersegen gespendet hat, ist für mich ein Zeichen der Hoffnung über den Tod hinaus."

Das ZdK ist die Vertretung der katholischen Laien, der Nicht-Kleriker in den Pfarrgemeinden vor Ort. Zusammen mit der Deutschen Bischofskonferenz hatte das ZdK 2019 einen Reformprozess angestoßen, den Synodalen Weg.

Quelle: ntv.de, kst/dpa

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