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Neue Strategie in Südafrika Traditionelle Heiler helfen im Kampf gegen HIV

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Shadrack Mashabane ist einer der Heiler, die HIV-Tests und Beratungen anbieten dürfen.

Shadrack Mashabane ist einer der Heiler, die HIV-Tests und Beratungen anbieten dürfen.

(Foto: AP)

Südafrika hat eine der höchsten HIV-Raten auf der Welt. Das Stigma, das der Erkrankung anhaftet, hält viele Menschen allerdings davon ab, Hilfe in einer Klinik zu suchen. Aber es gibt einen anderen Weg, wie ein Pilotprojekt zeigt.

Die Wände in der Hütte von Shadrack Mashabane sind mit bunten traditionellen Tüchern bedeckt. Ein kleines Fenster ist die einzige Lichtquelle. Unter den Glasfläschchen mit Kräutern und Arzneien, die bereitstehen, sticht eine weiße Schachtel hervor, die ein HIV-Testkit enthält. Mashabane zählt zu den mindestens 15 traditionellen Heilern in der ländlichen südafrikanischen Stadt Bushbuckridge, die im Rahmen einer Pilotstudie von Forschenden der Universität Witwatersrand dazu ausgebildet worden sind, Tests und Beratung in Sachen HIV durchzuführen.

325 Heiler und Heilerinnen sollen ausgebildet werden.

325 Heiler und Heilerinnen sollen ausgebildet werden.

(Foto: AP)

Es ist Teil des - so weit bekannt - bislang größten Versuchs dieser Art. Das Ziel ist, dass möglichst viele Südafrikaner und Südafrikanerinnen wissen, ob sie infiziert sind oder nicht, um sich gegebenenfalls behandeln zu lassen.

Geplant ist, dass in diesem Jahr mindestens 325 weitere Heiler und Heilerinnen die Ausbildung durchlaufen und beglaubigte HIV-Berater werden. Forschende wollen dann die Testraten von Heilern und Kliniken vergleichen. Die meisten Heiler verfügten bereits über Kenntnisse im Bereich HIV, manche aufgrund persönlicher Erfahrungen, und waren laut den Forschenden stark interessiert daran, sich zu beteiligen.

Hoher Anteil junger Infizierter

Südafrika weist eine der weltweit höchsten HIV-Raten auf. In vielen Gemeinden hält sich das Stigma um die Infektion mit dem Aids-Virus und die Behandlung, obwohl antiretrovirale HIV-Arzneien und Mittel zur sogenannten Präexpositionsprophylaxe kostenlos sind. So suchen zahlreiche Leute keinen Rat oder keine Hilfe, weil sie sich sorgen, dass der Grund für ihren Besuch in einer Klinik nach außen dringen könnte. Für viele Menschen in ländlichen Gebieten sind traditionelle Heiler die erste Anlaufstelle im Fall von Krankheiten, und es besteht die Hoffnung, dass ihre Einbeziehung den Kampf gegen HIV und Aids voranbringt.

Eine besondere Herausforderung ist der hohe Anteil jüngerer Leute in der südafrikanischen Bevölkerung. Eine im vergangenen Dezember veröffentlichte Regierungsstudie zeigte auf, dass die Zahl von Einwohnern, die mit HIV leben, 2022 bei 12,7 Prozent lag, während es 2017 noch 14 Prozent waren. Aber unter Mädchen im Alter zwischen 15 und 19 Jahren stieg die HIV-Prävalenz - was weitgehend darauf zurückgeführt wird, dass ältere Männer Sexualverkehr mit ihnen haben.

Riskantes Sexualverhalten keine Seltenheit

In Bushbuckridge in der Provinz Mpumalanga, einer Stadt mit 750.000 Einwohnern, sind ungefähr 2000 traditionelle Heiler aktiv. Wie Mashabane schildert, konnten es Patienten anfangs kaum glauben, dass er HIV-Tests anbietet. Sie waren davon ausgegangen, dass es einen solchen Service nur in Kliniken gibt. "Viele waren nicht überzeugt. Ich musste ihnen mein Zertifikat zeigen, um zu beweisen, dass ich qualifiziert bin, das zu tun", sagt er. Der Test schließt das Unterschreiben einer Einverständniserklärung und einen weiteren Termin bei Mashabane ein, um sicherzustellen, dass Patienten im Fall eines HIV-positiven Testergebnisses von einer örtlichen Klinik behandelt werden.

Florence Khoza berät eine Patientin, bevor sie einen HIV-Schnelltest durchführt.

Florence Khoza berät eine Patientin, bevor sie einen HIV-Schnelltest durchführt.

(Foto: AP)

Leuten mitzuteilen, dass sie infiziert sind, ist Mashabane zufolge nicht so schwer, weil es wirksame Medikamente gibt. Aber in manchen Fällen müsse er den Patienten oder die Patientin zur Klinik begleiten, "um es leichter für sie zu machen".

Florence Khoza ist ebenfalls eine traditionelle Heilerin, die jetzt auch HIV-Tests durchführt. Riskantes Sexualverhalten sei keine Seltenheit, schildert sie. So gebe sie oft traditionelle Kräuter und Medizin zur Behandlung der Geschlechtskrankheit Gonorrhoe aus. Aber jetzt, so Khoza, habe sie eine zusätzliche Aufgabe: Patienten dazu zu bringen, sich auf HIV testen zu lassen. "Ich sage ihnen, dass es in ihrem ureigensten Interesse liegt", so Khoza.

Ausbildungsprogramm ausweiten

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Nach ihren Angaben scheuen sich viele Patienten, eine Klinik aufzusuchen, weil sie Angst hätten, dass andere Gemeindemitglieder sie bei der Ausgabe von HIV-Arzneien sehen könnten. So gehe sie manchmal selbst an ihrer Stelle hin, um die Medikamente abzuholen.

Forscher Ryan Wagner ist an der Studie beteiligt und verspricht sich viel davon. Tests und Behandlung durch Menschen, die traditionelle Medizin praktizierten, könnten letztendlich zu einem Ende neuer HIV-Fälle in Gemeinden wie dem ländlichen Mpumalanga führen, das zu den am stärksten betroffenen Regionen weltweit gehöre, sagt er. So hoffen er und andere beteiligte Kolleginnen und Kollegen, dass ihre Erkenntnisse Südafrikas Regierung dazu bringen werden, das Ausbildungsprogramm für Heiler auf das ganze Land auszuweiten.

Quelle: ntv.de, Mogomotsi Magome, AP

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