Familie will Schlussstrich ziehenTugces Bruder hält Strafrecht für zu lasch

Tugce wird niedergeschlagen und stirbt. Ein 18-Jähriger muss dafür drei Jahre in Jugendhaft. Tugces Bruder, Dogus, hält das Jugendstrafrecht für zu milde. Dennoch wolle die Familie nun einen Schlussstrich ziehen.
Ein Bruder der nach einem verhängnisvollen Schlag ums Leben gekommenen Studentin Tugce hält das Jugendstrafrecht in Deutschland für zu lasch. "Der Rahmen, in dem sich das Jugendstrafrecht bewegt, ist viel zu milde", sagte Dogus der Sendung "Stern TV". Das Landgericht Darmstadt hatte den 18 Jahre alten Täter Sanel M. wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu drei Jahren Jugendhaft verurteilt. "Dem Richter ist nichts vorzuwerfen", meinte der Bruder. Das Gericht habe sich an das Gesetz gehalten. "Aber das ist viel zu wenig für ein Menschenleben."
Das Gericht befand Sanel M. für schuldig, der 22-jährigen Tugce im vergangenen November auf dem Parkplatz eines Schnellrestaurants in Offenbach ins Gesicht geschlagen zu haben. Sie stürzte und erlitt beim Aufprall mit dem Kopf so starke Hirnverletzungen, dass sie wenige Tage später starb.
Der Familie gehe es nach dem Verlust von Tugce nach wie vor schlecht, schilderte Dogus. Der Prozess habe seelische Wunden wieder aufgerissen. "Jetzt nach dem Urteil kann man aber einen Schlussstrich ziehen."
Familie will Stiftung gründen
Das Bundespräsidialamt hatte auf Anfrage mitgeteilt, Tugce werde nicht posthum mit dem Bundesverdienstkreuz geehrt. Die Voraussetzungen seien nicht erfüllt. In dem Strafprozess ließ sich nicht zweifelsfrei feststellen, ob Tugce vor der Tat zwei Mädchen vor dem Angreifer beschützte und Zivilcourage bewies. "Wichtig ist, dass sich so viele Menschen für Tugce eingesetzt haben", meinte der Anwalt der Familie, Macit Karaahmetoglu, zu dem Vorschlag einer Auszeichnung.
Dogus und der Anwalt bekräftigten das Vorhaben, in Erinnerung an Tugce eine Stiftung zu gründen. Einen Verein hierzu gebe es bereits. Damit solle an Tugces Wirkung und Persönlichkeit erinnert werden.