James "Whitey" Bulger gibt Ratschläge Vielfachmörder schreibt Teenager-Mädchen
02.07.2015, 12:21 Uhr
Mollykate Rodenbush, Brittany Tainsh und Michaela Arguin mit dem Brief von Bulger.
(Foto: AP)
Zahlreiche Morde gehen auf das Konto von James "Whitey" Bulger. Als er nach Jahrzehnten auf der Flucht gefasst wird, hat er kein Wort des Mitleids für seine Opfer. Doch dann schreiben ihm drei Schülerinnen.
Fast 20 Jahre gehörte James "Whitey" Bulger zu den meistgesuchten Verbrechern der USA. Immer wieder gelang es dem Vielfachmörder, Erpresser und Räuber zu entkommen. Die Behörden fassten ihn schließlich 2011 mit seiner Freundin in Kalifornien. Inzwischen wurde er zu zweifach lebenslanger Haft verurteilt, die er in einem Bundesgefängnis in Florida verbüßt.
Dorthin schickten ihm drei Schülerinnen einen Brief. Für ein Schulprojekt unter dem Motto "Verbrechen lohnt sich nicht" hatten sie bereits eine Webseite über den Gangsterboss erstellt. Die 17-Jährigen stellten dem inzwischen 85-jährigen Bulger mehrere Fragen, berichtete der "Boston Globe".
Unter anderem wollten sie von dem früheren Chef der berüchtigten "Winter Hill Gang" wissen, wie er selbst sein Vermächtnis beschreiben würde oder was er über seine Zeit in der kriminellen Szene in Boston zu sagen hätte. Wirklich gerechnet hatten die Jugendlichen nicht mit einer Antwort, doch dann schrieb ihnen Bulger zurück. Brittany Tainsh, eine der Schülerinnen, sagte, sie sei fassungslos gewesen, als sie den Brief unter einer Flut von College-Broschüren aus dem Briefkasten zog. "Das hatten wir überhaupt nicht erwartet."
Scham und Leid
In dem handgeschriebenen Brief antwortet Bulger zwar auf keine der ihm gestellten Fragen, doch was er schrieb, war trotzdem aufschlussreich. "Mein Leben war dumm und ich habe es verschwendet". Die Mädchen sollten nicht den gleichen Fehler machen und ihr Leben wegwerfen. "Ich habe meine Eltern beschämt und ihnen Leid zugefügt", schrieb Bulger außerdem.
Er sei in der 9. Klasse von der Schule abgegangen. Er habe "den falschen Weg" genommen. Sein Bruder, ein ehemaliger Abgeordneter, sei ein "besserer Mensch als ich". Er hätte etwas aus seinem Leben gemacht und es zu etwas gebracht. William Bulger war Präsident der Universität von Massachusetts und als demokratischer Politiker aktiv.
James "Whitey" Bulger wuchs im irischen Armenviertel in Boston auf und kam erstmals als Teenager mit dem Gesetz in Konflikt. Nach einer Haftstrafe - unter anderem auf der Gefängnisinsel Alcatraz - stieg er in den 1970er Jahren zum Chef der sogenannten Winter Hill Gang auf. Geld soll die Bande mit Drogenhandel, Schutzgelderpressungen, illegalen Sportwetten und als Kredithai gemacht haben.
Zuletzt hatte er noch einen Rat für die Mädchen. "Wenn sich Verbrechen für Euch lohnen soll: Werdet Juristen!" Tainsh und ihre Klassenkameraden, Michaela Arguin und Mollykate Rodenbush, veröffentlichten den in winzigen Buchstaben geschriebenen Brief auf der eigens eingerichteten Webseite. Sie hatten Bulger für ihr Projekt ausgewählt, weil auch er ein Anführer gewesen sei, wenngleich der brutale Anführer einer kriminellen Bande. Sie hätten jemanden unkonventionellen wählen wollen, weil sie davon ausgegangen seien, dass die anderen für den Wettbewerb anerkannte Helden oder frühere Präsidenten nehmen würden. Mit ihrem Projekt gewannen die Teenager zwar nicht den Hauptpreis, aber zwei Sonderpreise: einen für den besten Gebrauch von Primärquellen und den anderen für das beste Projekt zur Geschichte von Massachusetts.
Rodenbush sagt, am meisten habe sie der deprimierte Ton des Briefs verblüfft. Während ihrer Recherchen sei ihnen Bulger immer so vorgekommen, als bereue er nichts. Angehörige von Bulgers Opfern betonten, in ihren Augen habe sich Bulger kein bisschen verändert. Er kümmere sich ausschließlich um sich selbst. Nur in einem Punkt gaben sie Bulger Recht: Sein Leben sei vergeudet.
Quelle: ntv.de, sba