Vorausschauender Piks ab Sommer Viertimpfung ist wohl unausweichlich
11.12.2021, 07:22 UhrWährend viele sich gerade um ihre dritte Impfung kümmern, rückt bei der Pandemiebekämpfung schon der vierte Piks in den Blick. Denn die schnelle Mutation des Coronavirus macht es womöglich noch ansteckender. Das wird vermutlich weitere Auffrischungsimpfungen nötig machen.
Die derzeitigen Auffrischungsimpfungen werden nach Einschätzung des Hausärzteverband-Chefs Ulrich Weigeldt nicht die letzten sein, die gegen Corona nötig werden. "Wir rechnen damit, dass im Sommer, spätestens im Herbst eine vierte Impfung nötig sein wird", sagte Weigeldt der "Bild"-Zeitung. Er hoffe darauf, dass die vierte Corona-Impfung dann "schon in Verbindung mit der Grippe-Impfung" verabreicht werden könne, "um den Schutz vor Corona in eine Routine zu überführen".
Nötig werden könnte das auch wegen der neuen Virusvariante Omikron, die womöglich noch ansteckender ist als die derzeit dominierende hochinfektiöse Delta-Variante. Biontech-Mitgründer Ugur Sahin sagte dem "Spiegel": "Wenn sich Omikron, wie es aussieht, weiter ausbreitet, wäre es wissenschaftlich sinnvoll, bereits nach drei Monaten einen Booster anzubieten." Ob Biontech einen neuen, speziell auf Omikron angepassten Impfstoff produzieren wird, sei noch nicht entschieden. Auch der Booster mit dem ursprünglichen Vakzin könnte reichen: "Nach den vorläufigen Daten neutralisieren drei Dosen das Virus deutlich und sollten die Geimpften schützen." Allerdings rechnet Sahin damit, dass dann in relativ kurzem Abstand eine vierte Dosis folgen muss: "Die vierte Impfung könnte aber auch ein an eine Omikron-Variante angepasster Impfstoff sein."
Experten erwarten eine sehr schnelle Ausbreitung der Omikron-Variante. "Wir rechnen damit, dass diese Mutation Anfang nächsten Jahres langsam die dominante Variante wird", sagte der Präsident der Intensivmediziner-Vereinigung Divi, Gernot Marx, der "Passauer Neuen Presse". Sein Kollege Christian Karagiannidis hatte bereits von Ende Januar gesprochen.
Abstand verkürzen
Angesichts dessen drängen Fachleute wie der Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie, Bernd Salzberger, auf eine Verkürzung des Abstands zwischen zweiter und dritter Impfung. Die Ständige Impfkommission empfiehlt im Regelfall bisher sechs Monate, je nach Bundesland ist es auch schon früher möglich. Eine raschere Auffrischimpfung könne die Ausbreitung sowohl der Delta- wie auch der Omikron-Variante beeinflussen, "das zeigen die Erfahrungen aus Israel sehr eindrücklich", sagte Salzberger den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.
Der Grünen-Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen, der selbst Arzt ist, sagte der Düsseldorfer "Rheinischen Post": "Wir müssen nun in den Modus einer vorausschauenden Pandemiepolitik kommen. Die Folgen von Omikron spüren wir noch nicht morgen, aber schon heute müssen wir uns dagegen wappnen. Das Boostern ist wirksam und entscheidend, wie die aktuellen Daten zeigen. Wir werden auch den Zeitpunkt der Booster-Impfungen vorziehen müssen."
Nach den am Freitag veröffentlichten Zahlen des Robert Koch-Instituts (RKI) wurden am Vortag mehr als 950.000 Auffrischimpfungen gesetzt, der zweithöchste Wert bisher. Hinzu kamen gut 77.000 Erst- und ebenso viele Zweitimpfungen. Insgesamt waren es mit 1,1 Millionen Impfungen die zweitmeisten seit dem frühen Sommer. Damit haben derzeit gut 17 Millionen Menschen einen aufgefrischten vollen Impfschutz. Bei 83 Millionen Einwohnern sind das in etwa 20 Prozent.
Quelle: ntv.de, sba/dpa