Panorama

Hohe Temperaturen, wenig Regen Wie extrem war das Wetterjahr 2022?

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Viel Sonne, viel Wind, wenig Regen und viel zu warm - das Wetterjahr 2022.

(Foto: picture alliance/dpa)

Das aktuelle Jahr war das wärmste seit Beginn der Aufzeichnungen. Die Temperaturen lagen mehr als zwei Grad über dem Mittel. Gleichzeitig fielen nur knapp 85 Prozent der durchschnittlichen Regenmenge. Einer der Gründe war eine ungewöhnlich stabile Hochdrucklage im Sommer, wie ntv-Meteorologe Björn Alexander erklärt.

ntv: Wie extrem war das Wetterjahr 2022?

Björn Alexander: Gemessen auf einer Skala von 1 bis 10 sind wir in Deutschland locker mal im obersten Bereich angekommen. Insbesondere in Sachen Sonne und Wärme liegt das Wetterjahr 2022 sogar ganz oben.

Was bedeutet das konkret?

Aktuell liegen wir bei 2,23 Grad überm langjährigen Temperatur-Durchschnitt. Damit ist das Jahr 2018 als bisheriger Rekordhalter mit einem Plus von 2,21 Grad auf Platz zwei verdrängt. Und weil es auch auf den letzten Metern des alten Jahres rekordverdächtig mild und zum Teil stürmisch bleibt, zeigt der Trend am Ende ebenfalls aufwärts. Die ganz genaue Abweichung werden im neuen Jahr dann sicherlich die Kollegen des Deutschen Wetterdienstes verkünden.

Bei der Sonne gibt es ebenfalls Rekorde?

Derzeit liegen wir in der deutschlandweiten Sonnenausbeute bereits bei über 2200 Sonnenstunden. Damit haben wir die bisherigen Rekordjahre 2018 mit 2015 Sonnenstunden sowie 2003 mit 2014 Sonnenstunden sonnigen Betriebsstunden locker übertroffen. Hierbei triumphierte besonders der März 2022 in der Sonnenbilanz.

Was sagt die Sonnenausbeute?

Mit fast 240 Sonnenstunden erinnerte der März eher an den Hochsommer als an den ersten Frühlingsmonat. Die Kehrseite der Medaille, die den regenerativen Energien im Bereich der Photovoltaik-Anlagen voll in die Karten spielt, bekommt leider erneut die Wasserbilanz zu spüren. So hatte der März zum Beispiel gerade einmal 15 Liter Regen je Quadratmeter und damit kaum ein Drittel des Monatssolls im Angebot.

Wo war es denn übers Jahr gesehen am trockensten?

Insbesondere im Osten und Nordosten ist die Regenbilanz zum Teil verheerend. Trockenster Ort ist Gardelegen-Lindstedterhorst in Sachsen-Anhalt, mit nur etwas über 300 Litern Regen pro Quadratmeter - das entspricht kaum 60 Prozent der langjährigen Regenausbeute. Am nassesten war es derweil im Süden unseres Landes. Balderschwang in Bayern bekam zwar mit 90 Prozent des Jahressolls auch keine volle Regenausbeute. Das entspricht aber dennoch über 2100 Liter je Quadratmeter.

Welchen Schnitt gibt es beim Regen für ganz Deutschland zu vermelden?

Unterm Strich sind im Wetterjahr 2022 in Deutschland am Ende gut 670 Liter Regen pro Quadratmeter gefallen. Das sind rund 85 Prozent des langjährigen Mittels.

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Björn Alexander: Nie wurden so weit nördlich in Deutschland mehr als 40 Grad gemessen wie in diesem Jahr.

(Foto: ntv)

Das klingt aber gar nicht so wenig?

Gemessen an den trockensten Jahren ist es das auch nicht. Da waren die Jahre 2018 mit 75 Prozent oder beispielsweise 1959 mit 68 Prozent wesentlich dramatischer. Allerdings waren die Temperaturen in diesem Jahr höher und damit ist gleichzeitig auch wesentlich mehr verdunstet. Außerdem war die zeitliche Verteilung des Regens teilweise katastrophal.

Das bedeutet?

Ausgerechnet in den heißesten Monaten gesellte sich ein enormes Regendefizit dazu. So verzeichneten unter anderem die Wetterstationen Richtung Eifel im Juli 2022 teilweise so gut wie gar keinen Regen.

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Woran lag das?

Verantwortlich hierfür war eine andauernde Hochdrucklage über Westeuropa, die zum Beispiel Frankreich ebenfalls einen außergewöhnlich trockenen und heißen Sommer bescherte und in Deutschland dafür sorgte, dass die Flusspegel bereits im Sommer teilweise in neue Rekordbereiche abrutschten.

Ist das ungewöhnlich?

Eigentlich schon. Es ist nämlich eine Entwicklung bei den Pegelständen, die sich für gewöhnlich erst im Spätsommer oder Herbst einstellt und die in diesem Jahr glücklicherweise durch einen viel zu nassen September ausgebremst wurde. Grundsätzlich schieben wir aber seit dem Dürrejahr 2018 in einigen Regionen die Dürreproblematik in den tieferen Bodenschichten vor uns her und damit ist unser Wasserhaushalt extrem anfällig gegenüber längeren trocken Phasen. Insofern - und da sind wir wieder bei den 85 Prozent Regen im Jahr 2022 - macht sich das Niederschlagsdefizit direkt mehrfach negativ bemerkbar.

Was war sonst noch besonders bemerkenswert im Wetterjahr 2022?

Hier würde ich ganz klar die Hitzewelle um den 19. und 20. Juli herum sehen. Erst einmal bei unseren Nachbarn in Westeuropa. Hier ist die extreme Hitzeblase mit über 40 Grad zuerst einmal sehr weit nach Norden vorgestoßen, bevor es anschließend bei uns in Deutschland ebenfalls historisch wurde.

Wie heiß war es?

Mit 40,1 Grad in Hamburg-Neuwiedenthal wurde die 40 Grad so weit im Norden Deutschlands geknackt wie seit Beginn der regelmäßigen Wetteraufzeichnungen nicht. Zudem sind die 40,1 Grad die höchste Temperatur des Jahres 2022 in Deutschland gewesen.

Woran liegen diese hitzigen Wetterkapriolen?

Meines Erachtens in erster Linie an schwindender Dynamik und damit länger anhaltenden Wetterlagen. Das hat unter anderem zur Folge, dass Warmluftblasen aus südlichen Breiten einfach mal weiter und teilweise auch nachhaltiger nordwärts geleitet werden können. Ein Trend, der sich über die letzten Jahrzehnte leider immer weiter verschärft hat und sich auch noch weiter verschärfen wird.

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Zum Abschluss: Wann war es denn am kältesten?

Den Tiefpunkt der Temperaturen markiert die Kältewelle im zweiten Drittel des Dezembers 2022. Vielfach mit Tiefstwerten unter minus 10, teilweise sogar mit unter minus 15 Grad. Die niedrigste Temperatur vermeldete Deutschlands höchster Berg, die Zugspitze, mit knapp 3000 Metern und einem Tiefstwert von minus 22 Grad. Die kälteste Stadt war Neuburg an der Donau mit minus 19,3 Grad. Genauso eisig verlief die Nacht auf den 18. Dezember an der Wetterstation Heinersreuth-Vollhof im Landkreis Bayreuth in Oberfranken.

Quelle: ntv.de

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