Wie kalt wird der Winter? "Charly" bringt die Sonne - dann wird es deutlich kühler
11.11.2022, 12:23 Uhr
Das Wochenende wird dank "Charly" erst neblig und dann sonnig.
(Foto: picture alliance/dpa)
Zu warm und zu sonnig - das ist die bisherige Bilanz des Wetterjahres. Und so geht es in den kommenden Tagen auch weiter: Es steht ein in weiten Teilen äußerst freundliches Wochenende an, wie ntv-Meteorologe Björn Alexander weiß. Nicht alle Modelle prognostizieren allerdings, dass es so bleibt - und manche blicken sogar schon in Richtung Weihnachten.
Dieses Jahr soll wettertechnisch auf Rekordkurs sein. Was bedeutet das im Detail?
Das Wetterjahr 2022 verlief bislang außergewöhnlich sonnig und viel zu warm. Extrem sonnig waren dabei vor allem der März, der Juni und der August sowie der Oktober, die allesamt deutlich überm langjährigen Mittel lagen. Und weil zudem das erste Novemberdrittel bereits die Hälfte des Sonnensolls für den Gesamtmonat erfüllt hat und nur der Januar als einziger Monat viel zu wolkig verlief, haben wir im laufenden Jahr bereits jetzt fast 1950 Sonnenstunden im deutschlandweiten Durchschnitt zusammen bekommen.
Wie viel Sonne haben die Spitzenreiter bislang gebracht?
In der Sonnenstatistik vorne rangieren unter anderem das Jahr 2018 mit rund 2015 Sonnenstunden sowie das Jahr 2003 mit 2020 sonnigen Betriebsstunden. Das heißt: Es fehlen uns in diesem Jahr nur noch um die 80 Stunden Sonnenschein. Normal in Deutschland sind im Jahr übrigens um die 1500 bis 1600 Sonnenstunden.
Was machen denn die Temperaturen im Vergleich der wärmsten Jahre?
Das wärmste Jahr seit Beginn der regelmäßigen Wetteraufzeichnungen erlebten wir im Sonnen- und Dürrejahr 2018 mit gut 2,2 Grad überm langjährigen Mittelwert. Das entspricht einer durchschnittlichen Temperatur von gut 10,4 Grad. In diesem Jahr liegen wir aktuell bei einem Temperaturmittel von 11,8 Grad. Das entspricht - aufs ganze Jahr gerechnet - einer positiven Abweichung von 2,5 Grad.
Das klingt nach einem großen Vorsprung.
So ist es. Allerdings ist natürlich entscheidend, wie die kommenden Wochen temperaturtechnisch verlaufen. Eine massive Kältelage könnte da nämlich noch ordentlich nach unten wirken.
Ist eine solche Kältewelle denn absehbar?
Erst einmal - und das gilt etwa bis zu Monatsmitte - bleibt es deutlich zu warm. Anschließend spielen die Wettercomputer wiederholt mit dem Ansatz, dass sich was tun kann in Sachen Winter.
Welche Berechnungen stehen im Raum?
Ein Teil der Prognosen sieht derzeit vor, dass es von Nordosten und Osten erst in Osteuropa und anschließend auch bei uns in Deutschland spürbar kühler werden soll. Selbst erste Schneeflocken bis herunter ins Flachland wären demnach möglich.
Auch mit Frost?
Wenn es tatsächlich so kommt, dann wären die Nächte auf jeden Fall zunehmend frostig. Und selbst tagsüber sehen manche Wettercomputer bereits Ende November zum Teil leichten Dauerfrost im Flachland auf uns zukommen.
Macht dann auch der Dezember so kalt weiter?
Die experimentellen Langfristberechnungen bewerten den Dezember 2022 derzeit etwa ein Grad zu warm. Demnach würde es also nach dem Monatswechsel zunächst wieder milder werden. Spannend ist allerdings, dass es aktuell Berechnungen gibt, die einen erneuten Wintervorstoß um den 20. Dezember zeigen. Damit wäre dann sogar Schnee zum Fest denkbar - wenn es denn tatsächlich so kommen sollte. Denn es ist ja noch ganz schön lang hin.
Von weit entfernten Wintermomenten zu näherliegenden Kaltlufteinbrüchen: Wo ist es denn jetzt schon richtig kalt?
Beispielsweise in Nordamerika. Im Nordwesten der USA sowie in weiten Teilen Kanadas gibt es momentan nämlich den ersten richtigen Kaltluft-Vorstoß der Saison. Mit mitunter eisigen Nächten und Werten bis um die minus 20 Grad sowie einem bitterkalten Wind, Schnee und sogar teils Blizzard-artigen Verhältnissen. Dabei wandert der Kältepol über den Mittleren Westen bis zum Beginn der neuen Woche bis an die Ostküste; wobei die Kälte im Osten wesentlich zahmer ankommt.
Gleichzeitig tobt aber auch ein Hurrikan über Florida - ein extremer Wetterkontrast, oder?
Viel kontrastreicher geht es tatsächlich kaum. Hurrikan "Nicole" landet an der Ostküste Floridas an, bringt neben Orkanböen und meterhohen Wellen in schwüler Sommerluft in Spitzen örtlich über 200 Liter Regen pro Quadratmeter, während in Montana, Idaho, Wyoming oder Norddakota tiefster Winter ausbricht. Eine absolut krasse bis brisante und zum Teil gefährliche Großwetterlage.
Wie entwickelt sich die Wetterlage in den kommenden Tagen in Deutschland weiter?
Hoch "Charly" übernimmt, und damit liegen wir wettertechnisch zwischen Nebel und Sonne, also zwischen Grau und Blau. Mit Sonne bringt uns das ruhige Novemberwetter am Wochenende Höchstwerte bis zu 17 Grad. Dort, wo sich Nebel und Hochnebel hingegen zäher halten, ist bei 7 bis 11 Grad Schluss.
Und nachts?
Erwarten uns einstellige Tiefstwerte und in der Mitte und im Süden ist gebietsweise leichter Frost oder Bodenfrost möglich. Stellenweise ist hierbei auch Reifglätte nicht auszuschließen - insbesondere auf Brücken, an Bahnübergängen oder im Bereich von Waldlichtungen. Außerdem gesellen sich ebenfalls bevorzugt in der Südhälfte teilweise dichte Nebelfelder mit Sichtweiten unter 100 Meter dazu.
Was machen die Vorhersagen für die nächste Woche?
Am Montag sind ganz im Westen und Südwesten gelegentliche Schauer drin. Sonst ändert sich wenig bei 8 bis 17 Grad. Der Dienstag verläuft in der Westhälfte generell wechselhafter. Nach Osten hin bleibt es derweil aber beim trockenen Sonne-Nebel-Mix mit 8 bis 15 Grad. Anschließend wird es insgesamt durchwachsener und spätestens zum Wochenende wahrscheinlich auch spürbar kühler.
Quelle: ntv.de