Wenn harte TV-Macher weinenRTL-Spendenmarathon, ein Resümee
Von Sabine Oelmann 
Wolfram Kons Resümee nach 30 Jahren RTL-Spendenmarathon: "Wir waren in der Lage, vielen Kindern ein anderes Leben zu ermöglichen. Ein besseres, einfacheres, gesünderes Leben." Aber: "Wir brauchen auch weiterhin jede Hilfe."
"Tue Gutes und sprich darüber" heißt ein altes Motto, aber Wolfram Kons ist sprachlos. Quasi. Natürlich ist er das nicht, er möchte damit nur zum Ausdruck bringen, dass er einfach glücklich ist und überwältigt. Der RTL-Spendenmarathon ist seit ein paar Tagen vorbei und es steht fest, wie erfolgreich diese 24 Stunden wieder verlaufen sind.
Was war der schönste Moment? "Ich fang' mal mit der Challenge an. Der Gedanke, den wir mal hatten, und zwar Menschen mit und ohne Behinderung zusammenzubringen, der ist dieses Jahr so dermaßen aufgegangen! Wie das umgesetzt wurde - wir haben noch nie ein solches Feedback bekommen auf eine Challenge, weil alles so auf Augenhöhe abgelaufen ist." Und der ergreifendste Moment war ganz sicher dieser: "Die Schilderung eines Rollstuhlfahrers, der uns erzählt hat, dass er sich umbringen wollte, weil er sein Leben als sinnlos ansah. Und dann hat er den Weg zu uns gefunden, saß mittendrin im Geschehen, fühlte sich gesehen und anerkannt. Das hat mich wirklich bewegt."
Kons und sein Team haben Dinge erlebt, die selbst hartgesottene TV-Macher zum Weinen bringen, wie er ntv.de im Gespräch erzählt. "Das Echo aus Deutschland ist echt großartig. Das Geld, das wir da generiert haben, setzen wir 1:1 für Projekte für Kinder im Rollstuhl ein. Den Leuchtturm haben wir gestellt, jetzt muss das Licht aber weiter scheinen", so Kons, fast philosophisch. An dieser Stelle sei erwähnt, dass ntv.de diese Projekte über das nächste Jahr begleiten wird, ganz im Sinne der Transparenz und Informationsweitergabe, damit auch wirklich klar ist, wo das gespendete Geld hinfließt.
Aus der "Vogel-Perspektive"
Aber ganz abgesehen vom Geld, das für sinnvolle und lebensnotwendige Dinge eingesetzt wird - das Miteinander ist es, die Gemeinschaft, die anderen Menschen wirklich weiterhilft. Sich gesehen und gehört zu fühlen, Teil von etwas zu sein, das ist, was Geld nur bedingt ermöglichen kann. Kons: "Kristina Vogel als Schirmherrin hat für uns ja aus der 'Vogel-Perspektive' berichtet - und sie hat das genau so empfunden, denn der Perspektivwechsel hat tatsächlich stattgefunden. Sie hat eine solche Kraft ausgestrahlt, eine solche Energie, eine derart ansteckende Fröhlichkeit - das war wunderbar."
Dann steht wohl eine weitere Challenge an, wenn der Spendenmarathon nächstes Jahr zum 30. Mal stattfinden wird, oder? "Unser bewährter Challenge-Meister Joey Kelly wird seine 20. Challenge abliefern und mit Kristina Vogel gehen wir auch wieder in den Spendenmarathon", freut sich Wolfram Kons.
"Zeit und Zaster"
Es ist nicht ganz so viel Geld zusammengekommen wie in den vergangenen Jahren - schlimm? "Sagen wir mal so, je mehr, desto besser natürlich, aber die Zeiten sind nicht einfach. Und da bin ich froh, dass ich das mal einordnen kann - wir haben nach vier sehr außergewöhnlichen Jahren mit 2024 ein relativ 'normales' Jahr. Sage ich jetzt mal. Ich weiß, der Krieg in der Ukraine läuft, Israel und Gaza ebenso, das ist mir alles vollkommen klar. Aber! Die Deutschen empfinden dieses Jahr als katastrophal, es ist einfach das Gefühl, auch, wenn es das tatsächlich nicht ist. Wir haben in Deutschland singuläre schlimme Ereignisse, wir haben aber keine flächendeckenden, keine neuen Katastrophen."
Ganz brutal ausgedrückt ist so ein gutes Jahr für Fundraiser dann wohl ein schwieriges Jahr, oder? "Das Geld sitzt nicht so locker", weiß Kons. Er zählt die Sonderfaktoren Corona, die Flut im Ahrtal, dann den Ukraine-Krieg und die Brennpunkte Erdbeben in der Türkei und Syrien auf, die für riesige Spendensummen gesorgt haben. "Solche Faktoren haben wir in diesem Jahr nicht gehabt. Es war für uns, als Stiftung, daher ein normales Jahr. Aber wenn ich mir das im Vergleich mit den Jahren zuvor anschaue, dann hatten wir sowohl am Telefon als auch online deutliche Zuwächse. Wenn ich diese Sonderfaktoren also rausnehme, dann war es das beste Jahr, das wir jemals hatten." Und er fügt hinzu: "Insofern haben unsere Narrative die Menschen erreicht. Wir haben den Menschen die Geschichten der Kinder so erzählt, dass sie alles nachvollziehen können - und damit die zwei wichtigsten Dinge ausgelöst, die wir kriegen können: Zeit und Zaster (lacht)".
Kein roter Teppich nötig
Wolfram Kons wäre aber nicht Wolfram Kons, wenn er nicht immer mehr haben wollte: "Liebe will ich natürlich auch noch", lacht er, "ich geb' die aber auch zurück!" Und Kons hat noch ein Ziel: die Aufmerksamkeit aufrechtzuerhalten, zum Beispiel für die Ukraine. "Wir haben dem Thema und dem Paten, nämlich Rea Garvey, entsprechend Zeit im Studio gegeben. Wir haben live ein Hilfsmobil zusammen mit Aktion Medeor Richtung Moldawien geschickt, und von da aus weiter in die Ukraine, randvoll mit Spielutensilien, einer Hüpfburg, einer Musikanlage, also Dingen, mit denen wir kriegstraumatisierte Kinder pädagogisch abholen können." Kons sieht es als seine "verdammte Pflicht" an, dort vor Ort zu helfen, weiterhin. "Solange es eben dauert." Dasselbe in Israel: "Wir haben mit einem Großspender, der nicht genannt werden möchte, eine Million Euro an das Herzog-Hospital in Jerusalem gespendet. Dort werden sowohl israelische als auch arabische, kriegstraumatisierte Kinder behandelt."
Es passieren so viele Dinge hinter den Kulissen, direkt vor dem Spendenmarathon, direkt danach, im Verborgenen, oder eben auch sehr öffentlich - es scheint so, als würde das von Kons immer wieder mantraisierte Motto "Helfen macht happy" tatsächlich stimmen. "Männer wie Rea Garvey und Dieter Nuhr, die sitzen im Studio, obwohl sie wirklich wenig Zeit haben, damit sie ihre Projekte glaubwürdig vorstellen können. Dass sie danach noch helfen mit aufzuräumen und keinen roten Teppich brauchen, macht die Qualität dieser und vieler anderer Paten aus."
So anstrengend wie wunderbar
Aber nicht nur die Promis hinterlassen einen bleibenden Eindruck: "Die Kinder sind es! Vor allem, wenn es Kinder sind wie die kleine Marie. Sie sitzt im Rollstuhl, ihre Zwillingsschwester nicht. Es ist so fantastisch, wie die miteinander umgehen und wie die anderen Kinder auf sie reagiert haben - mit einer Selbstverständlichkeit, die ich mir auch bei Erwachsenen wünschen würde." Und die, die am Telefon sitzen, wie Ministerpräsident Hendrik Wüst oder Rennfahrer Ralf Schumacher, die führen Gespräche mit Leuten, mit denen sie sonst nie sprechen könnten. Und umgekehrt.
Wenn alles zusammengezählt ist, wenn die letzten Überweisungen eingetrudelt sind, dann geht die Arbeit für 2025 los. "Wir müssen dieses Geld nun nachhaltig, verantwortungsbewusst und mit dem größten Effekt der Wirksamkeit ins Ziel bringen. Das ist so anstrengend wie wunderbar", erzählt Kons. Und dann steht da die große 30 im Raum! "Wir haben sehr schöne Ideen, ein paar Überraschungen, wir werden wie immer alles geben, aber - wir brauchen wirklich jede Hilfe! Nichts ist selbstverständlich." Also, wer einen Euro oder eine Million oder irgendwas dazwischen übrighat: Nach dem Spendenmarathon ist vor dem Spendenmarathon!
"Wir haben Leben retten, Biografien ins Licht drehen und Perspektiven bieten können." Dieses Resümee zieht Wolfram Kons nach dem 29. RTL-Spendenmarathon mit Blick auf das nächste Jahr. Und mit "Wir" meint er alle, die spenden und aktiv dabei sind, Kindern ein besseres Leben zu bieten.