Wahlrecht behinderter Menschen 80.000 Vollbetreute dürfen nicht abstimmen
17.08.2017, 16:58 Uhr
Die Beispiele aus NRW und Schleswig-Holstein zeigen laut Bundestags-Vize Ulla Schmidt: "Es geht mit Assistenz".
(Foto: picture alliance / dpa)
Zehntausende behinderte Bundesbürger dürfen am 24. September nicht an der Bundestagswahl teilnehmen. Der Grund: Sie benötigen im Alltag Vollbetreuung. Eine Änderung scheitert an Union und SPD, heißt es von den Grünen.
Wenige Wochen vor der Bundestagswahl sind Forderungen laut geworden, auch betreuten Menschen mit Behinderung künftig das Wahlrecht einzuräumen. Bundestagsvizepräsidentin Ulla Schmidt von der SPD sagte im Deutschlandfunk, es gehe um 80.000 Menschen, die nicht länger von den Wahlen zum Bundestag und zum Europaparlament ausgeschlossen sein sollten. Auch Grünen-Parlamentsgeschäftsführerin Britta Haßelmann sagte, der Ausschluss von den Wahlen sei durch nichts zu rechtfertigen.
Schmidt, die auch Vorsitzende der Lebenshilfe ist, verwies darauf, dass die betreuten Menschen an den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein hätten teilnehmen können, ebenso manchmal auf kommunaler Ebene wählten. "Es gibt keinen Grund, warum sie bei Bundestags- und Europawahlen auch weiterhin nicht wählen dürfen."
Die praktischen Probleme sind nach Schmidts Überzeugung lösbar. "Es geht mit Assistenz", sagte die frühere Gesundheitsministerin. Viele bräuchten eine leichte Sprache, vielleicht Hilfestellungen über Bilder oder anderes mehr. "Aber das schränkt ihre politische Entscheidungsfähigkeit nicht ein", sagte Schmidt.
Grüne: Gesetzentwurf abgelehnt
Haßelmann machte Union und SPD dafür verantwortlich, dass die betreuten Menschen nicht an der Bundestagswahl teilnehmen können. "Es reicht nicht, das öffentlich zu fordern", erklärte sie. Beide Koalitionsfraktionen hätten noch vor der parlamentarischen Sommerpause einen entsprechenden Gesetzentwurf dazu abgelehnt.
Die Expertin der Grünen für Behindertenpolitik, Corinna Rüffer, erklärte, die derzeitige Rechtslage sei nicht mit der UN-Behindertenrechtskonvention vereinbar, zu deren Umsetzung sich Deutschland verpflichtet habe.
Quelle: ntv.de, apo/AFP