Schlappe für Deutschland EU-Staaten setzen abgeschwächte Abgaswerte durch
25.09.2023, 17:00 Uhr Artikel anhören
Autos in der Kölner Innenstadt
(Foto: picture alliance / Geisler-Fotopress)
Die EU-Staaten stimmen im Streit um die Euro-7-Norm für deutlich schwächere Abgaswerte. Deutschlands Wirtschaftsstaatssekretär Giegold übt scharfe Kritik: "Das ist ambitionslos, wir liegen damit unter dem aktuellen Stand der Technik." Aus Sicht des Gesundheitsschutzes seien die Vorgaben nicht vertretbar.
In der Debatte um die neue Euro-7-Norm haben sich die EU-Staaten für deutlich abgeschwächte Abgaswerte ausgesprochen. Die Regierungsvertreter stimmten im Wettbewerbsrat der EU für einen Kompromiss, der deutlich geringere Richtwerte für den Schadstoffausstoß von Verbrennerautos vorsieht als von der EU-Kommission vorgeschlagen. Deutschland stimmte gegen den Kompromiss, die Bundesregierung hatte sich für strengere Abgaswerte eingesetzt. Die Abgasnorm Euro 7 soll für Neuzulassungen ab 2025 gelten.
"Insbesondere wurden in der letzten Änderung die besonders feinen Partikel aus der Regelung herausgenommen, obwohl diese äußerst gesundheitsschädlich sind", kritisierte Bundesumweltministerin Steffi Lemke. Der beschlossene Entwurf gehe kaum über bisherige Vorschriften hinaus und werde den nötigen Anforderungen zum Schutz der Umwelt und der Menschen nicht gerecht.
Der Vorschlag der Mitgliedstaaten für die Euro-7-Norm sei "quasi wieder auf dem Stand der Euro 6", sagte der für die Bundesregierung teilnehmende Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Sven Giegold, im Wettbewerbsrat. Bei den Testbedingungen ändern sich die Anforderungen im Vergleich zur Euro 6 nicht. "Das ist ambitionslos, wir liegen damit unter dem aktuellen Stand der Technik", erklärte Giegold.
Paris: Ausstieg aus Verbrenner ohnehin beschlossen
Eine Gruppe von acht Mitgliedstaaten um Frankreich und Italien hatte sich gegen neue Abgasnormen für Verbrennerautos eingesetzt. Neue Regeln seien nicht notwendig, weil der Ausstieg aus dem Verbrennermotor ohnehin beschlossen sei, sagte der französische Industrieminister Roland Lescure vor der Sitzung. Der italienische Wirtschaftsminister Adolfo Urso erklärte, die neue Norm dürfe den Autobauern vor dem Hintergrund der Konkurrenz aus Drittstaaten wie China keine zu hohen Kosten verursachen.
Der europäische Verband der Automobilhersteller (ACEA) begrüßte die Einigung der Mitgliedstaaten. Die Euro-7-Norm werde aber auch in abgeschwächter Form hohe zusätzliche Investitionen bei den Autobauern erfordern, kritisierte Direktorin Sigrid de Vries. Die neue Abgasnorm gilt für alle Fahrzeuge und berücksichtigt erstmals auch Feinstaub und Schadstoffe aus Bremsen und Reifenabrieb sowie Vorschriften für die minimale Lebensdauer von Batterien in Elektroautos.
Die Position des Wettbewerbsrates sei "eine Katastrophe für die Luftqualität", urteilte dagegen die Organisation Transport & Environment. Eine strenge Euro-7-Norm sei "unerlässlich, um die Autohersteller zu Innovationen anzuregen", erklärte der Grünen-Europaabgeordnete Michael Bloss. Die neue EU-Richtlinie müsse sich an die Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation WHO halten.
Der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber sprach von einem "Kompromiss mit Augenmaß". Er kritisierte aber, dass der Text keinen Hinweis auf synthetische Kraftstoffe enthalte. Bundesverkehrsminister Volker Wissing hatte sich dafür eingesetzt, die sogenannten E-Fuels in der Euro-7-Norm zu berücksichtigen. Mit dem Vorschlag hatte Deutschland im Wettbewerbsrat jedoch keinen Erfolg.
Quelle: ntv.de, ghö/jwu/AFP