Politik

Steinmeier-Kritik im Fall Lucke Angriffe auf Redefreiheit "nicht akzeptabel"

Steinmeier verurteilt die Proteste als "aggressive Gesprächsverhinderung".

Steinmeier verurteilt die Proteste als "aggressive Gesprächsverhinderung".

(Foto: picture alliance/dpa)

Demonstranten blockieren Vorlesungen von AfD-Mitbegründer Lucke oder verhindern den Auftritt eines ehemaligen Innenministers. Nach Kritik aus den Fraktionen meldet sich auch der Bundespräsident zu Wort. Er spricht von Einschüchterung und Angriffen.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier kritisiert die massiven Proteste gegen AfD-Mitbegründer Bernd Lucke und andere Politiker. Zugleich wirbt er für eine schonungslos ehrliche, aber respektvolle Auseinandersetzung in der Gesellschaft. "Was wir gewiss nicht brauchen - lassen Sie mich das auch aus gegebenem Anlass klar sagen -, das sind aggressive Gesprächsverhinderungen, Einschüchterung und Angriffe", sagte der Bundespräsident in Berlin.

"Angriffe auf vermeintlich unbequeme Politikerinnen und Politiker, wie es sich jüngst in Göttingen und Hamburg zugetragen hat. Oder auf umstrittene Professoren in Hörsälen und Seminaren", ergänzte er. Niemand müsse schweigen, wenn ihm etwas nicht gefalle. "Aber andere zum Schweigen bringen zu wollen, nur weil sie das eigene Weltbild irritieren, ist nicht akzeptabel", sagte Steinmeier.

In der vergangenen Woche hatten mehrere Hundert Demonstranten eine Vorlesung des AfD-Mitbegründers Bernd Lucke gestört, der als Wirtschaftsprofessor an die Universität Hamburg zurückgekehrt war. Lucke wurde dabei wegen seiner AfD-Vergangenheit beschimpft, bedrängt und am Reden gehindert. Auch am Mittwoch wurde seine Vorlesung von rund 30 Demonstranten gestört.

Zu Wochenbeginn hatten linke Aktivisten beim Göttinger Literaturherbst eine Lesung von CDU-Politiker und Ex-Innenminister Thomas de Maizière verhindert. De Maizière ergriff in der Aktuellen Stunde im Bundestag selbst das Wort und machte sich für die Meinungsfreiheit stark: "Zur Meinungsfreiheit gehört, (...) dass ein umstrittener Professor, dessen Meinung mir nicht gefällt, in Hamburg eine Vorlesung halten kann."

"Der offene Streit - selbstverständlich im Respekt für den jeweils anderen - das ist etwas, was wir uns gegenseitig zumuten müssen", sagte Steinmeier. Das sei das Herzstück der Demokratie. Zur Demokratie gehöre die Beteiligung am Streit, nicht dessen Verhinderung, sagte Steinmeier im Rahmen der Gesprächsreihe "Geteilte Geschichte(n) - 30 Jahre Friedliche Revolution".

Kritik auch aus den Bundestagsfraktionen

Die Blockaden der Veranstaltungen von Lucke und de Maizière hatten auch im Bundestag fraktionsübergreifend für Kritik gesorgt. "Keine Ideologie, keine Überzeugung kann für sich in Anspruch nehmen, über dem Gesetz zu stehen", betonte Vizepräsident Wolfgang Kubicki von der FDP in einer Aktuellen Stunde. CSU-Innenminister Horst Seehofer bezeichnete derartige Vorfälle während der Regierungsbefragung als "nicht hinnehmbar", die Grünen-Abgeordnete Manuela Rottmann verurteilte Blockadeaktionen als "anmaßend und dumm".

Streit entzündete sich allerdings an der Frage, wer für die Verrohung der politischen Auseinandersetzung verantwortlich ist. Friedrich Straetmanns von der Linken sagte, die vergiftete Diskussionskultur komme von "rechtsaußen". Der AfD-Parlamentarier Martin Reichardt beklagte hingegen eine Einschränkung der Meinungsfreiheit durch "Gesinnungstotalitaristen" in den Reihen von Linken, Grünen und SPD.

Quelle: ntv.de, ibu/dpa

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