Politik

EU bringt neue Vorschläge ein Barnier hält pünktlichen Brexit für möglich

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(Foto: picture alliance/dpa)

Am 31. Oktober tritt Großbritannien aus der Europäischen Union aus - daran glaubt Unterhändler Barnier noch immer. Die Minister der Länder diskutieren über Möglichkeiten und auch Kanzlerin Merkel will "bis zur letzten Minute verhandeln".

EU-Unterhändler Michel Barnier hält eine Brexit-Einigung mit Großbritannien noch diese Woche für möglich. Das sagte Barnier in Luxemburg. Nicht nur Deutschland fordert aber weitere Zugeständnisse aus London. Der EU-Binnenmarkt müsse geschützt und der Frieden in Nordirland gewahrt werden, sagte Europa-Staatsminister Michael Roth: "Jetzt liegt es wieder mal an unseren britischen Partnern, das zu tun, was nötig ist." Nicht alle auf Seiten der EU glauben an eine Einigung beim Gipfel der Staats- und Regierungschefs. "Ich denke, wir brauchen mehr Zeit", sagte der finnische EU-Ratsvorsitzende Antti Rinne am Montagabend in Helsinki. Nach jetzigem Stand müsse nach dem Gipfel weiter verhandelt werden.

Der Zeitdruck ist enorm. Ein Deal mit Großbritannien soll schon beim EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag stehen, um den britischen Austritt am 31. Oktober geregelt zu vollziehen. Nach Zugeständnissen des britischen Premierministers Boris Johnson vorige Woche wird seit Tagen wieder intensiv über den Austrittsvertrag verhandelt. Barnier sagte aber vor einem Treffen der zuständigen EU-Minister, die Arbeit gehe jetzt erst richtig los. "Es ist höchste Zeit, gute Absichten in einen Rechtstext zu gießen", mahnte der Franzose.

Eine Vereinbarung müsse für alle funktionieren, sowohl für ganz Großbritannien als auch für die gesamte Europäische Union. Ein britischer Regierungssprecher bestätigte, dass im Rahmen der Verhandlungen neue Texte vorgelegt worden seien, von beiden Seiten. Johnson soll darüber in der Nacht eineinhalb Stunden lang mit Vertretern der nordirisch-protestantischen DUP gesprochen haben, wie der irische Sender RTÉ meldete.

Frankreich lenkte ein und zeigte sich offenbar bereit, über eine Verschiebung des Brexit-Termins Ende des Monats zu diskutieren. Aber eine längere Frist werde die Probleme nicht beseitigen, räumte die Staatssekretärin für Europa-Angelegenheiten, Amelie de Montchalin, ein. "Zeit allein ist keine Lösung." Nötig sei ein "signifikanter politischer Wechsel" in Großbritannien, um eine Diskussion über eine Fristverlängerung aufzunehmen. Ein solcher Wechsel könne die Aussicht auf eine Wahl oder ein Referendum sein, "etwas, das die politische Dynamik verändert". Der polnische Europa-Minister Konrad Szymanski sagt in Luxemburg, es gebe Gründe für  "vorsichtigen Optimismus". Auf beiden Seiten seien Bemühungen um eine Einigung erkennbar.

Niederländischer Außenminister: "Nicht genug"

Kritik kam hingegen aus den Niederlanden. Deren Außenminister Stef Blok betonte, es sei "nicht genug, um den Binnenmarkt zu schützen". Verbraucher und Firmen in den Niederlanden müssten sicher sein, dass es für Produkte von außerhalb der EU "keine Nebenstraße durch die nordirische Grenze" gibt. "Unfairer Wettbewerb" müsse verhindert werden, sagte Blok. Er hoffe, dass es "in den kommenden Stunden" ausreichende britische Vorschläge gebe, die dies sicherstellten.

Großbritannien legte unterdessen der EU neue Vorschläge vor. Dabei geht es um die irische Grenzfrage, berichteten der irische Sender RTÉ und die britische BBC. Zuvor hatte der britische Premierminister Boris Johnson laut RTÉ in der Nacht eineinhalb Stunden lang mit Vertretern der nordirisch-protestantischen DUP gesprochen. Eine Regierungssprecherin in London wollte sich dazu zunächst nicht äußern.

Backstop bleibt ein Problem

Streitpunkt zwischen London und Brüssel ist die im Austrittsabkommen enthaltene Garantieklausel für eine offene Grenze zwischen dem EU-Staat Irland und dem britischen Nordirland, der sogenannte Backstop. Johnson will sie streichen und hatte eine Ersatzlösung vorgeschlagen, die jedoch auf Widerstand stieß. Nach dem, was darüber bekannt ist, sollen mit einer speziellen Zollpartnerschaft Kontrollen an der inneririschen Grenze überflüssig werden.

Bundeskanzlerin Merkel erklärte, man werde bis zur letzten Minute verhandeln, um ein Ergebnis zu erzielen. Allerdings wirke eine Lösung für die irische Grenze wie eine Quadratur des Kreises, sagte Merkel beim Maschinenbaugipfel in Berlin. Zudem scheine klar, dass Großbritannien aus der Zollunion ausscheiden wolle, was die Gespräche nicht einfacher mache.

EU-Ratsvorsitzender bezweifelt Lösung

Der derzeitige EU-Ratsvorsitzende Antti Rinne bezweifelt, dass sich die Europäische Union und Großbritannien auf eine Brexit-Lösung einigen werden. Er sei der Ansicht, dass in praktischer und rechtlicher Hinsicht keine Zeit mehr vorhanden sei, um eine Lösung vor dem EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag zu erzielen. "Ich denke, wir brauchen mehr Zeit", sagte Rinne in Helsinki. So wie es derzeit aussehe, müsse nach dem Gipfel weiter verhandelt werden, sagte Rinne. Es müsse eine Lösung gefunden werden, die sicherstelle, dass die Einheit der verbleibenden 27 EU-Mitgliedstaaten keinen Schaden nehme. Bislang war geplant, dass eine Einigung mit den Briten möglichst beim EU-Gipfel stehen sollte.

Quelle: ntv.de, joh/dpa/AFP/rts

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