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Demontiert und verhökert Bericht: Tschetschenen plündern Stahlwerk in Mariupol

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Der Eingang des Stahlwerks Iljitsch. Das Bild wurde im August 2022 nach der russischen Belagerung Mariupols aufgenommen und von der russischen Staatsagentur TASS veröffentlicht.

Der Eingang des Stahlwerks Iljitsch. Das Bild wurde im August 2022 nach der russischen Belagerung Mariupols aufgenommen und von der russischen Staatsagentur TASS veröffentlicht.

(Foto: picture alliance/dpa/TASS)

Die russische Armee legt 2022 das Stahlwerk Asowstal in Schutt und Asche. Die größere Stahlschmiede Iljitsch in der ukrainischen Hafenstadt Mariupol übersteht die monatelange Belagerung deutlich besser. Einem Bericht zufolge wird es nun allerdings von Ramsan Kadyrow und dessen Lakaien geplündert.

2022 macht die russische Armee zu Beginn ihrer Invasion die ukrainische Hafenstadt Mariupol dem Erdboden gleich. Asowstal, eines der großen Stahlwerke der Stadt, wird in Schutt und Asche gebombt. Das zweite größere Stahlwerk Iljitsch übersteht die monatelange Belagerung halbwegs, wird seinen Zweck aber allem Anschein nach nie wieder erfüllen können: Das US-amerikanische "Wall Street Journal" (WSJ) schreibt, dass das Stahlwerk derzeit von "mächtigen Verbündeten des Kremls" geplündert wird. Aktuelle und frühere Manager des Stahlwerks und russische Unternehmensunterlagen würde dies belegen, heißt es in dem Bericht.

Die Erlöse fließen der Recherche zufolge primär in den Kaukasus. Der tschetschenische Kriegsherr Ramsan Kadyrow und seine Verbündeten demontieren und verhökern demnach die modernen metallurgischen Anlagen des Stahlwerks. Auch sollen sie Metallschrott nach Russland verschiffen, um ihn für die von den Sanktionen betroffenen Autohersteller zu verwenden. Außerdem verkaufen Kadyrow und seine Lakaien offenbar in Iljitsch gelagerte Industriegase an das Moskauer Raumfahrtprogramm, wie aus russischen Unternehmensunterlagen hervorgehen soll. Als Kunde wird dem Zeitungsbericht zufolge etwa die russische Raumfahrtbehörde Roskosmos genannt.

Das Stahlwerk war nach der Belagerung schwerbeschädigt, den Angaben zufolge aber funktionstüchtig.

Das Stahlwerk war nach der Belagerung schwerbeschädigt, den Angaben zufolge aber funktionstüchtig.

(Foto: picture alliance/dpa/TASS)

In Autokratien wie Russland ist es üblich, dass sich die Staatsführung die Loyalität wichtiger Köpfe mit wertvollen Schenkungen erkauft und belohnt. Auch Kadyrow und sein Clan haben im Gegenzug für ihre Unterstützung von Wladimir Putin staatliche "Zuwendungen" und Sicherheitsleistungen erhalten. Die Eroberung ukrainischer Gebiete habe dem Kremlchef und seinen Lakaien neue Beute zum Plündern verschafft, schreibt das WSJ. Die größte Beute von Kadyrow sei Mariupol: vor der Belagerung eine blühende Hafenstadt mit 431.000 Einwohnern und einem großen industriellen Exportzentrum am Schwarzen Meer. In zahlreichen Videos, die im Internet veröffentlicht wurden, sollen tschetschenische Kämpfer und auch Kadyrows Söhne demnach große Teile der Stadt für sich beanspruchen.

In Iljitsch "verliebt"

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Im Stahlwerk Iljitsch hatten sich wie in Asowstal Hunderte ukrainische Soldaten verschanzt, um der russischen Armee Widerstand zu leisten. Nach der Belagerung habe Kadyrow seinen vertrauenswürdigen Leutnant Vakhit Geremeev in die Stadt entsandt, um das Werk zu beschlagnahmen. "Es gab eine Menge Leichen, alles war vermint", sagte Geremeev Anfang dieses Jahres in einem Interview mit prorussischen Medien. Iljitsch sei schwerbeschädigt, aber noch immer funktionstüchtig gewesen.

In dem Interview behauptet Geremeev weiterhin, dass er sich in das Stahlwerk "verliebt" habe und es vor Plünderungen beschützen wolle. Tatsächlich will er es nach eigenen Angaben bis 2026 wiedereröffnen. Im "Wall Street Journal" zeichnet Metinvest, der frühere ukrainische Eigentümer von Iljitsch, ein anderes Bild: Kadyrow, Geremeev und ihre Gefährten sollen demnach eine Produktionslinie im Wert von 220 Millionen US-Dollar, die erst kurz vor Kriegsbeginn installiert wurde, demontiert und nach Russland geschickt haben.

Quelle: ntv.de, chr/ghö

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