Nach Anschlag von St. Petersburg Berlins Senat erklärt Beleuchtungsverzicht
04.04.2017, 17:46 Uhr
Das Brandenburger Tor erleuchtet nicht in den Farben der russischen Trikolore.
(Foto: dpa)
Keine russischen Farben: Berlin verzichtet auf eine Solidaritäts-Beleuchtung für die Terroropfer von St. Petersburg am Brandenburger Tor. Das sorgt für eine Debatte. Der rot-rot-grüne Senat hat dafür seine Gründe.
Einen Tag nach dem Anschlag in St. Petersburg erstrahlt das Brandenburger Tor abends nicht in den russischen Nationalfarben. Nach Angaben der Berliner Senatskanzlei handelt es sich dabei nicht um eine tagesaktuelle Entscheidung, sondern um eine noch in seiner ersten Amtszeit erlassene Festlegung des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller. Dieser zufolge bleibt diese besondere Bekundung der Anteilnahme den Partnerstädten Berlins vorbehalten.
Abrücken von Partnerstadt-Regelung möglich
"Ausnahmen sind möglich, wo es einen besonderen oder historischen Bezug gibt", sagte Senatssprecherin Claudia Sünder. Demnach gab es bislang drei solcher Ausnahmen. Nach dem Attentat auf einen besonders bei Homosexuellen beliebten Nachtclub in der US-Stadt Orlando wurde das Wahrzeichen in den Farben der Regenbogenflagge angeleuchtet. Damals habe der Bezug von "Berlin als Stadt der Vielfalt und Toleranz" gegolten, sagt Sünder.
Eine zweite Ausnahme war die Beleuchtung des Brandenburger Tors in den Farben Israels nach einem dortigen Attentat. "Ich glaube, hier brauche ich den Bezug nicht zu erklären", sagte Sünder. Gemeint sind die besonderen Beziehungen zwischen Deutschland und dem Staat Israel, für dessen Wohlergehen sich die Bundesrepublik nach den an den Juden verübten Verbrechen während des Nationalsozialismus besonders verantwortlich fühlt.
Viele Möglichkeiten zur Bekundung von Anteilnahme
Im dritten Ausnahmefall sei anders als teilweise berichtet gar nicht das Brandenburger Tor, sondern die ebenfalls am Pariser Platz gelegene Botschaft Frankreichs angestrahlt worden, sagte Sünder. Dies geschah infolge des Attentats von Nizza, wo ein Attentäter mit einem Lastwagen in eine Menschenmenge gerast war. Unter den 84 Toten waren auch Schüler aus Berlin.
Müller und weitere Senatsmitglieder statteten am Dienstag der russischen Botschaft unweit vom Brandenburger Tor einen Kondolenzbesuch ab und legten Blumen nieder. Sünder sagte, sie hätte sich in der Debatte über die Trauerbeleuchtung "mehr Sensibilität" gewünscht. Der Ruf nach einer solchen Maßnahme erschalle nach Anschlägen "schon fast reflexartig". Dabei gebe es viele verschiedene Wege, Anteilnahme und Solidarität zu bekunden.
Linkspartei generell gegen Trauerbeleuchtung
Müller erließ die geltende Regel demnach vor der Abgeordnetenhauswahl im September, als er noch nebenher als Kultursenator der in diesen Fragen involvierten Kulturverwaltung vorsaß. Der seit Dezember amtierende Kultursenator und stellvertretende Bürgermeister Klaus Lederer von der Linkspartei sprach sich dafür aus, künftig ganz auf eine Trauerbeleuchtung zu verzichten. Der Entscheidung, in welchem Fall zu dieser Maßnahme gegriffen wird, wohne "ein willkürliches Moment inne".
Auf Facebook erklärte Lederer: "Jede Entscheidung für eine Beleuchtung des Brandenburger Tors wirkt inzwischen faktisch als Entscheidung gegen eine andere, es sei denn, es wird nahezu täglich in Farben beleuchtet, die für jeden terrorbetroffenen Nationalstaat stehen." Er erklärte weiter: "Ich glaube inzwischen, der beste Weg wäre es, zukünftig auf die Beleuchtung des Tors ganz zu verzichten und anderen Formen der Empathie Raum zu geben."
Quelle: ntv.de, Sebastian Huld, AFP